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Raumsektor SF-1, an Bord der ÐC Drakhen I.

Nachdenklich saß Holy im Kommandosessel des Kapitäns und betrachtete lustlos die Bemühungen seiner Crew etwas über die verschwundene Dragonclaw herauszufinden. Das Gespräch mit Goldmond und Joana war noch keine zwei Stunden her, aber er hatte beschlossen nicht länger als nötig im Quintana-Roo zu verweilen. Smalltalk und Wiedersehen waren nett und schön, aber er hatte eine Station zu leiten, die dieser Tage recht gefragt war. Nach dem Zusammenbruch des Marquis hatte er zum ersten Mal seit langer Zeit wieder daran denken können, die Reparaturdocks wieder für die Öffentlichkeit freizugeben. Und das hatte er kurz vor seinem Abflug auch gemacht. Die Servicebereiche VI bis XV standen jetzt wieder für alle offen und die Mechanikercrews meldeten reges Interesse an Reparaturdiensten. Alles schön und gut, aber eine Station sollte geleitet werden und im Moment tat er das nicht, sondern flog quer durch das schöne Quintana-Roo und hing seinen Gedanken nach. Das war so nicht in seinem Interesse. Genauso wenig wie der Auftrag, den die Clanführung ihm gerade untergejubelt hatte. Eine verschwundene Dragonclaw suchen, und das inmitten eines geradezu riesigen Universums, dass eh schon vor Schiffen aus allen Nähten platzte. Warum hatte man ihm nicht direkt aufgetragen eine Nähnadel auf dem Minenfeld des Oldrans zu suchen? Aber es half nichts, Befehle kamen nie von ungefähr und mussten durchgeführt werden. So würde es auch diesmal sein.

Fähnrich, wie lange brauchen wir bei der jetzigen Geschwindigkeit zur Borg-Passage?

"Etwa dreieinhalb Stunden Sir. Wir werden das nächste Wurmloch schon in zwanzig Minuten durchqueren, aber der Weg durch das Sol System ist lang."

In Ordnung. Planen Sie bitte einen neuen Kurs, der uns statt über den Mars über Uranus und Pluto führt. Ich würde gerne die Manöversektoren des Mars umfliegen. Bringen Sie das Schiff auf dreiviertel Raumgeschwindigkeit. Ich möchte während der Durchquerung des Antares Clusters volle Leistung für die Schilde haben. Ziehen Sie, wenn nötig, Energie von den Waffensystemen ab. Und planen Sie einen Rendezvouskurs mit Jones und Euripides, ich möchte beide Schiffe gerne ab der Taurus Passage an unserer Flanke haben.

"Verstanden Sir. Der Computer berechnet die neue Route. Schilde gehen auf nominal 110% in 16 Minuten. Rendezvous Kurs ist errechnet und wird programmiert. Waffensysteme laufen jetzt bei 50% mit 60 Gigawatt. Torpedobänke sind vorläufig offline. Fusionsreaktor II wird bald augeschaltet werden müssen, Sir. Aber Reaktor I kann sofort übernehmen."

Gut Fähnrich. Sie haben Ihre Anweisungen. Und geben Sie mir ein Signal zum Prikom Uplink Satelliten im Orbit der Erde. Sicherheitsstufe Beta. Bitte die Verbindung in mein Quartier umleiten.

"Aye Sir!"

'Das wäre damit erledigt, dachte sich Holy. In weniger als einer halben Stunde würde das Drakhen Geschwader wieder komplett sein und sich auf dem Weg in das Sarn-Raal befinden.' Er wusste nicht warum, aber er hatte eine Ahnung, dass es Probleme geben würde...


Laufarbeit


Holy hatte sich in sein Quartier zurückgezogen und der große Eichenholzschreibtisch vermittelte ihm das Gefühl von Standfestigkeit, Ruhe und Souveränität. Begleitet von einem sanften Zischen erhob sich der extrem schmale Vidkom Monitor aus dem Schreibtisch und mit wenigen Befehlen befand sich Holy auf dem System des Prikom Uplink Satelliten. Routiniert tippte er eine Vidkom Adresse ein und beobachtete die schillernden Farben, die den Benutzer während der Wartezeit beruhigen sollten, während die Verbindung hergestelllt wurde. 'Alles Blödsinn, ein simpler schwarzer Screen wäre ausreichend gewesen.', dachte er sich noch bevor die Verbindung endlich stand.

"Schönen guten Tag verehrter Herr und willkommen bei Cheng-Fang Associates, wie kann ich Ihnen helfen?"

Holy stöhnte innerlich auf, als die junge Japanerin ihren auswendig gelernten Spruch aufsagte und ihn mit ihren kosmetisch gestrafften Lippen anlächelte, während sie eine Reihe blitzsauberer weißer Zähne enthüllte, die ohne Probleme als Werbematerial für kosmetische Dentalchirurgie hätten dienen können.

Ich will Pa-Long. Extra heiß.

"Oh Sir! Ich bedauere zutiefst, aber Cheng-Fang Associates führt schon lange kein Pa-Long mehr."

'Na also, geht doch', schoß es ihm durch den Kopf als die schwarzhaarige Schönheit mit den Mandelaugen die korrekte Antwort auf seinen Code gab.'

Ich möchte Pa-Long, wakasikima-wa? Dono koniche ko?

"Natürlich. Selbstverständlich. Immer zu Diensten, Holy-sama. Sehr gerne. Ich stelle Sie durch."

