Aya (*) schrieb am 29-10-2010 21:58:14 :
Anreise
Auf einem leuchtenden Strahl erhob sich das Landungsshuttle wieder mit lautem Donner in den Himmel über dem Palenothmond Wadon. Einzig ein lautes Klappern übertönte diesen Lärm noch um einiges. Kaaaaaalt, wollte Aya rufen, doch gelang es ihr nicht, ihre Zähne wie genug dafür auseinander zu bekommen, ehe sie wieder auf einander schlugen und dieses klappernde Geräusch von sich gaben.
Eiskalter Wind schnitt über das aus geglättetem Felsen bestehende und durch unzählige Starts und Landungen schwarz gefärbte Landefeld. Schneeflocken flogen nahezu waagerecht an ihr vorbei und blieben in Ayas leicht bläulich (durch die Ernährung auf dem Zirantheus eine Naturfarbe!) glänzendem Haar hängen. Sicher, man hatte ihr gesagt, dass es hier kalt wäre, so hatte sie auch einen dicken Pullover sowie einen knöchellangen Rock dabei. Aber dass es so kalt wie hier überhuapt möglich war? Das konnte doch niemand ahnen, oder?! Zu Hause auf dem Zirantheus galt es schon tiefster Winter, wenn man irgendetwas mit langen Ärmeln brauchte.
„Kalt?“, drang Xenias Stimme an ihr Ohr. Zumindest glaubte Aya das. Der kräftige Wind machte es nahezu unmöglich irgendetwas zu verstehen. Ihre quasi Chefin war in eine dicke Jacke gehüllt und ihr Haupt mit dem langen roten Haar unter eine Kapuze mit Pelzkragen verborgen. Aya, deren Hautfarbe langsam begann sich ihrer Haarfarbe anzupassen, gelang nicht wirklich eine über ein Nicken herausgehende Antwort. Ein kurzes Lachen blitze im Gesicht Xenias auf, ehe sich Ayas Sicht verdunkelte.
Huh? Durch die schwere Pelzjacke, die ihr Xenia zugeworfen hatte, ihrer Sicht, Orientierung und vor allem ihrem Gleichgewicht beraubt – was auf einem eisbedeckten Boden mehr als schnell geht – gab es für Aya nur noch einen Weg. Nach unten.
Ooahh… so hatte sich Aya ihren Ausflug wirklich nicht vorgestellt. Allein schon ihre Anreise war schrecklich gewesen. An diese Raumfahrerei würde sie sich wohl nie gewöhnen. Es war noch schlimmer als ihre erste Reise mit diesem Kannibalen von Blake – sie war sich noch immer ziemlich sicher, dass dieser sie hatte am Ende der Reise verspeisen wollen. Aber das war nichts gegen diese Tour gewesen.
Aya war ganz aufgeregt gewesen, als Oxana versprochen hatte diese Reise zu organisieren. Sie hatte schon immer Mal mit einer Brigantine fliegen wollen. Umso größer die Enttäuschung als Oxana ihr eröffnete, sie müssten inkognito Reisen. Oxana hatte wohl irgendwann mal ein Problem mit der lokalen Untergrundszene gehabt und seitdem gab es wohl einige Probleme, wenn SGP auf dem Wadon eintraf. Aber zum Glück kannte sie eine gute Alternative. Diese bestand aus einem lokalen Transportunternehmen, dass immer wieder Kühleinheiten zum Mond brachte, um die dortigen Fischexporte abzuholen. Warum sie IN den Kühleinheiten reisen mussten, war und wird Aya auch immer ein Rätsel bleiben. Xenia meinte, das wäre eine gute Vorbereitung auf das wadonische Klima und außerdem ginge es um Gold, da ginge nichts über gute Vorbereitung.
Jedenfalls war das der Tag, an dem Aya beschloss alle Vids über Raumfahreromantik zu löschen. Es hatte gar nichts mit Romantik zu tun, wenn man Stunden lang in einer unterkühlten Frachteinheit – auch wenn der Pilot uns versichert hatte, die Kühleinheit sei deaktiviert – neben Fischresten im Fischgestank zu kauern – nur um dann an einen Ort zu kommen, wo es noch kälter und noch fischiger war! Zudem stanken die Fische hier deutlich mehr als zu Hause auf dem Zirantheus.
„Hey, alles in Ordnung mit dir?“, holte sie Xenias Stimme wieder in das eisige hier und jetzt zurück. „Ja, Frau Xenia“, zog sich Aya die dicke Jacke vom Kopf und warf sie sich um. Es war ein unglaubliches Gefühl wenn der Wind nicht mehr durch die Kleidung pfiff. Abermals zierte ein Lachen Xenias Gesicht, als sie Aya die Hand zum Aufstehen reichte: „und du sollst mich nicht immer Frau Xenia nennen.“
„Ja, Frau Xenia“, antwortete Aya knapp, deren Aufmerksamkeit schon von zwei anderen Gestalten auf sich gezogen wurde. Hierbei handelt es sich um eine hagere und fülligere Person, beide mit langen dunklen Mänteln. Sonnenbrillen – als ob man HIER so etwas bräuchte - verdeckten die Gesichter größtenteils. Eine Mütze mit dunklem Pelzbesatz runde das Bild jeweils ab. Zielstrebig schritten die beiden Männer auf die beiden Frauen zu.
„Guten Tag, sie kamen mit der Lieferung von Fräulein Oxana, nicht wahr?“, eröffnete der Hagere das Gespräch. Xenia zog Aya rasch auf die Beine und antwortete in einem knappen: „Kann sein, wer will das wissen?“ –f.
„Herr Andretti würde sie sehr gerne kennenlernen. Er lädt sie auf ein heißes Getränk auf sein Anwesen ein. Und sie wirken auf mich, als täte ihnen das recht gut“, fuhr der Hagere mit leichtem Grinsen fort.
Heißes Getränk? Heiß! „Oh ja, kommen sie, Frau Xenia“, brach es aus Aya raus. Doch Xenia schien unsicher: „ich weiß nicht so recht.“ „Aber er sagte Anwesen und heißes Getränk. DAS brauchen wir dringend!“, fasste Aya ihrer quasi Chefin an der Hand und begann sie mitzuziehen.
Die beiden dunkel gekleideten Männer führten Xenia und Aya schließlich über den Raumhafen vorbei an der großen Fischladestation und dem Personenterminal bis sie schließlich den Rand von Endriagostadt erreichten. Doch statt zum Schweberbahnhof gingen die beiden auf einen geräumigen, schwarzen Schweber mit verdunkelten Fenstern zu. „Oha, Oxana muss hier wirklich gute Kontakte haben“, bemerkte Aya beiläufig, sich wohl langsam an die Kälte gewöhnend. Doch Xenia kommentierte das Ganze nur mit einem nachdenklichen: „Mhm…“
Was keiner der Vier bisher bemerkte war die kleine Gestalt in dem beigen Mantel, die beiläufig in die selbe Richtung zu gehen schien. Einzelne der roten, kinnlangen Strähnen ragten aus der Kapuze und schwangen vor dem beinahe bulldogenartigen Gesicht der Frau hin und her. Sie hielt erst an einer Ecke inne, als die Vierergruppe klar auf den Schweber zusteuerte.