Erster Teil:
http://galactic-tales.4players.de/juwelboard/index.php?action=view&id=2734&board=8
An Rahel Bachstein heranzukommen war eine Herausforderung. Fotos, Holos.. man kann sagen, was man will, nichts geht über eine persönliche Begegnung. Und es musste auf ihrem Schiff sein. Ich hatte einen Deal.
Aber wie stellte ich mir das vor? Es war zwar möglich, das sie Pizza aß, aber bestimmt nicht von irgendnem gefaktem Laden gelieferte.
Ich musste mir also was besseres Ausdenken. Eine Botschaft, die sie interessierte - von einem Untergebenen. Das wäre machbar - vielleicht.
Das Risiko wäre doppelt da, wenn ich an zwei Leute rankommen muss.. aber dafür verteilter, einfacher.
Nicht alle in ihrer Umgebung waren mit so heissen Sicherheitswällen umgeben, wie die Bachsteins selbst. Das Netz lieferte mir alles, was ich brauchte um meinen Plan auszuführen.
Vorlieben, Schwächen, Stärken, Gerüchte über die Verbündeten der PAX. Mir schien das einfachste Loch wäre Pummelfee. Sämtliche Ausbildungsdaten, Laufbahn,
absurde Videos von missgünstigen Klassenkameraden.. es war alles leicht zu finden. Eine der schönsten Schwächen der Welt: Schokolade.
Fast hätte mir Pummelfee leid getan,aber grad noch entsann ich mich. Er war trotz allem ein gefürchteter Kommandant, wenn man die dicke Schale mal ignorierte. Und bestimmt nicht ohne Grund in einer der gefürchtesten
Raumflotten dieser Zeit. Unterschätz ihn nicht, das Äussere ist eine Maske. Ich hab selbst schon viele getragen.
Also begann ich Gespräche zu belauschen, die bei Pummelfee ein und ausgingen.
Die passive Abhorchanlage war nicht wirklich toll im Ergebnis, die Löcher und das Rauschen immens, aber es reichte bei unverschlüsselten Botschaften.
Kein ganz billiges Vergnügen und man musste in der Nähe rumdaddeln. Als Shuttle eher unauffällig, aber es dauerte zum Glück nicht lange, bis ich was passendes hatte: Jemand hatte von Schokolade geschwärmt, irgendwo vom Mars. Irgendwas von Johannisbeerschokolade.
Leider war nicht alles durchgekommen, aber das musste reichen. Es würde wahrscheinlich nicht auffallen, wenn ich nicht ganz das richtige besorgen würde.
Aber hey, grad solche Kleinigkeiten könnten irgendwann die Grube sein, in die man fällt.
Also dauerte es noch einen Tag bis ich die genaue Adresse des Schokoladenladens hatte bei irgendnem Sladeksee, ich musste zugeben, eine durchaus nette Gegend dort, wenn man rot, rotbraun, rotviolett, rotorange mochte.
Die Schokolade war wirklich lecker. Jedenfalls liess ich mir eine Auswahl sehr hübsch verpacken, und schon hatte ich einen wundervollen Köder.
Dann brauchte ich eine Firma. Ich dachte erst an "Schokolade-Galaxisweit, ihr Lieferant für süsse Spezialitäten". Aber nein, ich wollte ja an die Bachsteins ran, ich brauchte was neutrales. Etwas allgemeines.
Sie wären dumm, wenn sie nicht rauskriegen würden, das ich schon an Pummelfee geliefert hatte, und danach an die Bachsteins. Ich hatte nicht vor mir wegen so einer Kleinigkeit ein neues Shuttle und eine neue Identität zuzulegen - irgendwas würde dabei schiefgehen.
Einfache Pläne sind gute Pläne sagte ich mir, fang bloss nichts kompliziertes an.
OK, also: "schnellste Botin von ähm.." mich verliess meine Fantasie. Aber wozu gibts Tagesnachrichten, Randomfunktion: Hintertupfingen. ok, würde gehen.
Jetzt noch mein eigenes Erscheinungsbild: ich musste jung aussehen, und vor allem hyperaktiv. Ok, Schulmode war schnell bestellt, Neongrüner Rockgürtel über dunkelgrünen Leggings, oben orangenes Top, passende Frisur.. hm, ok, machbar, Makeup.
