Xenia schrieb am 13-11-2010 18:11:35 :
Und nun?
Das Innere des schwarzen Schwebers war angenehm beheizt und umhüllte die drei – eine der beiden Gestalten in den dunklen Mänteln, war vorne eingestiegen – mit einer behaglichen Wärme. Dennoch wurde Xenia nicht recht warm. Es war eine Art innere Kälte, die sie noch immer leicht frösteln ließ.
Irgendwie passte das alles nicht so recht ins Bild. Oxana hatte versichert, sie würde inkognito reisen und niemand würde ihrer Anwesenheit große Aufmerksamkeit beimessen. Aber das hier? Sie hatte einfach ein mulmiges Gefühl. Und wer war überhaut dieser Andretti?
Als der Schweber vom Boden abhobt und sich langsam nach Endriagostadt in Bewegung setzte, trug dies nicht gerade zu ihrer Beruhigung bei.
Aya hingegen schien durch die wohlige Wärme regelrecht aufzutauen und plapperte in einer Tour: wie toll es wäre, endlich nicht mehr in einem Kühlcontainer zu reisen und dass eine Schatzsuche auf diese Weise viel reizvoller wäre.
Selbst das mehrfache anstoßen Ayas mit dem Fuß brachte Xenia nicht das gewünschte Ergebnis. Aya redete einfach weiter. Vom Zettel in der Flasche, von ihren Überlegungen. Xenia hätte ihr am liebsten eine geknallt! Doch ihr blieb nun nichts anderes, als sich in das, was auch immer kommen sollte, zu fügen. Und sie war sich ziemlich sicher, dass etwas passieren würde.
Sie hatte in ihrer langen Zeit als Barkeeper einen Blick für menschliche Verhaltenszüge und Regungen entwickelt und so war ihr das kleine zufriedene Lächeln des Hageren nicht verborgen geblieben.
Xenia lehnte ihren Kopf an die abgedunkelte Scheibe des Schwebers und sah hinaus. Draußen sausten die Häuser Endriagostadts vorbei. Plötzlich wurde sie schläfrig und irgendwie war es still im Fonds des Schwebers geworden, Ayas Geplapper war verstummt. Langsam wendete Xenia ihren Kopf nach links. Aya lag, den Kopf an die linke Scheibe gelehnt und schlief tief. Der Hagere ihr gegenüber auf der Bank, lächelte breit und winkte ihr zu. Sie wollte nach ihm greifen, doch ihre Arme gehorchten ihr nicht mehr. Ihre letzter Gedanke galt Aya.
Dann glitt auch sie hinüber in einen tiefen Schlaf.
Als sie wieder erwachte, spürte sie einen höllischen Kopfschmerz, der bei jeder Bewegung des Kopfes exponentiell stieg. Schnell schloss sie ihre Augen wieder, blieb reglos liegen und konzentrierte sich auf die Geräusche um sie herum.
Neben sich hörte sie jemanden atmen. Sie wagte nicht, den Kopf zu drehen, doch sie vermutete Aya an ihrer Seite. Irgendwo entfernt bellte ein Hund. Sonst war nichts zu hören. Allmählich ließ der Scherz nach.
Vorsichtig öffnete sie erneut die Augen. Das Zimmer, in dem sie sich befand, war in ein mattes Licht getaucht. Sie lag in einem riesigen Himmelbett, vollständig bekleidet, nur die dicke Winterjacke war fort.
Neben sich vernahm sie ein Stöhnen.
„Aya?“ Ein noch lauteres Stöhnen war die Antwort. „Aya? Alles in Ordnung?“
„Ummh. Mein Kopf tut weh. Frau Xenia? Wo sind wir?“
„Ich weiß nicht. Ich...“ Sie verstummte, denn an der großen Tür zu ihrer Linken war ein Geräusch zu vernehmen. Jemand schien sich daran zu schaffen zu machen.