Stories

es war einmal...

[neuer Thread|faq|Threads ein/aus klappen]

Zaubermaus (*) schrieb am 15-01-2005 23:49:27 : Die Wege des Herrn ...
"Bruder Johannes, wir müssen uns noch einmal über die Preise unterhalten ... ich weiß, Ihr Kloster ist arm, aber der Markt für Ihre Produkte ist hart umkämpft und auch ich muß leben."
Diese Art von Unterhaltung war Zaubermaus unangenehm, denn sie mochte den Mönch und seine freundliche Art gut leiden und wollte ihn eigentlich auch nicht über den Tisch ziehen, doch tief in ihrem Inneren wußte sie, daß sie eines mehr als alles andere liebte: Geld. Credits, so viel sie bekommen konnte. Und darum feilschte sie um jeden Cent. Nicht, daß sie nicht bereits alles hätte, was sie braucht. Ein großes Clanschiff, eine gut ausgebaute Raumstation, ein florierendes Geschäft, jeden Luxus, den sie sich nur wünschen konnte und nicht zuletzt ein enormes Vermögen. Aber gegen unrentable Geschäftsbeziehungen besaß sie nach wie vor eine grundlegende Abneigung, auch wenn der Handel einen caritativen Anstrich hatte. Sie nahm Bruder Johannes unter dem Arm und zog ihn sanft in Richtung des großen Eingangstorbogens des Klosters, wo sie hoffte etwas ungestörter zu sein, während sie gleichzeitig immernoch gut die Beladung der Frachtshuttles im Blick hatte.

"Ich bitte Sie, Sie wissen so gut wie ich, daß unsere Erlöse aus dem Warenverkauf kaum unsere Kosten für den laufenden Betrieb des Ordens decken. Denken Sie doch an all die Einrichtungen, die wir hier finanzieren müssen ... das Hospital, zwei Internate für Waisen und bedürftige Kinder, caritative Projekte, Altenbetreuung, die historische Bibliothek etc. etc. ..."
brachte der Klostervorsteher seine Einwände gestenreich und mit beschwörender Stimme vor.

"Mir ist bewußt, daß Sie hier sehr viel bewegen, lieber Bruder, und deshalb nehme ich auch immer gerne Ihre Produkte in mein Sortiment. Aber ein Geschäft bleibt ein Geschäft und sollte doch zumindest null auf null aufgehen, finden Sie nicht?"
entgegnete sie und bemühte sich, so sanft wie möglich zu wirken, obwohl längst die Lust am Feilschen und Pfennigfuchsen in ihr geweckt war.

"Nun, ist es nicht eher so, daß Sie einfach viele Kunden vor allem für die Lebensmittel und das Klosterbier finden? Und die Preise auf der Station sind nicht von schlechten Eltern, trotzdem wird Ihre Nachfrage immer größer ... aber vielleicht sollten wir über einen Direktvertrieb in der Hauptstadt und im Raumhafen von Hitchborough nachdenken, schließlich wollen wir Sie ja nicht in den Ruin treiben ..."
Johannes schmunzelte und nahm mit Genugtuung das säuerliche Gesicht seiner hartnäckigen Geschäftspartnerin zur Kenntnis.

"Aber Bruder Johannes, wir haben bestehende Verträge ... wie können Sie nur an so etwas denken?"
Sie war schon ein wenig aus der Fassung geraten und das ärgerte sie gewaltig.

"Da haben Sie wohl recht, meine Liebe, die haben wir zweifelsfrei ... und sie regeln auch die Preise ... Sie verstehen mich?"

