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es war einmal...

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staggy (*) schrieb am 10-02-2004 2:50:17 : Backflash/Flashback
Keuchend kam er am Hangar an, wo er seinen Jäger für die Nacht abgestellt hatte. Er füllte schnell die nötigen Formulare aus und ein paar Minuten später saß er hinter der Kanzel seines Jägers. Er atmete tief durch, und wartete auf die Startfreigabe. Endlich lösten sich die Landeklammern, und er katapultierte seinen Jäger mit vollem Schub in die ewige Nacht des Alls, tauchte ein in die Dunkelheit, die ihm das Vergessen bringen sollte. Schnell gab er in seinen Bordcomputer ein paar Daten ein. Kurz darauf leuchteten auf dem Bildschirm die lange gesammelten Informationen über die Händleraktivitäten und Handelsrouten auf. Laß das Raubtier übernehmen. Denk nicht nach, dafür hast du heute abend Zeit, und dann gibts genug Alkohol, der dich daran hindert.

Er suchte sich eine der einfacheren Routen aus, und ging in Abfangposition. Hier würde er lauern, es war nur eine Frage der Zeit, bis ein geeignetes Opfer vorbeikam. Er lehnte sich zurück, alles an seiner Erscheinung strahlte Ruhe aus, und doch war er innerlich, wie immer in solchen Momenten, bis zum Zerreißen gespannt. Die Bordbeleuchtung war auf ein Minimum gedimmt, alle Maschinen liefen auf minimaler Leistung. Seine Opfer hatten fast keine Chance ihn zu orten, bevor es zu spät war. Die Tachyonemitter brummten leise, aber der Klang würde natürlich von der Weite des luftleeren Raums geschluckt werden. Er saß da, wie die Spinne im Netz, unsichtbar, und bereit zuzuschlagen. Es war alles so wie immer.

Und doch war alles anders. Ein Teil seiner Seele schrie, und er wußte, daß er ihn nicht zum Schweigen bringen könnte. Heute konnte er nicht weglaufen. Er hatte so lange gebraucht, diese Tür in seinem Bewußtsein zu schließen, und es war ihm auch fast gelungen, aber jetzt stand sie wieder weit offen. Er fühlte wieder die Schuld, die ihn fast zerfressen hatte, als er ihr freundlich lächelnd den Tee mit dem Schlafmittel gegeben hatte. Der dankbare Blick aus Ihren Augen. Er hatte den Arm um sie gelegt und sie eng an sich gezogen. Sie hatte sich entschuldigt, daß sie so müde war, dabei wollten sie doch ausgehen. Er hatte sie sanft auf die Braue geküsst, und sie im Arm gehalten, bis sie eingeschlafen war. Und dann hatte er sein Bankkonto geplündert, ein Shuttle gekauft, sie in eine Decke gewickelt dort hineinverfrachtet, und war abgehauen. Was war er doch für ein Held. Und diese ganze schmierige Geschichte, die er ihr auf ihren Bordcomputer überspielt hatte, sein tränenreicher Abschied, die Gefahr, die ihm drohte, vor der er sie beschützen wollte, auch wenn es hieß, daß er sie verlieren mußte.

Das stetige Piepsen seiner Sensorenbänke riß ihn aus seinen Gedanken. Er ließ gerade das vierte mögliche Opfer einfach so an sich vorbeiziehen. Aber das war jetzt auch egal. Alles, was ihm jetzt noch helfen konnte, war ein Drink. Er trank zu viel, trank nur noch um zu vergessen. Es war auch die beste Lösung. Die ganze Misere hatte ja nur angefangen, weil er losgezogen war, um zu feiern. Was war er für ein eingebildetes kleines Arschloch gewesen. Frisch von der Pilotenschule, er hatte gerade seinen ersten eigenen Jäger gekauft, und er dachte, die Welt würde ihm gehören. Durch schier unfassbares Anfängerglück hatte er am zweiten Tag einen dicken Fang gemacht, und mit der typischen Arroganz der Jugend war er, die Taschen voller Credits, in die Casbah, eine der verrufensten Piratenbars auf dem Frasu marschiert. Er hatte vor diesen erfahrenen Piraten geprahlt, hatte ein paar Runden geschmissen, er tat, als wäre er einer von ihnen. Auf dem Rückweg zu seinem Quartier hatten ihm dann 3 aufgelauert, und ihm gezeigt, daß er nur ein armes Würstchen war. Sie hatten ihn verprügelt, sich über ihn lustig gemacht, und ihm sein bißchen Kohle geklaut. Einer, er erinnerte sich, ein großer bulliger Typ mit mehr Gesichtsbehaarung, als für einen Angehörigen der Spezies Mensch normal zu sein schien, hatte auf ihn gespuckt, als er am Boden lag. "Laß dir das eine Lehre sein, du mächtiger Pirat" hatte er gesagt, und dann kam auch schon der Tritt gegen den Kopf, und die Lichter waren ausgegangen.

Und als er wieder zu sich kam, war sie da. Sie hatte seinen Kopf in ihren Schoß gelegt, und strich mit ihrer Hand leicht über sein Haar. Er öffnete die Augen und schaute sie an. Sie streichelte ihn weiter, einfach so, ohne ein Wort zu sagen. Schweigend betrachtete er ihr Gesicht. Sie war nicht schön, jedenfalls nicht nach den gängigen Vorstellungen. Und doch war ihr Gesicht in diesem Moment das schönste, was er je gesehen hatte. Sie hatte ein ziemlich markantes Kinn und sehr dominante Augenbrauen. Ihre Wangen wirkten etwas ausgezehrt, und aus ihren hellen Augen leuchtete eine tiefe Traurigkeit. Diese hellen traurigen Augen, zusammen mit dem dichten, dunklen Haar, daß ihr in sanften Locken bis auf die Schulter fiel, gaben ihr das Aussehen einer Heiligen, eines Engels. "Wer bist du?" hörte er sich in seiner Erinnerung fragen. Sie hatte ihm die Hand auf die Lippen gelegt, und einfach nur leise den Kopf geschüttelt. Er hatte versucht, ihre Fingersptzen zu küssen, doch sie hatte die Hand weggezogen. "Laß das" hatte sie gesagt und gelächelt. "Kannst du aufstehen?"