Shuttle umbauen, Laufschrift, fertig.
Ich brauchte meine Nervösität gar nicht unterdrücken, das passte perfekt zum Erscheinungsbild.
Jetzt Pummelfee suchen, das war nicht ganz einfach, aber ich hatte Geduld.
Ok, da war er, abgehts.
"Schnellste Botin von ganz Obertupffingen! Ich hab eine Lieferung für Sie! Marsschokolade, mit lieben Grüssen." Hoffentlich wollte er nicht wissen von wem, das war in der Botschaft nicht durchgekommen.
"Ok, brings rüber." Ich war drin! Ein Grinsen konnt ich einfach nicht unterdrücken, bis ich dann Pummelfee sah. Also es gibt ja eine Menge Fotos, aber diese Flügelchen hatte ich dann doch nicht erwartet. Ich war ehrlichgesagt erstmal sprachlos.
Solche Flügel waren einfach grandios, wenn ich die vor nen paar Jahren gehabt hätte.. meine Verwandtschaft wäre nicht nur vom Stuhl gefallen, es hätte mindestens 3 Herzinfarkte gegeben und einen ganzen Monate alle in weiss.
Ich reichte ihm das Schokoladenpaket.
"Krasse Flügel! Die sind grandios!" Fast hätte ich vergessen die Wanze in eine Türritze zu klemmen.
Er drückte mir 10 credits in die Hand, ich starrte die etwas verblüfft an, bis ich mich wieder fing, zum Glück hatte er sich schon umgedreht und verschwand.
Jetzt hiess es warten, bis sich die Wanze an die Türleitungen angedockt hatte, das sollte nicht lange dauern. Ich brauchte nur seine aktuelle Kennung, dann gings weiter im Plan.
"Sehr leckere Schokolade, schick meinen Dank zurück" kam plötzlich eine Nachricht rein. Glückstreffer! Schon hatte ich, was ich wollte. Die Kennung kam mit der Nachricht.
Da musste die Wanze noch nicht mal eine eigene Nachricht an mich absetzen, und blieb zu 99% unentdeckt, jedenfalls bis das nächste Mal die Leitungen gewartet würden.
Jetzt brauchte ich eine Information, welche direkt an Rahel Bachstein geliefert werden würde. Das war nicht ganz einfach, aber ich hatte vorgearbeitet. Ich hatte nur einen Tag Zeit, bis die Kennung ersetzt würde.
Jeder wusste, das PAX Gegner, die =NP= ab und an das Sol ausspähten. Nur wann das passierte, war unterschiedlich. Und eine Information, die es wert war an die Kommantantin geliefert zu werden, wenn sie rechtzeitig kam.
Ich legte mich also an der Blackstar-Passage auf die Lauer und hoffte auf mein Glück. Es wurde später. Wenn sie erst kamen wie jeden Abend, um das PAX-Hauptquartier an der Erde zu vernichten wäre es zu spät für meinen Plan.
Aber hey.. die Apocalyptic Dawn und die Apocalyptic Vlad! Perfekt. Auf durchs Wurmloch, Reparatur eingespart - niemand wundert sich jemals über zerbeulte Shuttles. Höchstgeschwindigkeit zum Merkur. "Nachricht dringend! An Rahel Bachstein, Kennung: Pummelfee; von der schnellsten Botin von Untertupfingen!"
Auf dem Zettel stand <<NAP-Sichtung an der Blackstar, einfliegend, 2 Schiffe.>> Meine Hände zitterten leicht, ein Krieg zwischen Clans war doch eine Grössenordnung heftiger, wie eine Familienfehde auf dem Cana, auch wenn das Resultat bei beiden Varianten meist tödlich war.
Auf Cana Merotheus kannte ich mich aus, mit den Pax-Typen hatte ich noch nie persönlich zu tun gehabt. Nur was man aus den Nachrichten mitbekam, war wie immer zensiert, und sich darauf zu verlassen konnte der letzte Fehler sein, den man in seinem Leben gemacht hat. Aber ich genoss das Adrenalin.
Fast hätte ich =NP= geschrieben, bis mir heiss einfiel, das die ihre speziellen Bezeichnungen hatten. Das wäre mein Todesurteil gewesen. Spionageverdacht - Kopf kürzer.