Gerade wollte Johannes ihr vorschlagen, den Zwist bei einer zünftigen Klostermahlzeit zu vergessen als eine heftige Erschütterung ihn zu Boden warf. Der Boden bebte gewaltig und über ihnen knirschte und krachte es im Gebälk, Mörtel und kleine Steine fielen auf sie herab. Zaubermaus war nicht gefallen, doch sie war vor Schreck unfähig sich zu bewegen. Fassungslos schaute sie zuerst nach oben, dann nach dem Mönch, als ein mächtiger Stoß die Erde erneut erschütterte. Überall um sie herum flohen die Menschen in Panik. Einige, die draussen von herabfliegenden Teilen getroffen wurden versuchten sich in die Shuttle zu retten, andere rannten aus den Häusern heraus. Sie wurde jäh aus ihren Gedanken gerissen, als sie ein großer Balken am Rücken traf, sie umwarf und ihr linkes Bein einklemmte. Sie lag auf dem Rücken, aus den Augenwinkeln sah sie den Bruder, wie er versuchte, sich von allerlei Schutt zu befreien. Über sich konnte sie erkennen, daß nochmehr der Balken sich lösten und das Gestein frei gaben, das um und auf sie hinab fiel. Sie wollte sich vorbeugen, um sich von dem Balken auf ihrem Bein zu befreien, als sie etwas Großes am Hinterkopf traf und sie das Bewußtsein verlor.

Als sie langsam wieder zu sich kam konnte sie sich nicht bewegen. Dunkelheit umfing sie und das Atmen viel ihr sehr schwer, sie spürte einen heftigen Schmerz in ihren Beinen und dem Kopf, ihre Hand schien zu pulsieren und brannte. Es dauerte eine Weile, wie lang vermochte sie nicht zu sagen, bis sie realisierte, daß sie eingeschlossen war. Die Erinnerung an das Beben kam zurück und sie vermutete, daß sie noch immer unter den Trümmern der Klosterpforte begraben war. Sie versuchte sich zu konzentrieren und Geräusche zu hören, doch es war nichts zu vernehmen. War sie alleine? Waren alle anderen umgekommen oder geflohen? Oder war der Schutthaufen um sie herum so hoch, daß sie nichts hören konnte? Diese Ungewissheit lies sie nervös werden und sie konnte keinen klaren Gedanken fassen was zu tun sei. Sollte sie versuchen sich selbst zu befreien? War das überhaupt möglich? Fest stand, daß sie verletzt war und sie war nicht sicher ob Bewegungen, soweit überhaupt möglich, eine gute Idee waren oder ihre Lage nur verschlimmerten. Aber war nichts tun und auf Hilfe warten eine Alternative? Sie war in einer kleinen Aushölung gefangen, doch ihre Atemluft war begrenzt und würde kaum noch lange ausreichen.

Also doch bewegen ... nein, Unsinn, dann verbrauche ich noch mehr Luft, das ist aussichtslos, ich werde jämmerlich ersticken bevor ich frei bin ... aber wenn ich einfach hier liegen bleibe und sie finden mich nicht ... sollte ich nicht versuchen mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen statt auf andere zu vertrauen?
flogen ihre Gedanken hin und her und sie wurde stetig unruhiger.

Letztlich bewegte sie sich reichlich unkoordiniert und brachte mit viel Mühe ihre Arme frei. Einen großen Nutzen brachte es freilich nicht, denn rasch merkte sie, daß sie nichts bewegen konnte, zu schwer waren die Gesteinsmassen. Immerhin fand sie einen Eisenstab im Geröll neben sich. Sie versuche ihn heraus zu ziehen, vielleicht ließ er sich ja zum Graben verwenden. Als sie ihn endlich in Händen hielt, stellte sie fest, daß er als Werkzeug zu Gänze ungeeignet war. Frustriert warf sie ihn gegen eine kleine Metallplatte. Das klingende Geräusch gab ihr neue Hoffnung. Sie ergriff so gut es in ihrem steinernen Gefängnis ging die Platte und drosch mit der Eisenstange darauf herum. Sollte irgendwer da draussen noch am Leben sein, so müßte er oder sie sie doch hören und ihr zur Hilfe eilen. Doch die Zeit verging, es kam ihr wie eine Ewigkeit vor und nichts geschah. Langsam wurde ihr warm und die Luft immer stickiger. Ihr begannen die Sinne zu schwinden.

