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es war einmal...

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Seher (*) schrieb am 17-04-2004 12:44:54 : Überleben
Der Polizist hat etwas gemerkt. Da bin ich mir sicher. Es sind noch drei Haltestellen bis zum Flughafen. Ich versuche krampfhaft mich zu beruhigen, doch das macht mich irgendwie nur noch nervöser. Ich erwische mich immer wieder, wie ich mit den Händen oder den Füßen wippe. Ich schaue aus dem Fenster. Dort sind nur ab und an die grellen Leuchtgraffitis und jede Menge Werbung zu sehen, die die Tunnelwände illuminieren. Ich komme zu der Überzeugung, daß es besser wäre, sie wären dunkel geblieben. Der Dreck und das Alter machten sie nicht wirklich hübsch und der bröckelnde Beton erweckt auch keinen besonders vertrauenserweckenden Eindruck. Andererseits hielten diese Tunnel schon seit einigen hundert Jahren. Warum sollte sich da gerade heute etwas ändern?

Als ich meinen Blick wieder auf mein Gegenüber hefte, scheint dieser mit den Gedanken weit weg und fast eingenickt zu sein. Ich atme etwas auf und hoffe, daß er nicht weiter auf mich achtet. Der Zug wird langsamer und heller Lichtschein dringt von außen herein. Nur noch zwei Haltestellen bis zum Flughafen. Man kann das Bremsen der Magnetschwebebahnen nur an der Beschleunigung merken, die auf einen wirkt. Diese Züge sind so dermaßen leise, daß bei Höchstgeschwindigkeit allenfalls ein leises Rauschen durch den Fahrtwind entsteht. Nach kurzer Zeit fährt der Zug weiter und ich merke, wie ich versuche meine Finger zu verknoten. Meine Nervosität nimmt zu.

An der nächsten Haltestelle steigt ein junges Mädchen ein. Sie ist allenfalls zwölf oder dreizehn und schaut sich gehetzt um. Trotz ihrer Jugend ist sie erstaunlich gut proportioniert und macht aus ihren Reizen keinen Hehl. Etwas befremdet schaue ich sie an und erst dann bemerke ich ihren gehetzten Gesichtsausdruck und den verkniffenen Mund. Ihre Haltung ist auch seltsam gekrümmt und als ich genau hinschaue, sehe ich etwas feuchtglänzendes unter ihren krampfhaft über dem Bauch verknoteten Fingern heraustreten. Erschrocken wende ich mich ab. Ich habe jetzt keine Zeit, um ihr zu helfen. Es ist einfach zu gefährlich, denn das, was ich bei mir trage, ist eine gewaltige Sache. Wenn ich damit erwischt würde, oder sie in die falschen Hände geriete – es wäre nicht auszudenken.

Der Polizist scheint inzwischen aber auch eingeschlafen zu sein, denn er reagiert auf die Anwesenheit der jungen Dame gar nicht. Verstohlen schaue ich zum Fenster und sehe ihr verzerrtes Spiegelbild darin. Es hat den Anschein, als wäre sie sogar froh, daß sich keiner von uns um sie kümmert. Ich verstehe es nicht, aber es kommt mir gerade sehr entgegen.

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Marie Jamie Jons, so hieß sie. Nur ihre wenigen Freunde kannten ihren richtigen Namen. Auf dem Strich war sie aber als das „Flotte Flittchen“ bekannt und ihre Kunden standen darauf. Auch dieses verdammte Arschloch heute. Sie hatte gewußt, daß etwas mit dem perversen Drecksack nicht stimmte. Diese verfluchten Ganger hatten normalerweise ihre eigenen Bückstücke und mußten sich bestimmt nicht auf dem Kinderstrich umschauen. Vor allem konnten die sich meist gerade mal ihr Futter leisten. Für eine Nutte wie Marie blieb nicht viel übrig. Irgendwie gefiel ihr das Wort. Es drückte genau das aus, was sie war und wie sie sich fühlte.

Sie war ein Spielball der Männer. Sie verkaufte ihren Körper für das Überleben. Was blieb ihr auch anderes übrig? Bei dem Wohnungsbrand waren ihre Eltern umgekommen und das gesamte Haus abgebrannt. Sie war damals sechs Jahre alt gewesen und da ihre Eltern erst vor kurzem von einem anderen Planeten übergesiedelt waren, hatten sie hier noch keine Freunde gefunden, die sich um das kleine Mädchen kümmerten. Daher hatte auch die Versicherung leichtes Spiel und von dem geringen Vermögen der Familie blieb nur noch Asche übrig. Marie selbst wurde vom Sozialamt in ein Heim gesteckt, daß vier Jahre später wegen Kindesmißbrauchs geschlossen wurde. Doch so lange hatte Marie es dort drinnen nicht ausgehalten. Etwa drei Jahre lang hatte sie die Erniedrigungen und die perversen Praktiken über sich ergehen lassen, ehe ihr die Flucht gelang.

