Stories

Wie mit Blei beschwert zwingt sie ihre Lider, sich zu öffnen und ihr Blick freizugeben auf ihre Umgebung, damit sie sehen kann, was um sie rum vor sich geht. Sie hatte Stimmen gehört, davon war sie aufgewacht. Nun kamen eilige Schritte auf sie zu. Gemurmel: "Sie ist wach."

Sie versuchte ihren Kopf zu bewegen, gab aber schnell auf, er war ähnlich schwer wie ihre Augen.

"Wo bin ich?", waren die ersten Worte die sie nach minutenlanger Kraftansammlung endlich über ihre trocknen Lippen brachte.
"Guten Tag, Miss...", der Doktor schaut auf sein Klemmbrett."Tigress. Mein Name ist Doktor Schwankburg. Sie hatten einen schweren Unfall mit ihrem Shuttle. Ein Kreuzer rammte sie noch vor Eintritt in die nokorische Atmosphäre. Dabei haben sie sich allerdings nur eine leichte Prellung am Hinterkopf zugezogen. Wir werden sie heute noch hier behalten. Ihrem Begleiter ist es allerdings nicht so gut ergangen...", er erzählt noch eine Weile so weiter während ihre Gedanken schon in anderen Sphären kreisten.

Dunkel sah sie ein Gesicht vor sich. Das eines Mannes. Dann das Shuttle. Sie hörte ihr Lachen, er sagte, sie solle was aus seinem Mantel holen.
Andere Fetzen mischten sich darunter. Eine junge Frau, in einer Zelle. Sina?! Und dann noch ein Name. Sibirischer Tiger. Ihr Schiff?
Immer wieder jedoch das Gesicht des Mannes. Wie war nur sein Name. Sie hatte das Gefühl, ihn kennen zu müssen. Irgendetwas sagte ihr, er stünde ihr nahe.

"Saleph!"
"Bitte?", erschrocken ob dieses plötzlichen Ausrufs fuhr der Doktor zusammen.
"Ich...ich kann mich erinnern. An alles..."
Sie versuchte ihre Gedanken zu ordnen die nun auf sie einstürzten, gepaart mit Gefühlen. Kurz darauf versank sie in einem Rausch bunter Farben und wirrer Bilder. Der Arzt hatte sie mit einem besorgten Blick ruhig stellen lassen, da sie sich in ihrem Bett halb aufgerichtet und in die Matratze gekrallt hatte.

Währenddessen betrat Sina seid mehreren Monaten das erste Mal wieder die Sibirischer Tiger. Mit zitternden Schritten ging sie die Gänge entlang. Hier und da sah sie die restliche Crew ungläubig an ihr vorbei gehen.

Nach und nach hörte sie heraus, dass sie wohl die einzige wahr, die in Einzeldunkelhaft gehalten worden war. Alle anderen Frauen und Männer waren in einer Art Lagerraum untergebracht. Wie dünn und blass sie alle aussahen.

Sina hatte die Brücke noch nicht mal ganz betreten, als auch schon die Halteklammern der Tiger gelöst wurden und sich die Rampe senkte und den Blick auf den Nokora freigab.

"Starterlaubnis erteilt.", widerhallte die Stimme auf der nahezu leeren Brücke.
"Dann nichts wie raus hier.", die Navigation war noch unbesetzt, also übernahm Sina diesen Posten und entließ den vielzulang eingesperrten Tiger zurück in die Freiheit.

Noch immer fragte sie sich, was passiert war. Warum hatte dieser Arsch sie auf einmal frei gelassen? Mit Schiff und Crew. Und warum war Tiggy auf dem Nokora in einem Krankenhaus? Was hatte dieser Kerl ihr angetan?

So schnell wie auf der Station Glitter Dome wurde die Landeerlaubnis auf dem Planeten nicht erteilt, und so trieb der Kreuzer noch eine Weile schwerelos über der nördlichen Hemisphäre. Zeit genug also, die Vollzähligkeit der Mannschaft zu überprüfen und endlich wieder zu duschen und zu essen.

In der Kantine setzte sie sich mit an einen lauten Tisch und hörte zu, was sich die anderen zu erzählen hatte, beteiligte sich allerdings nicht mit am Gespräch. Auch wurden keine Fragen an sie gerichtet. Die Blicke sagten jedoch mehr als ihr lieb war.

