.
..
…
[Start Log]
[Personal Note] 06.05.2372 , Logeintrag für Memoiren oder so nen Shit
'Du willst da raus?! Mit diesem Ding?'
Das waren die Worte meines Dads, damals, vor all den Jahren.
Manchmal bringen sie mich immer noch zum Schmunzeln.
Geb' ich ehrlich zu.
Ich geb' auch zu, er hatte recht, aber an den Boden gefesselt ist es schwer Geld zu machen und ein alter Jäger -Jesus, der Reaktor war sogar noch aus der Zeit bevor die Wurmlöcher kollabiert sind- ist dann das beste was rauskommt.
Zerfledderte, rostige Flügel für Daddy's kleinen Engel, auf denen ich und das klapprige Schiff, dessen Turbinen bei jedem Start um Erlösung durch die Schrottpresse bettelten, bis weit hinter den Himmel getragen würden.
Romantisch, was?
Das Leben hat 'ne harte Rechte, und sobald man liegt, tritt es nach, klaut die Brieftasche und lacht.
Aber zuerst Sticht es die Romantik mit 'nem Stumpfen Messer ab, hab ich gemerkt, während ich mich von Scheissjob zu Scheissjob hangel, Dreckswaren an Drecksorte brachte, für die sich die größeren Player und Schmuggler zu Schade waren.
Aber trotzdem, wenn ich an die Stufen auf dieser ätzend langen Treppe zurückdenke...
Jeder Schritt hatte auch was an sich, auf dem dick 'Okay' gedruckt stand.
Gleich neben 'Noch ein Fehler, Ash.'.
Nich Fleisch, nich Fisch. Kann nicht ballern, hält nichts aus, hat keinen Platz, ständig Fehlfunktionen.
Richtig, so klassifizieren wir Profis den Schiffstyp Fregatte.
Aber ein verdammter Sprinter, das war die Dash Bandit. Großer Fehlkauf, aber auch großer Spass, Der Beginn einer scheußlichen, wunderbaren Reise, nachdem mich mein Stück Jägerschrott die ersten Klicks und Lichtjahre getragen hatte.
Nicht nur in letzter Zeit, auch damals schon, stand ich da, schau mir diese befreiende Leere an, in der Sonnen geboren werden und sterben und die wir Menschen, der wohl bösartigste aber auch cleverste Scherz der Schöpfung, als unsere Spielwiese ausgesucht haben. Im trübschleimigen Knäuel meiner Gedanken schiebt sich dann oft die Frage nach vorn: 'Wieso?'
Oft begleitet vom dem angenehmen Biss von Nikotin in meinen Lungen geht dann diese Clipshow los, über die furchtbaren und guten Dinge die mir passiert sind, kommen die Bilder wieder, kann ich fast schon wieder fühlen wie ich mit der Hand über die stählerne Haut eines neuen Schiffes streiche.
Fregatte.
Odegra.
Juggernaught.
Meine Banditen, meine Flügel.
Und wieder, unzufriedener, ungeduldiger Unterton: 'Wieso?' .
Es gibt tausend Gründe und Wege hier draussen draufzugehen, angefangen mit den üblen Dingen wie Waffengewalt und den eher komödiantischen, wie losen Sicherungbolzen.
Aber dafür gibt diese unbarmherzige Leere auch viel zurück.
Freiheit.
Die Absulute Fessellosigkeit, wenn man nur seinen Kopf für mehr benutzt als Essen und Luftholen.
Du brauchst Geld?
Ja, Schmuggeln ist Lukrativ. Aber haste das Konto von dem Frachtercaptain da gesehen?
Er hat dein durchwühlen seiner Datenbanken jedenfalls nicht bemerkt.
Versuch's!
Wer soll dich hier aufhalten, hier zwischen deinen Sternen?
Dachte ich mir und fand es zu der Zeit eine Spitzenidee.
Seit diesem ersten mal ist es kaum anders geworden.
Routinierter, vielleicht. Etwas professioneller...auch.
Aber das Gefühl ist unverändert.
Die Jagd.
Der auf keinen Fall unterdrückte Drang „Fuck, yeah!“ zu rufen wenn der entscheidende Stunpulse die Triebwerke deiner Beute lahmlegt und du seine Systeme Hackst um in der Zeit bis die Firewall kapiert was sie da umgehauen hat und wütend aufsteht sein Konto so leer machst wie möglich.
Die Nervosität, wenn sich der Griff deiner im gepanzerten Anzug schwitzenden Hände um das Pulsgewehr festigt, ein letzter Prüfender Blick zum Kompositsprengstoff, bevor das eiserne Maul der Schleuse sich öffnet.
Deine Beinmuskeln sind angespannt, wartest nur auf den Startschuss, der endlich dem angestauten vielen Adrenalin einen Sinn gibt.
Ein letzter Gruß an das Schiff, deine Lebensversicherung, dein bester Freund, von dem du nur so kurz, aber doch eine Ewigkeit getrennt sein wirst, um dir deinen verdienten Lohn eigenhändig zu erentern und dann geht es los, mit diesem dreckigem Grinsen im Gesicht, irgendwo zwischen Thrilljunkiefreude und Wahnsinn.