Er fand heraus, daß er es konnte. Eigentich sogar ziemlich gut. Dennoch hatte er das Gesicht verzogen und war gehumpelt, damit sie ihn stützte. Er hatte sich ganz leicht an sie gelehnt und sie waren ein paar Schritte gegangen. "Ich denke, du schaffst das auch alleine", hatte sie nach einer Weile gesagt. Er war stehengeblieben, und hatte sich zu ihr gedreht, den anderen Arm auch noch um sie gelegt, und gesagt "ich könnte schon, ich will aber nicht." Dann hatte er versucht, sie zu küssen. Sie sträubte sich, und drückte ihn auf Armeslänge weg. Er hatte sie angesehen, verletzt, verzweifelt, und plötzlich wurde ihr Blick weicher, und sie zog ihn an sich, und sie küßten sich, wieder und wieder. Nach einer Weile hatte sie sich von ihm gelöst, seine Hand genommen, und ihn durch die Nacht geführt. An jeder Straßenecke hatten sie sich geküßt, bis sie schließlich an einer heruntergekommenen Mietskaserne anlangten. Sie hatte ihn in ihr kleines, schäbiges Zimmer gezogen, und dort waren sie förmlich übereinander hergefallen. Sie hatten sich aneinander geklammert wie Ertrinkende, in einer nichtendenwollenden Umarmung. Sie hatten sich geküsst und geliebt und geliebt und geküsst und geliebt, bis sie vor Erschöpfung Arm in Arm eingeschlafen waren.

Sie hatten bis weit in den Tag geschlafen. Als er aufwachte, war sie neben ihm gelegen und hatte ihn angeschaut. Er hatte ihre Hand genommen, und ihre Fingerspitzen geküsst. "Wer bist du?" hatte er sie gefragt. Sie war mit der Hand durch seine Haare gefahren. "Frag nicht", hatte sie gesagt. "Ich bin hier, und du bist hier, bei mir, reicht denn das nicht?" Und sie hatte ihn geküßt. Natürlich hatte es gereicht.

Er schaute hinaus in die weite des Alls. Dieser Tag, als alles noch unkompliziert war, dieser Tag hätte ewig dauern müssen. Doch natürlich konnte es nicht so bleiben. Sie war in ihre winzige Kochnische verschwunden, um etwas zu essen zu machen. Er war im Bett liegengeblieben, und hatte gewartet. Nach einer Weile war er aufgestanden, um zu schauen, wo sie blieb. Er fand sie auf dem Boden zusammengekauert in einer Ecke sitzend. Sie weinte. Er ging zu ihr und wollte den Arm um sie legen, doch sie schubste ihn weg. "Was ist denn los?" hatte er gefragt. "Du weißt doch genau, was los ist", hatte sie ihm haßerfüllt entgegengeschleudert, "du bist Pilot, nur zum Spaß hier, und wenn ich dir langweilig werde, gehst du zurück auf dein Schiff, und läßt mich hier alleine. Du kommst aus diesem Dreckloch hier jederzeit raus, und brauchst dich um gar nichts zu kümmern." Er war da vor ihr gekniet, nackt, auf dem kalten Fliesenboden, und kam sich klein und schäbig vor. Natürlich hatte er nicht darüber nachgedacht, was morgen werden sollte, aber so herzlos zurücklassen würde er sie nie. Er hatte sie zwar dann, fast 8 Monate später noch viel herzloser zurückgelassen, und diese nagende kleine Stimme in seiner Seele würde nie aufhören, ihn daran zu erinnern, aber nicht an diesem Tag. Damals hatte er einfach gesagt "Komm doch mit mir." Sie hatte ihn ungläubig angeschaut, ihm vorgeworfen, er wolle sie verarschen, doch er hatte sie ganz fest gepackt, und ihr tief in die Augen geschaut. "Ich mache keine Spielchen mit dir, komm mit mir, mein Jäger ist zwar nicht groß und ich habe nicht viel Geld, aber für zwei reicht es allemal. Du hältst mich vielleicht für einen Schürzenjäger, aber glaub mir, ich liebe dich, und wenn ich dich anschaue, weiß ich, daß ich ohne dich nicht mehr weiterleben kann. Komm mit mir, nur wir beide und unsere Liebe gegen den Rest der Galaxie." Und das Schlimme war, er hatte es wirklich geglaubt.

Sie war mitgekommen, gegen jede Vernunft, und am Ende hatte er sie doch im Stich gelassen. In seinen Augen standen Tränen. Langsam glitt sein Blick über die Konsole. Das hatte doch heute alles keinen Sinn mehr. Das beste wäre, sich einfach nur sinnlos zu besaufen, damit der Schmerz aufhörte. Aus Trauer um sie, wie sie an jenem Tag war, und nie wieder sein würde, und auch aus Trauer um ihn selbst und seine verlorenen Ideale. Ja, sich zu besaufen war das einzige, was irgendwie helfen konnte, und er wußte auch genau wo. Er setzte Kurs auf Frasu, let's go, rock the Casbah.

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