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es war einmal...

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Blake (*) schrieb am 23-10-2004 0:42:23 : Moment der Wahrheit
Ich weiß nicht, wie lange ich schon vor dem Spiegel stehe, am Kragen nestle und versuche, diese Fliege zu binden. Wer hat überhaupt festgelegt, dass zu einem Smoking eine Fliege gehört?
Ich seufze und versuche es erneut - allmählich scheine ich den Dreh herauszubekommen. Ein Blick auf die Uhr treibt mich zur Eile und ich spüre, wie sich meine Herzfrequenz erhöht. Gleich ist es soweit.
Ein letztes Zurechtrücken, ich trete einen Schritt zurück und begutachte mein Werk. Soweit so gut. Steht mir der Smoking. Wenn nur diese Fliege nicht wäre...
Wieder ein Blick auf die Uhr, nun aber los.
Ich ziehe ein letztes Mal das Sakko glatt, eigentlich unnötig, sitzt wie eine Eins. Und hibbelig bin ich, kenne ich sonst gar nicht von mir. Ein Kribbeln im Bauch, scheinbar die sprichwörtlichen Schmetterlinge. Noch einmal tief durchatmen, dann drücke ich den Summer.
Es dauert einen Moment, dann gleitet die Tür mit einem leisen Zischen zur Seite und da steht sie! Ich will etwas sagen, aber mehr als ein 'wow' bringe ich nicht heraus. Ich komme mir unbeholfen vor.
Sie scheint die Situation zu genießen, schenkt mir ein strahlendes Lächeln.
„Danke, du siehst auch gut aus".
Die Sekunden, bis sie das sagt, erscheinen mir wie eine Ewigkeit. Die Schmetterlinge fahren Achterbahn.
Sie sieht atemberaubend aus. Das lange bordeauxrote Abendkleid, die Kette, die ihren makellosen Hals schmückt, das perfekte Make-up. Ich finde einfach keine Worte, sehe sie nur an.
„Wollen wir dann?"
Sie sieht mich aus ihren rehbraunen Augen erwartungsvoll an. Ich nicke wieder nur, räuspere mich. Die Stimme ist belegt. „Klar". Ich räuspere mich erneut. „Darf ich bitten?" Ich strecke ihr die Hände entgegen. Allmählich werde ich wieder Herr meiner selbst.
Sie ergreift meine Hände, hakt sich bei mir ein. Wir flanieren los, haben es nicht eilig. „Wohin gehen wir?" Sie schaut mich neugierig an. „Lass dich überraschen, ich bin sicher, es wird dir gefallen". Ein Lächeln umspielt ihre Lippen und sie schmiegt sich an mich. Ich spüre die Wärme ihres Körpers. Die Schmetterlinge erinnern erneut heftig an ihre Anwesenheit.
Wir sind da, stehen vor 'Chez Gaston', dem französischen Restaurant. Weit über die Grenzen des Systems hinaus bekannt.
Der Chef selbst begrüßt uns, fröhlich, fast jungenhaft und dennoch mit formvollendeter Professionalität. Er nickt mir zu. +f=OldLace.„Es ist alles vorbereitet, Monsieur Blake. Hier entlang bitte". Er bedeutet uns, ihm zu folgen.
Ein sanfter Stoß in meine Rippen. „Was heißt denn 'alles ist vorbereitet'? Und woher kennt er dich, Greg?" Ich schaue sie an, lächle. „Nicht so neugierig, du wirst schon sehen".Ein skeptischer Blick, ein leichtes Nasekräuseln, aber sie fragt nicht weiter.
Wir treten durch eine große Flügeltür ins Herz des 'Chez Gaston'. Der stilvoll eingerichtete und in dezenten Farben gehaltene Raum ist sonst nur besonderen Personen vorbehalten. Der Raum ist dunkel. In seiner Mitte steht ein festlich gedeckter Tisch, beleuchtet von zwei mehrarmigen Kerzenleuchtern aus Silber. Von der Tür bis zum Tisch liegt ein roter Teppich, flankiert von unzähligen brennenden Kerzen. Der Raum ist erfüllt von leiser Jazz-Musik. Sie scheint von überall und nirgends zu kommen.
Langsam schreiten wir den Teppich entlang. Aus den Augenwinkeln erhasche ich einen Blick auf meine Begleitung. Ich fühle mich wohl, die Nervosität ist verschwunden. Die Schmetterlinge sind noch da.
Wir sitzen am Tisch, schauen uns in gegenseitig tief in die Augen, unsere Fingerspitzen berühren sich. Die Welt herum scheint verschwunden.
Der Ober. Er holt uns zurück in die Wirklichkeit.
Sie blättert in der Speisekarte, ich werfe nur einen kurzen Blick hinein. Alles auf französisch, aber ich weiß bereits, was ich will. Ich lege die Karte weg, schaue sie an. Sie studiert weiter die Karte, lässt sie dann sinken. „Was ist?“ „Nichts, ich schaue dich nur an“. Sie errötet leicht, senkt den Blick, scheint sich hinter der Karte verstecken zu wollen.
Das Essen ist gut. Das Restaurant hat seinen Ruf zurecht. Wir werden wiederkommen.
Hand in Hand verlassen wir das Restaurant.
„Greg?“ Sie bleibt stehen. Ich ebenfalls, wende mich ihr zu. „Ja?“ „Vielen Dank“. Ich will etwas erwidern, ihr sagen, dass ich noch mehr geplant habe, aber sie legt mir ihren Zeigefinger auf die Lippen. Die Luft scheint zu knistern. Ich kann ihren Atem hören. Ein geheimnisvolles Funkeln in ihren Augen. Ich spüre ein Kribbeln im ganzen Körper. Da ist er, der Moment der Wahrheit. Plötzlich schießen mir tausend Gedanken durch den Kopf.
Sanft ziehe ich sie zu mir heran. Unsere Lippen nähern sich einander, berühren sich. Erst zart und vorsichtig, dann fordernder. Ich spüre ihre Zunge.
Eine Woge der Gefühle schwappt durch meinen Körper. Ein Gefühl der Glückseeligkeit.
Im nächsten Moment ein Schmerz in der Brust, als ob ein Schraubstock sie zusammenpresst. Es nimmt mir die Luft zum Atmen. Ich japse nach Luft...

Ruckartig wurde Blake aus dem Schlaf gerissen. Nach Luft japsend wurde er Tinka gewahr, die quer über seiner Brust lag und in aller Seelenruhe schlief. „Tinka, sofort runter da. Du bist zu schwer für solche Scherze“. Widerwillig murrend erhob sich die Braunbärkatze und trollte sich in ihre Ecke.
Sich den schmerzenden Brustkorb reibend, warf Blake ihr einen bösen Blick zu. „Ausgerechnet jetzt. Dein Timing könnte gar nicht schlechter sein“.
Tinka sah ihn mit einem dermaßen schuldbewussten Blick an, dass Blake lachen musste. „Na, komm her, lass uns spazieren gehen. Ist zwar noch früh, aber schlafen könnte ich jetzt eh nicht mehr“.
Noch eine ganze Weile dachte er über den Traum, den er gehabt hatte, nach. Wurde Zeit, dass er endlich zur Tat schritt.

Kontakt: ICQ :
  • Moment der Wahrheit - Blake(*) - 23.10.2004 0:42:23
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