Hier liege ich nun unter einem Haufen Dreck von einem uralten Gemäuer, wie eine Kakerlacke zerquetscht und werde ersticken. Und kein Schwein kommt mir zur Hilfe. Ich frage mich wie dumm die da draußen sein müssen nicht zuerst nach mir zu suchen. Die sollten doch wissen, daß sie eine Belohnung bekommen. Was wollen die von den Mönchen? Ein Faß Freibier? Wir haben doch Bergungsgerät auf der Station, wo bleiben die denn ... ohhh, Gott, wenn es Dich gibt und Du mir hier noch raus hilfst dann bekommen die Ritter vom Nie hier einen, nein zwei Credits mehr pro Fass, ich schwörs ... ok, eine Spende für das Kloster und die Bagger auch ... gut, vielleicht auch noch ...

Sie verlor das Bewußtsein, der Sauerstoffvorrat in ihrer Blase war nahezu aufgebraucht. Sie hörte nicht mehr das Bellen der Spürhunde und das Klirren der Schaufeln der Helfer.

Als sie aufwachte war das erste was sie sah ein helles, warmes, weißes Licht in der Ferne, das eine beruhigende Wirkung auf sie ausübte. Sie fühlte sich leicht, wenn auch etwas benommen. Es war als wären Zentnerlasten von ihren Schultern genommen worden, doch ihre Gedanken waren wirr und ungeordnet. Sie hörte eine Stimme, die einen Namen rief, doch sie konnte ihn nicht zuordnen. Die Stimme schien aus dem Licht zu kommen und sie versuchte sich in seine Richtung zu bewegen.

Ich bin tot, ich habe es nicht geschafft ... das Licht, die Stimme ... es hat mich erwischt
dachte sie,
Das muß es sein ... aber warum? Was ist mit mir passiert. Ich kann doch nicht einfach so tot sein.

Sie durchzuckte der Gedanke, was sie hinter dem Licht wohl erwarten würde. Sie war alles andere als ein gläubiger Mensch, doch nun dachte sie mit Sorge daran, daß sie vielleicht nicht immer moralisch gehandelt haben könnte. Wenn sie sich doch bloß an etwas erinnern könnte. Sie nahm all ihren Mut zusammen, schloß die Augen und wollte in das Licht rennen, um es hinter sich zu bringen und sich der grausamen Wahrheit zu stellen, als sie die Stimme erneut hörte, diesmal deutlich und ganz aus ihrer Nähe.

"Rosa Francisca Maria Molas y Vallvé, können Sie mich hören? Um Gottes Willen, hören Sie doch auf so zu strampeln! Ihre Verletzungen brechen doch auf!"

Sie öffnete die Augen und sah das rundliche Gesicht einer der Schwestern der Armen Ritterschaft Christi vom Salomonischen Tempel in ihrer typischen weißen Ordenstracht mit dem roten Tatzenkreuz. Auf ihrer Tracht war ihr Name Schwester Franziska eingestickt. Nun erkannte sie auch, daß das Licht lediglich einer der altmodischen Wärmestrahler war, die hier noch verwendet wurden. Sie sah an sich herunter, besah sich den Verband an ihrem linken Bein, die verkrazten Arme mit den blauen Flecken, sie spürte einen Verband um ihren Kopf.

"Ich lebe ... Gott sei Dank ... wo bin ich? Wie komme ich hierher?" fragte sie leise. "Und vor allem ... wer bin ich?" fügte sie nach einer Pause hinzu.

"Sie hatten Glück, Rosa, sie wurden im letzten Moment gefunden. Es gab ein gewaltiges Erdbeben als der Krater des Lugus Peak explodierte und der Vulkan ausbrach, die ganze Region ist verwüstet, viele Menschen sind gestorben, viele werden noch vermißt und die Zahl der Verletzten und Obdachlosen ist nicht abzuschätzen. Der größte Teil des Klosters und der anderen Ordensgebäude in der Nähe sind dem Erdboden gleich. Einige unserer Ritter der Militia Christi waren in der Nähe von Shurion und empfingen die Notrufe. Sie landeten und suchten nach Opfern und fanden unter anderem Sie durch ihre Klopfzeichen unter einem eingestürzten Torbogen. Nun sind Sie in den Untergeschossen unseres Hospitals, die wir notdürftig hergerichtet haben um die Verletzten zu versorgen. Hier, Kind, trinken Sie etwas davon."
Sie hielt ihr eine scheußlich riechende Brühe unter die Nase und auch wenn sie normalerweise sich geweigert hätte so etwas auch nur in ihre Nähe zu lassen, so trank sie jetzt ohne jeden Widerspruch. Wohlige Wärme durchströmte ihren Körper und für einen Moment vergaß sie all ihre Schmerzen.