Es gibt tausend Gründe und Wege hier draussen aufzugeben.
Ich erinner mich an Zeiten, da ging es sportlich zu.
Kopfgeldjäger sind keine Polizei im eigentlichen Sinn (Is' eine der ersten Lektionen für echte und Möchtegernpiraten). Man schnappt sich Geld, überlastet mal die Systeme und sie kommen, während du auf die Konsole einschlägst die nur Gleichgültig Prozentzahlen auspsuckt, wie lang es dauert bis der Reaktor wieder Sektorsprünge leisten kann.
Gespielt und verloren nennt man das.
Sie boarden dich, hacken deine Systeme, ist die selbe Sache , nur mit mehr explosionen und die haben eine Lizenz dafür.
Als wenn ein paar Daten die Verhältnisse hier draussen irgendwie beeinflussen könnten.
Trotzdem alles sportlich wie gesagt.
Jeder muss irgendwie auskommen, waren wir doch alle Kampfpiloten, Scouts, Schmuggler, Sicherheitscorps, Söldner und all das Gesocks was nach dem selben Metronom tickt, auch wenn die Gründe und Geschichten hinter jedem Menschen so unterschiedlich sind wie Eiskristalle.
Völlig egal welches Logo auf unsere Körperpanzerung oder Schiffsrümpfe geklebt war, oder welcher Con auf dem Gehaltscheck stand, diese eine Sache hat uns doch alle hier rausgetrieben.
Grund genug sich nicht ernsthaft zu verletzten.
Klar sind da auch Kriege und sie sind so viel besser geworden, seit man dafür keine Planeten mehr verheeren muss, nicht wahr?
Ich bin kein Soldat.
Nie gewesen.
Söldner...vielleicht. Hier und da mal etwas Scoutarbeit, aber keine echte Verbundenheit mit der Sache.
Aber auch die Kämpfe von andern Leuten lassen ihre Narben bei dir, die bei schlecht Wetter stechen, einen mal nachdenken lassen was da passiert ist.
Eines Tages, vielleicht Jahre nach dem letzten großen Konflikt, die Schäden sind kompensiert, die Räder drehten sich weiter, du fliegst wieder.
Aber irgendwas ist anders, es ist nicht mehr Weite, es ist Dunkelheit hier draussen, zwischen deinen Sternen.
Der Umgang ist rauer.
Paranoia ist kein Witz mehr, sie ist dein Bester Freund, hier zwischen den Sektoren, die so leer sind dass du glaubst die Wurmlöcher wären wieder kollabiert.
Weil, wer jetzt noch hier ist, der ist entweder gut, elusiv kaltblütig oder Wahnsinnig, vielleicht auch eine Kombination aus allen.
Heute bin ich nicht mehr allein.
Die Leute hier nennen mich 'Captain'. Guter Scherz.
Ich vermisse die unbeschwerte Zeit in der es nur mich und meine Leere gab, keine Verantwortung, schön mit Scheuklappen, schwarzen Zahlen und viel Ale.
Steh da, schau in die Dunkelheit und seh die Grausamkeiten, von denen es gerade soviele gibt, dass totkotzen ein gut verbrachtes Wochenende wäre.
Was ist da noch, ausser uns Schakalen, Schimmelpilzen und anderen abgehärteten Aasfressern die an der Leiche einer besseren Zeit rumkauen?
Verdammt, das ist ein gutes Bild, oder?
Manchmal, wenn die Maschinen meiner Echo Mirage drosseln, und wir auf unseren Streifzügen eine Pause haben, man plötzlich merkt wie schön so ein Planet, den man vielleicht dutzende Male nicht beachtet hat im Licht seiner Sonne aussehen kann, kommt es aber zurück.
Dann strahlt der Teppich aus sterbenden Sternen, ganz wie am ersten Tag, als man mit irrsinniger Geschwindigkeit die ersten Luftschichten durchbrochen hat; Dann die Wolken und dabei das Gefühl hatte, dass zwischen dem letzten Rest Atmosphäre und der großen schwarzen Weite mit den Sternen, die ganz allein einem selbst gehörten, die Zeit auf der Grenze zwischen den Beiden still stand.
Keine Ketten, keine Grenzen, sowas gibt es hier nicht.
'Du willst da raus?! Mit diesem Ding?'
Hör ich dann wieder, aber nicht mein Dad sagt es, nicht seine Stimme, sondern ein leises, kaskadiertes Echo, mit Worten, die keinen Umweg über Ohren machen müssen.
Und auch wenn meine Mannschaft mich nach den Selbstgesprächen, den Spleens und diesem seligen Grinsen für bescheuert hält, lass ich es mir nicht nehmen bei diesem Gedanken zufrieden lächelnd zu nicken.
Es gibt tausend Gründe hier draussen aufzugeben.
Aber fuck that, solange es diesen einen, besseren, gibt.
.
..
…
[End Log]