Alles Andere wäre auch nicht angemessen gewesen, dachte er sich. Cheng Fang Associates war schon seit Jahren einer seiner besten Handelspartner und ihr Besitzer, der ehrwürdige Kinoto-san, eine der besten Informationsquellen des Universums. Der Lieferservice von chinesischen Spezialitäten von der Erde in die letzten Ecken des Universums war eine gute Tarnung, aber einige Eingeweihte wussten sehr wohl, dass die Firma mehr zu bieten hatte als heißes Pa-Long. Daten und Informationen waren seit jeher die begehrtesten Güter im gesamten Universum und wer sich auf den Handel damit verstand gehörte zu den gemachten Leuten. Kinoto ist Kuromaku, ein Schieber der besonderen Art. Bei ihm kann man gegen das entsprechende Geld alles erwerben, was existiert. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um das neueste Rezept von McDonalds oder einen militärischen Schwebepanzer der VX-8 Baureihe handelt. Ein Mann wie Kinoto ist extrem gefährlich, auch wenn er nach außen hin immer höflich und freundlich ist, so muß man doch im Kopf behalten, dass er gajin nicht mag. Und wie bestellt erfüllt sein Bild den Schirm des Koms und lächelt Holy an. Die frisch rasierte Glatze glänzt dezent und der Vivendi Anzug aus grauer Passamon Seide verkünden Reichtum und Macht.

Holy-sama. Es ist schon länger her, dass Sie sich bei mir gemeldet haben. Aber ich freue mich Sie zu sehen. Geht es Ihnen gut?

Höfliches Geschwätz ohne jeden Wert. Aber immerhin gibt es einen Rückschluß auf Kinotos Laune. Wenn er schlecht gelaunt gewesen wäre, hätte er nicht nach dem Befinden gefragt, sondern wäre direkt zum geschäftlichen Teil übergegangen. Holy entschloß sich erst einmal abwartend zu reagieren, bis er mehr über Kinotos Laune herausgefunden hat.

Hai, Kinoto-sama. Ja, es geht gut. So gut wie es einem armen, alten und geplagten Mann gehen kann, der Dienst auf einem alten zerbrechlichen Schrottkahn schieben muss und nicht weiss, wie er über die Runden kommen soll.

Jetzt ist es an Kinoto zu lächeln, denn der letzte Satz war so dermassen gelogen und ironisch, dass es wirklich jedem auffallen muss.

Sie haben Recht. Ein hochmodernes Kampfschiff der Dragonclaw Klasse ist natürlich mit Sicherheit das, was die meisten Piloten ebenfalls als "Schrottkahn" definieren würden. Und eine orbitale Kampfstation der Sicherheitsklasse X ist natürlich ebenfalls nicht dazu angetan sich wohl zu fühlen. Holy, ich mochte Sie immer, Ihre Art ist erfrischend und vermag einen alten Mann zum lächeln zu bringen. Aber ich gehe davon aus, dass Sie mich nicht kontaktiert haben um Höflichkeiten auszutauschen. Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?

'Aha, back to business, oder wie sagte man so schön'. dachte sich Holy. Gut, dann wollen wir mal schauen, was wir dem alten Raffzahn an Informationen entlocken können.

Kinoto-sama, ich habe hier ein Problem. Ich bin auf der Suche nach einem verschollenen Schiff, der ÐC Guardian of Dedication. Eventuell wurde es zerstört, weiterverkauft oder in Einzelteile zerlegt. Ich bräuchte jede Information über den Verbleib der Teile, die Sie auftreiben können.

Schwierig, Holy. Sehr schwierig. Das wird einige Stunden dauern und die Informationen werden Sie eine Kleinigkeit kosten. Sagen wir - 50.000 Credits?

Holy zuckte innerlich zusammen. 50.000 Credits? Das war selbst für Kinoto eine Menge Geld und er wollte gerne wissen wieso das nicht preiswerter zu machen war.

+f=gold:Kinoto-sama, 50.000 Credits erscheint mir ein wenig hoch. Könnten Sie mir den Preis erklären?

Sicherlich. Dieses Schiff ist aufgrund des Kürzels als Clanschiff der Dragonclaw Klasse zu erkennen, wenn ich mich nicht irre. Und das bedeutet, dass die wichtigsten Informationen beim Militär oder paramilitärischen Organisationen zu finden sein werden. Und um dort Informationen zu bekommen, muss ich Leute an den richtigen Stellen bestechen. Und das kostet nun einmal.

Halsabschneider. Nun gut, ich werde Ihnen das Geld überweisen. Wie schnell können Sie die Informationen liefern?

Die ersten grundlegenden Informationen in einer Stunde. Details frühestens in drei bis vier Stunden. Abgesicherte Informationen erst heute gegen Mitternacht, Holy-sama.

In Ordnung, Sie können mich jederzeit kontaktieren. Den Sicherheitscode für die ÐC Drakhen I haben Sie ja sicherlich noch?

Hai, natürlich. Dann bis nachher.

Domo arigato. Ich bedanke mich.

Mit einem kurzen Tastendruck beendete Holy die Verbindung und auf dem Schirm wich Kinotos Gesicht dem Drachenlogo, dass in Ruhepausen immer aktiv war. Langsam und bedächtig lehnte er sich in seinem Sessel und zurück und schloß die Augen. Alienor d'Aquitaine , was für ein Name! Zuckersüß auf der Zunge, aber sicherlich beinhart im All. TM'K Piloten waren seit jeher für ihre Klasse bekannt und Holy erinnerte sich noch überdeutlich an den Tag, als er in seiner Interceptor zusammen mit Virsa und Pantau versucht hatte die MISS Nazgûl aufzubringen. Es war unendlich schwer gewesen und nur der gleichzeitige Einsatz beider Fusionsreaktoren hatte zum gewünschten Ziel geführt. Aber all das war unwichtig, den Clan interessierte nur der Verbleib der Dragonclaw....