"Aber wer bin ich denn nun? Was tue ich hier? Wann darf ich das Hospital verlassen?"
"Langsam, langsam ... ich kann Ihnen auch nur Ihren Namen sagen, mehr weiß ich auch nicht. Soweit mir bekannt ist kamen Sie mit den Leuten von der Raumstation herunter."
"Eine Raumstation? Ich komme von einer Raumstation? Kann ich mit dieser Station Kontakt aufnehmen? Haben Sie ein Comgerät, Schwester?"
"Es tut mir leid, damit kann ich Ihnen nicht helfen, es muß draußen im Feldlager eines sein. Wir haben dort Zelte aufgeschlagen, in denen wir die Hilfe koordinieren und sie benötigen alle Technik und Kommunikationsmittel, derer wir habhaft werden können. Wenn es Ihnen besser geht werde ich Sie hinausbegleiten."
"Nein, ich muß jetzt hinaus, gleich, sofort, verstehen Sie? Vielleicht sucht mich meine Familie, falls ich denn eine habe."
Sie versuchte sich aufzurichten, was ihr gründlich mißgelang.

"Nun, wie Sie wollen Fräulein Rosa, Sie scheinen ja nicht verstehen zu wollen wie unsere Situation ist. Wir liegen hier weit abseits von jeder größeren Ansiedlung auf einem Hochplateau in 18.000 Metern Höhe am Fuße des Mount Cooki. Wir brauchen alles was sich bewegt zur Evakuierung der Opfer und können niemanden spazieren fliegen oder nach Hause telefonieren lassen."
Sie rollte Rosas Bett durch den Raum, die altmodischen Infusionsflaschen im Schlepptau, hinaus zur Rampe und die Rollsteige hinauf. Das Hospital lag leicht erhöht oberhalb des eigentlichen Klosters, so daß man einen guten Überblick über das weitläufige Gelände erhielt.

"Mein Gott ..." stammelte Rosa als sie das Chaos überblickte. Sämtliche Gebäude waren eingestürzt oder stark beschädigt. Trümmerteile lagen auf den Wegen und Plätzen, Bäume waren umgestürzt, Leitungen geplatzt, Wasser spritze und Feuer loderten. Am schlimmsten jedoch traf sie der Anblick der Menschen. Dort, wo auch sie begraben war, am Eingang des Klosters, war ein großer Stapel von großen Säcken mit Leichen. An einigen Stellen des Mauerwerks war das Rot von vergossenem Blut zu erkennen. Andernorts waren einige Tote noch nicht ausgegraben worden oder abgetrennte Gliedmaßen nicht beseitigt worden. Ihr wurde übel von diesem Anblick und Tränen traten ihr in die Augen.

Schwester Franziska schob sie zurück ins Untergeschoss, brachte ihr einige Taschentücher und etwas Kaffee.
"Meine Güte ... und ich habe das überlebt? Man fühlt sich so hilflos und unnütz wenn man dieses Elend sieht und nichts dagegen tun kann" stammelte Rosa.

"Schlafen Sie etwas, Sie haben Ruhe nötig. Wenn Sie sich gut genug fühlen können wir morgen schauen, ob wir etwas finden, wie Sie sich nützlich machen können."

Franziska zog den Vorhang vor dem Bett zu und ging nach draußen.

"Wie geht es ihr?" fragte sie Bruder Johannes. Er schien gänzlich ohne Plessuren davon gekommen zu sein, doch auch er trug unter seiner Kutte einige Verbände. Als alter ehemaliger Ordenskämpfer war er jedoch gewohnt mit derartigen Verletzungen umzugehen und sie behinderten ihn nur wenig.

