Oxana_Kerker (*) schrieb am 28-01-2004 22:20:50 :
Das Verhör
“Waaaaas? Was werfen sie mir vor? Das kann doch unmöglich Ihr Ernst sein...“ Oxana traute ihren Ohren nicht. Was die Kommandantin da behauptete war ja der größte Witz den sie in letzter Zeit gehört hatte. Doch die schien sich für Oxanas Meinung überhaupt nicht zu interessieren. “Also ich muss doch sehr bitten...Hey....“
ZWUUUUP
Mit einem satten Geräusch schloss sich das Schott zur Brücke vor Oxanas Nase, oder sollte man besser sagen hinter? Denn zwei der Soldaten hatten sie unter den Oberarmen gegriffen und sie dann rückwärts einfach durch das Schott gehoben.
“Kann mir mal einer von euch Abschleppmännchen sagen, was das ganze soll?“
Schweigen, nur das gleichmäßige Stampfen von schweren Stiefeln auf dem Gang.
“Hey, habt ihr euren Mund nur zum Essen reinschaufeln oder könnt ihr auch reden?“
Wieder nur das Trampeln der Soldaten.
“Naja, auch gut. So lauf ich mir wenigstens nicht die Absätze ab hier.“
Die Männer brachten sie in eine kleine schmucklose Kabine, da Oxana noch nie auf einem Erinnyen-Clanschiff der Praetorianer war, wusste sie auch nicht, wo genau sie sich befand. Aber sie brauchte sich mit dem Gedanken gar nicht lange rumzuplagen, denn schon einige Minuten später wurde das kleine Kabinenschott wieder geöffnet. “Mitkommen!“
“Oh sieh an, es kann doch jemand reden.“ Frech grinsend trat Oxana auf den Gang und hob ihre Arme erneut an. Doch niemand reagierte und die Piratin musste sich aus eigener Kraft fortbewegen. Es ging nur um wenige Gangbiegungen und durch eine Handvoll von Sicherheitsschleusen, die Oxana mutmaßen ließen, dass man sich in der Nähe der Außenhülle und möglicher Außenschotts befand. Als sich das letzte Schott vor ihr öffnete, sah sie ihre Annahme bestätigt, denn durch ein einen großen Ausschnitt in der Wand vor ihr konnte sie die Oberfläche eines Planeten sehen.
Zwanzig Minuten später betrat sie das Zimmer des zuständigen Beamten - nun ja, `betrat` wäre wohl etwas zu sehr geschönigt. Denn wieder hatten zwei Wärter ihre Hände an ihren Oberarmen und bugsierten sie so auf einen Stuhl.
“Ich hoffe, ihr habt euch auch artig eure Patschehändchen gewaschen. Ich hab noch eine Verabre...“
“Aus der Verabredung wird wohl nichts werden, denn so schnell kommen Sie hier nicht raus. Die Vereinung der Praetorianer besteht darauf, dass Sie unter deren Aufsicht zu den Vorgängen auf dem Meo befragt werden.“ Ein älterer Mann mit schütterem Haar und einem deutlichen Übergewicht hatte das Büro betreten und Oxana unterbrochen. Er legte ein Datenpad auf den altmodischen Schreibtisch und setzte sich in einen Sessel, der unter seinem Gewicht ächzte. “Ich wurde instruiert, Sie für eine Nacht in eine unserer Zellen `einzuladen`, damit das Verhör gleich morgen Vormittag stattfinden kann. Daher fällt Ihre Verabredung aus. Aber ich bin mir sicher,...“, dabei glitt sein geifernder Blick über ihren Körper, “dass es für Sie genügend Möglichkeiten gibt, sich einen schönen Abend zu machen.“ Er lehnte sich auf seinem Schreibtisch vor, Oxana schlug der Geruch billigen Aftershaves vermischt mit Schweiß entgegen. “Wenn Sie mich bitten, dann kann ich Ihnen jede Annehmlichkeit verschaffen – ich bin sicher, wir könnten das zu unserer beider Zufriedenheit lösen.“ Seine Zunge drängte sich wie ein fetter Wurm zwischen seinen blassen Lippen hervor und bewegte sich von einem Mundwinkel zum anderen.
Angewidert schloss Oxana die Augen. “Lassen Sie mich einfach in eine Zelle sperren, am besten in eine, die sich zusätzlich von Innen verriegeln lässt.“ Die Wärter packten sie auf den Wink des Beamten und zerrten sie von ihrem Stuhl. Auf der Schwelle der Bürotür riss sich die Piratin kurz los, drehte sich zu dem schwitzigen, dicken Mann um. “Ich rate Ihnen, betreten Sie nicht meine Zelle. Sonst werde ich den Praetorianern eine Geschichte auftischen, nach der Sie sich wünschen werden, dass Sie nie einen Fuß in dieses System gesetzt hätten.“
“Zelle E3-B27. Da wären wir Miss.“
“Danke, ich hoffe, sie hat den Service den ich gebucht habe? Whirlpool, Sauna, Wasserbett und eine nette Masseurin?“ Der Wärter konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. “Ich schätze, da werde ich Sie enttäuschen müssen. Solch einen Service bekommen bei uns nur die Langzeit-Gäste, die von der Steuerfahndung des Serpens hierher abgeliefert werden.“ Mit einem Ruck öffnete sich die Zellentür und Oxanas Blick fiel in eine ganz in blau gehaltene Zelle. Mit einem schiefen Blick betrat sie die Räumlichkeit, die für eine Nacht ihr Heim sein sollte.