Und dann stand sie auf der Straße mit nicht viel mehr als dem, was sie auf dem Leib trug und ihrem kleinen Rucksack voller Wäsche. Ein kleines, neunjähriges Mädchen, daß keinerlei Ahnung hatte, wie sie sich durchschlagen sollte. Ihre erste Mahlzeit klaute sie und stellte sich dabei nicht ungeschickt an. Und so versuchte sie es weiterhin auf diese Weise, bis sie von einem fetten Budenbesitzer erwischt wurde. Er drohte ihr Prügel an, doch aufgrund ihrer Erfahrung aus dem Heim kannte sie das Spiel. So verkaufte sie sich das erste Mal für ein wenig zu essen. Der Budenbesitzer ließ sich die Gelegenheit natürlich nicht entgehen und griff häufiger auf ihre Dienste zurück. Immerhin hatte sie genug zu essen und es war nicht so zwanghaft wie es im Heim der Fall war. Dachte sie zumindest. Außerdem tat ihr der Mann nicht so weh, wie es im Heim üblich gewesen war.

Irgendwann sprach sich dann herum zu was sie in der Lage war und so führte eines zum anderen. Letztendlich war sie auf dem Kinderstrich gelandet und verkaufte sich, um überleben zu können. Und genauso fühlte sie sich auch. Doch sie würde nicht aufgeben. Als sie das Abteil betreten hatte, war ihr Blick sofort auf den fetten Bullen gefallen, der dort drüben saß. Sie hatte schon umkehren und ein anderes Abteil aufsuchen wollen, aber dann hatte sie die Wut gepackt. Nein, sie würde nicht weichen. Sie würde sich still in die Ecke setzen und so ihre Würde bewahren und ihre Form des Kampfes führen. Dann ließ sie ein verächtliches Schnauben ertönen, als dieser nervöse Mann am Fenster sie musterte und dann hastig seinen Blick abwendete. Er zitterte leicht und hatte Schweiß auf der Stirn. Eigentlich sah er gut genährt aus und hatte gute Kleidung. Sie schüttelte den Kopf, was einen heftigen Schmerz durch ihren zerschnittenen Arm sandte. Leise stöhnend ließ sie sich auf einen Sitz sinken. Sie konnte nicht begreifen, warum sich diese Leute, denen es offensichtlich saugut ging, selbst kaputt machten, indem sie sich an irgendwelche Drogen hängten. Unter ihren Kunden waren auch solche, die auf irgendeinem abstrusen chemischen Gebräu Sex mit einem Kind haben wollten. Trotz ihres jungen Alters hatte sie schon einiges begriffen. Sie hatte es müssen, denn ansonsten wäre sie schon längst vollends abgesackt.

Die letzten Erlebnisse kamen ihr wieder ins Gedächtnis. Mochte dieser Wichser seinen scheiß Magen auskotzen. Und seine Gedärme gleich mit. Sie hätte wirklich nicht mit ihm gehen sollen. Diese Ganger waren irgendwie alle Perverse und heute hätte der Begriff Gang-Bang eine traurige Erfüllung gefunden, wenn sie nicht die Falle gerochen und diesem Scheißkerl mit voller Wucht in die Eier und nochmal in den Magen getreten hätte. Sie war wirklich flink, das hatte ihr schon so manches Mal Unannehmlichkeiten erspart, dennoch war sie einem der Ganger, die auf einmal hinter ihr auftauchten zu nahe gekommen und hatte mit einem hastig gezogenen Messer einen Schnitt in den Arm bekommen. Sie hätte heulen können, wäre ihr das nicht schon vor Jahren vergangen. Da waren gut zehn dieser Wichser gewesen, die sie vergewaltigen wollten. Und dann auch noch mit Messern auf sie losgingen. Soviel Feigheit machte sie wieder fuchsteufelswild, doch sie hatte schon früh gelernt, daß sie nur versuchen konnte zu überleben. Mehr war kaum drin und Fairness gab es da draußen auch nicht.

Seufzend krümmte sie sich schutzsuchend zusammen. Der Schnitt brannte wie die Hölle und sie würde ihn nähen lassen müssen. Glücklicherweise kannte sie jemanden der das machen würde und zu dem sie gerade auf dem Weg war. Dann senkte sie den Blick und versank einmal mehr in ihren unruhigen Gedanken.

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