"Gut, sie hat keine wirklich schlimmen Verletzungen, nur eine psychogene, retrograde Amnesie. Der Arzt sagt, das wird sich wieder geben, er hat eine Positronenemissionstomographie des Neocortex durchgeführt . Aber denkst Du es ist wirklich eine gute Idee sie über ihre wahre Identität im unklaren zu lassen?"
Franziska hatte dabei kein allzu gutes Gefühl.

"Du kennst sie nicht so gut wie ich. Sie ist gierig, egoistisch und herzlos geworden seit sie dieses riesige Vermögen besitzt. Solange sie nicht in Gefahr ist wird ihr diese Erfahrung hier nicht schaden und dieses arrogante Gör etwas Demut vor dem Herrn lehren."
Bruder Johannes wandte sich ab und ging zurück zu einer Gruppe von Mönchen, die dabei waren in den Trümmern des Haupthauses zu graben.



Am nächsten Morgen erwachte Rosa aus einem unruhigen, traumlosen Schlaf. Immer wieder war sie aufgewacht, die Bilder des Vortags gingen ihr nicht aus dem Kopf und der Gedanke beinahe Opfer dieses Schreckens geworden zu sein machte sie nachdenklich. Sie schreckte jäh aus ihren Gedanken aus, als Schwester Franziska mit einem Ruck den Vorhang vor ihrem Bett zur Seite schob.

"Guten Morgen, meine Liebe, ein sonniger Tag wartet auf uns und ich habe bereits eine Aufgabe für Sie ausgesucht, falls Sie sich gesund genug fühlen, junges Fräulein"
Franziska lachte, als ob es nie irgendeine Katastrophe gegeben habe.

"Schwester Franziska, wie schaffen Sie es nur bei all diesem Elend und dem Streß, dem Sie hier ausgesetzt sind immer so fröhlich zu sein? Berührt Sie das Schicksal dieser Menschen denn nicht?"

Franziska schaute überrascht auf und legte die Stirn in Falten.
"Wie kommen Sie denn darauf, mein Kind? Natürlich berührt es mich. Viele der Opfer habe ich gekannt, einige waren meine Freunde. Oder denken Sie nur an die Schulkinder im Internat! Ich habe sie jeden Tag gesehen. Wie können Sie nur so etwas denken?"

"Aber wie können Sie dann lachen in dieser Zeit? Mir gehen die Bilder des Grauens nicht aus dem Kopf, ich kann an nichts anderes denken."

"Ach Rosa, was denken Sie wie viele schwere Zeiten ich schon mitgemacht habe? Das Leben hier auf Shurion ist kein Zuckerschlecken und in dieser verlassenen Bergregion mit all ihren Vulkanen um uns erst recht nicht. Dieses Beben ist wahrlich nicht das erste, wenn auch sicher eines der schwereren. Aber was auch kommt und wer von uns auch gehen muß, es wird immer weiter gehen und mir bleibt stets mein Glaube an unseren Herrn Jesus Christus. Ich weiß, wenn ich nach seinen Geboten lebe dann werde ich alle meine Lieben eines Tages wiedersehen und das gibt mir die Kraft weiter zu machen. Und es motiviert mich auch anderen von unserem Heiland zu erzählen und sie auf den rechten Weg zu führen."

"Erzählen Sie mir davon, wie Sie hierher gekommen sind ... ich meine, hier kommt man ja nicht freiwillig hin ... Entschuldigung, das war nicht böse gemeint ..."

"Schon gut, ich verstehe, was Sie meinen ... viele wissen nicht mal, daß es uns hier gibt, obwohl sie sehr wohl den Orden kennen. Meine Eltern waren Zuckerrohr-Farmer in der Ebene von Koltschuk, sie wurden von einem shurion'schen Säbelzahntiger getötet als ich acht Jahre alt war. Die Farm wurde von meinem Vormund verkauft und ich in ein Waisenhaus des Ordens in der Hauptstadt gebracht. Nach der Grundschule kam ich hierher ins Internat ... und fand in dieser Einsamkeit meinen inneren Frieden und meinen Glauben. Seit dem bin ich hier und trat nach der Schule dem Orden bei."