Nach langem Warten war es dann soweit, sie durften landen. Schon vom Schiff aus orderte Sina eine Taxe und ließ sich zum nächstgelegenen Krankenhaus fahren. In einem der Krankenhäuser der Hauptstadt musste sie doch liegen.

Als sie das "First Aid Hospital" betrat und die unfreundliche umfangreiche Dame hinter dem Thresen fragte, ob eine Miss Tiggy Tigress hier vor kurzem nach einem schweren Unfall eingeliefert worden wäre bekam sie nur die knappe Antwort "Verlegt. Wir sind nur für die Erste Hilfe da!", verbunden mit einem noch knapperen Kopfnicken in Richtung des Eingangs, über dem der Hospitalsname stand.

Da sich die Empfangsdame wieder ihrem Display zuwandte versuchte Sina es gar nicht erst ihr die Frage zu stellen, die das große "Wohin" beinhaltete. Seufzend verließ sie das Gebäude wieder durch die gläserne Gleittür und trat auf den Gehweg. Das Taxi stand immer noch da und der gelantweilt dreinblickende Fahrer hatte sich gerade eine Zigarette angezündet. Schweren Herzens stieg sie also wieder ein.

"Wo ist denn hier das nächste Krankenhaus?", sie lehnte sich zurück und guckte ihn über den Rückspiegel an.
Er bließ den Rauch durch die Nase aus. "Ich bring Sie hin.", ohne noch weiter was zu sagen oder zu fragen steckte er sich die Zigarette in den Mundwinkel und bediente mit beiden Händen das Amaturenbrett. Mit einem Ruck setzte sich das Gefährt wieder in Bewegung und sie schaute aus dem Fenster, sah Menschen, Schaufenster und Müllfahrzeuge an sich vorbei ziehen.

"Miss...?? Miss...wir sind da.", seine ungepflegte Hand hatte sich auf ihr Knie gelegt und leicht daran geruckelt um sie aus ihren Gedanken zu reißen.

"Ja danke...warten sie bitte."

Die Empfangsdame war um einiges jünger, dünner und kompetenter als die Ziege aus dem "First Aid".

"Erste Etage, Zimmer 457/03"

Sie ging zum Fahrstuhl, ließ sich ein Stockwerk aufwärts transportieren und stieg dort aus. Wieder stand sie vor einem Thresen, und ein junger Mann mit nervtötender Arroganz erklärte ihr, dass "03" den Gang betitele den sie nehmen müsse. Also suchte sie den dritten Gang der Station und dort dann das Zimmer 457. Zum Glück begann die Zimmerzählung nicht mit jedem Gang neu.

Endlich hatte sie das Zimmer dann gefunden und klopfte zaghaft an. Eine Krankenschwester öffnete ihr schwungvoll und hieß sie einzutreten. Tiggy saß bereits schon wieder in ihrer Uniform auf dem Bett und schaute aus dem Fenster. Als Sina zu ihr trat schaute sie wortlos an.

"Hey, ich bin's....ich...ich weiß ja nicht...", sie schluckte schwer, aber Tiggy nahm ihr alles weitere ab.
"Sina....", sie schlang ihre Arme um die langvermisste Freundin und drückte sie kräftig.
"Lass uns endlich nach Hause!"
Sina nickte nur.

Schnell waren Tiggys Sachen zusammen gesucht und sie verließen das Krankenhaus, nachdem Tiggy auch die letzte aller Unterschriften geleistet hatte, um in das noch immer wartende Taxi zu steigen.

"Das kostet aber Extra."
"Egal, fahren Sie zurück zum Raumhafen."

Der Rest der Fahrt verlief in Schweigen, gelegentlich unterbrochen vom Hupen des Taxifahrers.

Als sie die Formalitäten des Raumhafenpersonals hinter sich hatten, konnten sie endlich zur Sibirischer Tiger.

Alle an Bord, denen Tiggy begegnete blieben stehen, salutierten kurz und starrten ihr nach. Wahrscheinlich hätten sie nicht gedacht, ihren Captain nochmal wieder zu sehen. Auf der Brücke überließ Tiggy Sina das Starten und die gesamte Organisation.