Aber ich war drin. Ein herrliches Schiff in weiss, alles in weiss und goldene Verzierungen. Mir gefiel es. Es brauchte eine volle Besatzung, 100 Leute oder mehr.
Aber wo sollte man soviele Leute herbekommen, auf die man sich verlassen konnte? 100-200 da brauchte man schon eine Befehlsstruktur und nen Personalchef.
Ich sollte im Eingangsbereich warten. Super Gelegenheit.
Ich hatte „persönlich“ draufgeschrieben. Hoffentlich war das nicht zuviel des Guten und ausserhalb jeder Gepflogenheit. Aber es schien zu klappen.
Ich lehnte mich gegen einen Türrahmen und versuchte gelangweilt auszusehen. Bis die Anwesenden endlich mal alle woandershinguckten, war mir schon recht heiss geworden.
Aber endlich. Plop, die Wanze arbeitete sich die Türschlossleitung hoch und würde ihre elektronischen Fühler in die Kommanlage ausstrecken. Türen waren immer an den Bordrechner angeschlossen, für den Katastrophenfall, wenn diese als Schott dienen mussten.
Aber da kam sie. Rahel Bachstein, persönlich. Mein Blick saugte sich an ihr fest, eine der berühmtesten Kommandantinnen dieser Zeit. Mechanisch reichte ich ihr das Papier rüber.
Sie wandte den Blick nicht von mir, aber irgendwie muss sie das Papier gelesen haben.
"Alarm gelb, Maschinen klarmachen." kam mit ruhiger Stimme und
"Raus!" - das war an mich gerichtet.
Ich wollte mich grad umdrehen, da kam noch ein
"Warte und danke!" und sie warf mir 1 credit rüber.
Geizhals.. nicht das ich credits gebraucht hätte, ich hatte meine Familie nicht grad mit leeren Händen verlassen, aber 1 credit.. das warf man Bettlern zu, damit sie verschwanden.
Ich verpisste mich in mein Shuttle und überlegte. So weit, so gut.
Jetzt hiess es abwarten und schwitzen.
Und zwei einhalb Tage später irgendne Nachricht schicken, auf die das Schiff antworten müsste, mit dem gesammelten Anhang der Bordgespräche mit speziellem Suchwort Takeo. Das war der einfachste Teil. Wenn sonst alles klappte.
Tja. Also wie kam ich überhaupt dazu ein PAX-Schiff auszuspionieren? Ich war verrückt, irgendwas hat mir die Birne rausgesaugt! Ich wusste es genau aber wie die Biene nicht an einem Tropfen Nektar vorbeifliegen würde, konnt ich einfach nicht anders.
Ich hatte einen Deal! Mit ihm!
Ich würde für ihn rausfinden, was die Bachsteins von ihm wollten.. nun.. nein. Ich würde sie nur ausspionieren. Und dann. Würde ich die Mittel für meine Rache haben. Und ich könnte ihn dann jeden Tag sehen. Oh, er würde nichts merken, ich war mir sicher. Ich würde ihn jedenfalls nichts merken lassen!
Ob was sinnvolles bei rauskam, wäre Zufall. Ich wollte die Wanze nicht allzulange aktiv lassen. Auch wenn es ein wundervolles und viel zu teures Stückchen Hightech war. Ich hatte sie auf 3 Tage eingestellt, dann würde sie sich selbst vernichten, nachdem sie ihr gesammeltes Zeugs an eine Nachricht an mein Schiff angehängt hatte. Aber jedes Stück Software auf so einem Schiff, was nicht da hingehörte, würde irgendwann Verdacht erregen. 3Tage waren schon ziemlich viel, aber mal schauen, solange nichts durchkam, war sie passiv.
Ich wartete ein Tag. Ich aß, ich sah einen halben Film, ich duschte ausgiebig, ich machte Qi Gong-Übungen, ich versuchte zu lesen, ich dachte an Mr. Yamagashi, ich suchte alle Informationen raus, die es über den Thenta Ma’Kur gab, mein Shuttle flog auf Autopilot 3 Kisten Pizzas zum Reebourn bringen .. es half alles nichts. Ich war einfach nervös.
Was, wenn die Wanze entdeckt würde? Was, wenn der Schiffscomp neugestartet würde? Was wenn die Wanze es nicht schaffte das Zeugs an eine an mich gerichtete Nachricht anzuhängen?
