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es war einmal...

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Vater (*) schrieb am 15-04-2004 22:46:40 : Kapitel 4
9 Monate später...

Die Umbauten waren vollendet. Der Erfolg hatte ihre kühnsten Erwartungen übertroffen. Sie hatten es tatsächlich geschafft. Der Prototyp zeigte sogar höhere Fähigkeiten, als sie erwartet hatten. Der Erfolg mußte sich einfach einstellen. Derzeit waren drei Teams beschäftigt. Das Team, das an der Station direkt arbeitete und die entsprechenden Anlagen erstellte. Das Team, das sich weiterhin mit dem Prototypen beschäftigte und neue Ideen umsetzte, nachdem sie einige heftige Fehlschläge hingenommen hatten, um den Prototypen überhaupt entwickeln zu können. Und dann das dritte Team, das sich alleine um die gewaltige Aufgabe der Programmierung kümmerte. Der Ausdruck Team war bei diesen Größenordnungen allerdings eine heftige Untertreibung. Insgesamt arbeiteten etwa 25.000 Menschen an dem Projekt. Die Finanzen des Konzerns waren in bedenkliche Regionen geschrumpft. Dieser Aufwand konnte noch maximal drei bis vier Jahre vonstatten gehen. Dazu kam die kritische Lage Holmes. Seine Gesundheit verschlechterte sich rapide. Und es lag noch soviel Arbeit vor ihnen, die in dieser kurzen Zeit zu vollenden war.

Es war aber schon jetzt absehbar, daß die Station pünktlich fertig werden würde. Genauso war es auch absehbar, daß die Programmierung der Entinität zu langsam lief. Die eigentliche Programmierung der Grundstruktur, der Ethikentscheidungen, sowie der vielen anderen Kontrollstrukturen und Personaelemente würde rechtzeitig fertig werden. Was allerdings niemals reichen würde, war die Zusammenstellung der gewaltigen Datenbanken, über die das System verfügen sollte. Alle wichtigen menschlichen Entscheidungen und Errungenschaften der Technik, der Philosophie und der Geschichte mußten integriert werden. Eine schier endlose Aufgabe. Daher hatten sich jetzt die Gruppenleiter zu einer allgemeinen Besprechung getroffen.

„Nein.“ raunte das verstärkte Flüstern aus Holmes verkrüppelter Kehle über den Tisch. Ohne den Verstärker war er inzwischen so gut wie nicht mehr zu verstehen.
„Diese Änderung würde genau der korrumpierenden Einflußnahme entsprechen, die ich ausschalten will. Wenn wir dies zulassen, wer weiß, was dann geschehen mag!“

„Aber anders ist es unschaffbar!“ begehrte Julie Preston auf. Die junge Soziologin war eine der enthusiastischen Sorte. Den schwarzen Rändern unter den Augen nach, die nichteinmal die Schminke ganz verbergen konnte, wäre diese nicht schon halb verwischt und seit Tagen nicht erneuert worden, konnte man entnehmen, daß sie kaum Schlaf bekam. Aber da erging es ihr nicht anders als dem Rest der Versammlung. Kaum einer war dabei, der wirklich frisch aussah. Und trotz des immensen Einsatzes lief ihnen die Zeit davon.

„Schauen sie, Mr. Holmes. Wir müssen doch sowieso ein Interface zur aktuellen Datensammlung installieren. Dazu brauchen wir einen Anschluß ans galaktische Netzwerk. Warum sollen wir dann nicht eine Selbstprogrammierungsroutine einbauen, die die nötigen Daten aus den derzeit zur Verfügung stehenden Möglichkeiten selbst extrahiert und in die Sammlung einfügt? Ich verstehe ihren Widerstand nicht. Die Entinität hat sowieso Zugriff darauf, warum das dann nicht automatisch in der Form nutzen?“

„Weil es sie korrumpieren kann!“
Ein zorniges Funkeln zeigte sich in den Augen der verkrümmten Gestalt an der Stirnseite des Sitzungstisches. Die Wut schien Holmes ein wenig mehr Kraft zu verleihen und seine Worte kamen mit einem hörbaren Zischen heraus.
„Wir müssen eine feststehende Datenbank integrieren und zwar aus gefilterten Daten! Aufgrund dieser Daten wird die Ethikprogrammierung später entscheiden, welches Verhalten angemessen ist. Und wenn wir eine unkontrollierte Integration aller zur Verfügung stehender Daten in diese Datenbank zu lassen, was meinen sie, zu was das führen kann? Herr Gott, was da alles möglich ist! Stellen sie sich die Lehren eines Keith Neely in die Entinität integriert vor!“
In der nachfolgenden Stille konnte man fast das Schlucken hören, als die Tragweite dessen langsam ins Bewußtsein der Anwesenden sickerte. Ein mühsamer, gurgelnder Atemzug wurde hörbar und die schwächliche Gestalt schien fast aus dem Stuhl zu kippen. Aber das war nicht möglich, da Holmes schon seit einigen Wochen angeschnallt werden mußte, weil er durch seine schwächlichen Glieder ansonsten wie ein nasser Sack zu Boden rutschen würde.
„Und genau deswegen werden die Datenbanken getrennt! Wir brauchen eine umfassende, anhand derer die Ethikprogrammierung entscheiden kann, welches Vorgehen möglich ist und was in den Bereich des Schändlichen gehört. Und wenn wir diese Datenbank unzuverlässig machen, zu klein, zu ungenau, dann kann es passieren, daß sie korrumpiert wird. Und genau das ist doch das Ziel des Ganzen! Unkorrumpierbare, absolute Gerechtigkeit!“

Die Diskussion dauerte die ganze Nacht an. Doch schließlich kristallisierte sich das Ergebnis heraus. Zwei Wochen später wurde mit der Programmierung einer Selbstprogrammierungsroutine für die Datenbank begonnen. Die Ethik-Programmierung wurde damit völlig über den Haufen geschmissen. Anhand der von einigen Duzend Philosophen, Soziologen, Religionsführern, Rechtsanwälten, Psychologen, Geschichts- und Völkerkundlern (die Politiker hatte man absichtlich außen vor gelassen) zusammen getragenen Lösungen von Ethikfragen, wurde schließlich ein allgemeiner Konsens gebildet. Es entstanden feste Axiome und Werte anhand derer die Programmierung entscheiden sollte, ob diese oder jene Theorie oder Entscheidungsfindung einen Einzug in die Datenbank rechtfertigt, oder ob es verworfen werden solle. Ein Scherzbold nannte sie schließlich in loser Anlehnung an die Literatur eines Science Fiction-Autors aus dem 20. Jahrhundert: „Die Roboter-Axiome“

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