Sie war lange weg gewesen, sehr lange. Das hier war ihr zu Hause, aber dennoch fühlte sie sich nicht komplett und vollständig zu frieden. In den letzten Monaten hatte sie geglaubt, ihr zu Hause würde auf der Glitter Dome sein. Gemeinsam mit Saleph, den sie für ihren Mann gehalten hatte. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie ein Mensch einem anderen so etwas antun konnte wie er ihr angetan hatte. Ihr mehr als nur eine Hypnose zuverpassen. Ihr Gedächtnis zu manipulieren um...ja, um was? Welchen Zweck hatte er verfolgt? Sie zu demütigen? Das hatte er geschafft. In einer kleinen Ecke ihres Herzens regte sich ein altbekanntes Gefühl in Verbindung mit Saleph. Ein kleiner Funken Hass der diese Ecke ausfüllte.

Doch nun ging es nach Hause...zurück zu den Lights.

Tage Wochen Monate vergingen. Tiggy lebte sich wieder ein, traf sich oft mit Aretha um mit ihr über alles zu reden, ihr jede Kleinigkeit zu erzählen. Sie begann wieder ihrem Job als Kopfgeldjägerin nachzugehen und nahm die täglichen Flüge durch das Serpens auf.

"Miss Tigress, wir haben ein Schiff auf den Kurzstreckensensoren."
"Das ist nichts neues Mr. Fredrikksen. Nennen Sie mir Gattung, Zugehörigkeit und Signatur."
Sina grinste nur vor sich hin, immerhin war es ja Tiggys Idee gewesen, eine zweite Brückcrew auszubilden.

"Ähm....es, es ist ein Raubvogel, damit ergibt sich die Zugehörigkeit der DUKEs. Das Schiff trägt die Signatur Koboldhai"
"Hm, das sagt mir nichts. Was sagen denn die Datenbänke?"
"Das Schiff ist noch nicht lange bei den DUKEs. Den Namen des Captains kann ich nicht ausfindig machen..."
"Na gut, er wird zwar registriert sein, doch damit beschäftigen wir uns später. Dann wollen wir uns doch mal an dem Vögelchen probieren. Abfangkurs setzen und die Emiter laden. Vollen Schub auf die Steuerungsdüsen."

Der Tiger nahm Fahrt auf und setzte sich längsseits vor den Raubvogel. Nahezu gleichzeitig eröffnete der altgediente Waffenoffizier das Feuer und verpasste Vogel einige gutsitzende Treffer. Allerdings konnten Sie nichts gegen das automatische Verteidigungsfeuer ankommen und musste schwere Hüllentreffer hinnehmen.

"Setzen Sie eine Nachricht an die Koboldhai ab:

Ich bin mal wieder beeindruckt von den Schiffen der DUKEs und den Waffenphalanxen. Noch einen schönen Tag."

"So, und nun widmen wir uns mal der Datenbankfähigkeit des Herrn Fredrikksen, nicht wahr?!", mit einem Zwinkern erhob sie sich und ging zu besagtem Fähnrich.

"Dann wollen wir doch mal schauen. Wenn Sie den Schiffsnamen hiereingeben und dann die Suchfunktion ausführen zeigt er Ihnen hier verschiedene Untermöglichkeiten. Wenn Sie nun hier...hey, hier spielt die Musik, aufpassen! Also, wenn Sie nun diesen Unterzweig "Registrierung" öffnen, wird Ihnen die Erstzulassung, der Eigner, der derzeitige Captain und die Zugehörigkeit angezeigt..."
Als sie den von ihr beschriebenen Ordner öffnete wurde sie weiß.

"Miss Tigress, alles in Ordnung mit Ihnen?", Fredrikksen trat einen Schritt näher.
"Jaja..alles okay. Setzen Sie einen neuen Kurs...hm...die Brücke gehört dir Sina."
Leicht taumelnd bewegte sie sich in Richtung ihres kleinen Büros direkt hinter der Brücke.

Was macht ausgerechnet er hier im Serpens? Dieses Schwein...das wird er büßen...

Sie ließ sich in ihren Sessel fallen, griff nach ihrer letzten Flasche Kanonenrum und goß sich einen Fingerbreit ins Glas.

Diese Demütigung werde ich dir heimzahlen!

Ihre zitternde Hand schaffte es gerade noch, dass schnell geleerte Glas auf die Tischplatte zu stellen bevor es ihr runter gefallen wäre.

"Computer, nochmal bitte eine Nachricht an die Koboldhai absetzen."
Sie wartete das bestätigende Piepen ab und diktierte dann kurz und knapp.

"Ich frage mich, warum du mir nochmehr antust in dem du dich im Serpens nieder lässt. In einem Serpens-ansässigen Clan deine Heimat suchst. Ein größeres Arschloch als du ist mir noch nie unter gekommen. Ich hasse dich...."