Was, wenn ich nochmal auf das Schiff rauf müsste?! Ich traute mich nicht. Meine Verkleidung würde bestimmt versagen beim zweiten Mal. Sie würden mich erdolchen, vierteilen, unter Strom schmoren! Ich würde Takeo nie wiedersehen.. und meine Schwester?! Nein. Halt! Tief durchatmen!
Ganz ruhig. Deine Verkleidung ist perfekt!
Ich würde es mir selbst beweisen! Zwischenstop Erde, Tokio!
Ich hatte mich vorher natürlich informiert. Was mögen Japaner besonders gern? Seide, Kalligrafie, Ikebana – das hatte was mit Blumen zu tun. Ich entschied mich für eine Rose. Eine weisse natürlich.. Ich liebte weiss. Ausserdem schien Takeo eher der schlichte elegante Typ. Das Ganze verpackt in eine gefaltetes Behältnis aus weisem Seidenpapier. Richtig stilvoll fand ich. Ok, weiter zum Reebourn, die Pizzen abliefern.
Dann die aktuellen Nachrichten durchsuchen, wo wurde die MISS Vergnügen das letzte Mal gesehen. Ah, im Miras. Nun, das war natürlich am andren Ende der Galaxie. Schnell schaute ich noch die Frachtaufträge durch, aber nichts passendes fand sich. Vielleicht am Nokora dann. Das Geschäftliche kann man ja nebenbei erledigen.
So verging die Zeit, und nen halben Tag, 3 Frachtaufträge und etliche Suchstrecken später hatte ich sie gefunden, die MISS.
Ok jetzt kam mein Verkleidungstest.
„Mr. Yamagashi? Ich habe eine Eilsendung für Sie! Ich bin die Schnellste Botin von Hinterrtupfingen! Bitte sehr!“ Ich machts einen Knicks, hielt ihm die Box unter die Nase und blinzelte, ob er mich erkennen würde.
Takeo Yamagashi schaute etwas verblüfft schien mir, aber es hatte geklappt und ich drehte mich auf dem Absatz herum, um wieder in mein Schiff zu verschwinden.
„Danke.“
Er nimmt die Rose aus der Schachtel, wendet sie nachdenklich und lässt die Botin zurückpfeifen.
Ich ging nochmal zurück.
„Übersende der Absenderin Dank, aber sie sollte wissen, das Rosen nicht mein Fall sind. Oder generell...Blumen.“
Er zögert kurz
„...sage ihr, dass sie mich ruhig persönlich besuchen kommen kann.“
Er drückt dem Mädchen die Schachtel in die Hand.
Ich wurde rot. Hoffentlich bemerkte er es nicht. Was sag ich jetzt nur?
„Ich äh.. ich weiss nicht wer der Absender ist. Tut mir leid.“ Ich zuckte mit den Achseln.
Himmel! Ich hatte vergessen, das er ja irgendsoeine mysteriöse Frau als Geliebte hatte. Jetzt bloß raus! Ich wollte gehen, aber er hielt mich zurück.
„Das ist merkwürdig. Von wem hast du denn die Sendung bekommen? Sicherlich hat sie nicht auf deiner Türschwelle gelegen.“
„Ähh doch. Das machen manche so. Können sie auch gern. Diskrete Sendungen überall hin. Einfach Adresse drauf schreiben und Sie können sicher sein, das es schnellstmöglichst zugestellt wird!“
Hoffentlich kam er nicht auf die Idee, sowas zu machen. Ich machte noch einen Mädchen-Knicks und dann schnell weg vom Acker. Das war gründlichst schief gelaufen.
Ich atmete dreimal tief durch und goss mir zurück auf meinem Shuttel erstmal einen Sherry ein. Aber zumindest war die Verkleidung gut!
Er mochte keine Blumen? Hm, naja.. Männer! Ich musste lachen. Es war zwar alles schiefgegangen, aber im Grunde schon lustig.
Naja, ich wusch erstmal mein Makeup ab, setzte die Perücke ab und ging duschen. Für heute hatte ich genug erlebt. Mir fiel noch so ein, schade, das er nicht erwähnt hatte, wer seine Geliebte war. Ich würde die Frau ja zugerne mal sehen. Von seinem Schiff konnte sie ja nicht sein.