Oxana hatte es sich grad auf der schmalen Pritsche einigermaßen bequem gemacht, als sie vor ihrer Zellentür eine Stimme hörte.
+f=#B0C4DE."Miss Oxana? Miss?!"
Message von Der Richter [FsK] - 22:59 am 27.01
Betreff: ""
Ein Wärter schlendert gelassen den begitterten gang im zwölften Stock des E-Blocks entlang. `Ah, da ist es ja! E3-B27`
"Miss Oxana? Miss?!"
Er rüttelt kurz aber heftig am Gitter.
"Ich soll ihnen dies hier bringen."
Extra verwundert zieht er die Brauen so hoch wie`s nur grad geht.
"Ich weiß zwar nicht, WER Ihnen das schickt; aber Respekt! Solche Päckchen werden für gewöhnlich nicht durchgelassen..."
In dem länglichen Pappkarton gluckst eine Flasche echten Italienischen Martinis, versehen ist die Flasche mit einem doppellagigen Etikett und einer Notiz dazwischen.
"Seid mir gegrüßt, Verehrteste. Obschon ich die Folgen Ihrer eigenen Taten natürlich nicht verurteile, hoffe ich, Ihnen die Zeit hiermit etwas zu verkürzen. MfG vom Richter."
Sie legte die Notiz zur Seite, bedankte sich bei dem freundlichen Wärter und zog sich dann mit der Flasche zurück. Ein plötzlicher Gedanke ließ sie wieder zur Tür eilen. “Verzeihen Sie, Sie haben nicht zufällig die Möglichkeit, mir ein wenig Eis zu besorgen? Und ein Glas? Sie könnten doch behaupten, ich würde mit dem Eis eine Schwellung kühlen wollen...“ Der Wärter hatte die Klappe in der Tür wieder geöffnet und schaute nun in die Augen der Piratin, die ihn darin versinken ließ. Er nickte stumm, schloss die Klappe und kam schon 5 Minuten später mit ihren Wünschen zurück. “Ich danke Ihnen...“ Ein gekonnter Augenaufschlag und dann ging sie endlich zurück und genoss ihren Drink. Als die Flasche leer war, schloss sie die Augen und wurde am nächsten Morgen kurz vor dem Verhör geweckt.
“Also, wie oft soll ich es Ihnen denn noch sagen? Ich habe den Rum, den Ihr Kollege irgendwo zu trinken bekommen hat, nicht gepanscht.“
„Aber Sie sind angeblich auf Überwachungsvideos zu sehen – und es wurden, Berichten zufolge, SGP Fähnchen in dem besagten Rumfass gefunden.“
Das Verhör ging nun schon über eine Stunde immer wieder hin und her – immer wieder die gleichen Fragen und Anschuldigungen – und immer wieder die gleichen Antworten und Unschuldsbekundigungen.
„Also gut, fangen wir noch mal von Vorne an. Wer hat den Rum getrunken?“
„Leonides“
„Wer hat ihm den Rum zu trinken gegeben?“
„Awen, Mitglied der Vereinigung M&M.“
„Wie kam besagte Awen an den Rum?“
„Es war ein Geschenk ihres Kollegen Klotz...äää...wer führt hier eigentlich das Verhör? SIE ODER ICH?“, brüllte der junge Mann plötzlich.
“Na, Sie natürlich...aber weiter im Text hier. Sie sagten, Klotz hätte seinen Leuten Sakura-Rum spendiert?“
Völlig verdattert ob dieser Frechheit antwortete er automatisch. “Ja, zumindest soweit unsere bisherigen Nachforschungen das zeigen...“
„Na, dann ist ja alles klar und meine Unschuld bewiesen. Denn die komplette Ladung Sakura-Rum hat sich mein Clan unter den Nagel gerissen. Alle anderen Rumbestände waren andere Sorten – nicht die neue Kreation, denn die stand ja in einem ganz anderen Lager. Sollte ich also auf einem Video zu sehen sein, was ich nach wie vor abstreite, dann sollte dieses Video auch beweisen, dass es sich NICHT um Sakura-Rum handelte, der manipuliert wurde. Ich behaupte einfach, die NLS haben versucht, alten Rum durch chemische Zusätze so zu verändern, dass er sich als Sakura-Rum verkaufen ließ und diesen M&M untergejubelt.“
Sie beendete ihren Redeschwall und schaute an die Decke, so als ob sie von nun an mit der ganzen Sache nichts mehr am Hut hatte. Nach einer halben Minute richtete sie ihren Blick wieder auf den Mann, der sie eigentlich hatte verhören sollen. „Nun? Worauf warten Sie? Ich denke, Sie sollten Ihre Kollegen informieren, dass man sich einen NLS schnappt und den zu der ganzen Angelegenheit befragt.“