"Waren Sie niemals woanders? Oder hatten Sie nie den Wunsch etwas anderes zu machen?"
Rosa war sichtlich beeindruckt, aber auch etwas verwirrt. So wenig sie momentan über sich selbst wußte, so spürte sie doch, daß eine solche Opferbereitschaft und Hingabe an eine Aufgabe nicht ihrem Wesen entsprach. Und auf eine gewisse Weise beschämte sie das.

"Nun ja, ich war auf einigen Pilgerfahrten, auf der Erde in Jerusalem zum Beispiel. Aber das ist sicher nicht das woran Sie gedacht haben. Es hat mich nie danach verlangt von hier fort zu gehen. Warum auch? Ich habe doch alles was ich brauche ... eine Familie in den Brüdern und Schwestern, eine Aufgabe, die mich ausfüllt und ein Heim, in dem ich mich geborgen fühle ... gut, es stürzt von Zeit zu Zeit ein, aber es ist mein Zuhause."
Schwester Franziska half ihrer Patientin aus dem Bett und reichte ihr ihre Kleidung.

"Was haben Sie denn für eine Aufgabe für mich?"
fragte Rosa neugierig als sie sich anzog. Sie hatte keine genaue Vorstellung warum, aber sie freute sich etwas helfen zu können.

"Wir könnten Hilfe hier im Hospital gebrauchen, es gibt noch viele Verletzte, die jetzt erst geborgen werden können. Trauen Sie sich das zu? Es ist nicht immer leicht anzuschauen."

"Ich will's versuchen ... alles ist besser, als hier zu sitzen und nichts zu tun."
Das war gut gesagt, doch eigentlich wollte sie zunächst einmal der Langeweile entgehen und nach Möglichkeiten suchen etwas Licht ins Dunkel ihrer Identität zu bringen. Aber seltsamerweise, zumindest für sie seltsam, war auch ein gewisser Ehrgeiz in ihr erwacht, es dieser Ordensfrau nachzutun.

"Kommen Sie mal mit, ich werde Ihnen jemanden vorstellen."
Sie zog Rosa am Arm durch die Halle zu einem Krankenbett, in dem ein Mann mit vielen Bandagen und eingegipstem Bein lag.
"Das hier ist Bruder Bernhard, er hat sie gefunden. Leider stürzten die Reste des Torbogens durch die Erschütterungen, die das Bergungsgerät hervor rief auf ihn herab und er verletzte sich dabei schwer. Vielleicht könnten Sie sich revanchieren und mit mir bei der Pflege der Patienten helfen. Fangen wir doch bei ihm an ..."
Sie lief davon, um die notwendigen Utensielen zu holen, während Rosa alleine mit ihrem Retter blieb.

"Nun ... Sie haben mich also gefunden ... ich bin Ihnen sehr dankbar, auch wenn ich mich an nichts mehr erinnern kann."
Sie wußte nicht so recht, was sie mit ihm reden sollte und ob sie die richtigen Worte fand. Er schaute sie nur wortlos an und ergriff ihre Hand und schloß die Augen.

"Ich bin nicht sicher ob er Sie verstehen kann. Er hat einiges abbekommen und eine schwere Gehirnerschütterung, aber ich denke, er weiß wer Sie sind und was Sie ihm sagen wollen."
Franziska war mit einem Wagen voller Betttücher, Bandagen, Medikamente und ähnlichem Gerät zurückgekehrt und begann Bruder Bernhard zu versorgen. Rosa stellte sich zunächst etwas ungeschickt an, doch beim Blick über den überfüllten Saal wurde ihr schnell klar, daß es noch genug Möglichkeiten zum Üben gab.
Bis zum Mittag hatten sie gemeinsam tatsächlich alle Patienten versorgt und Rosa war nicht nur mit den Kräften am Ende. Der Anblick von Blut und Wunden war ihr ziemlich an die Nerven gegangen und sie war mehr als einmal kurz davor davon zu laufen und sich zu übergeben. Sie war froh die Glocke zum Mittagessen zu hören.

"Kommen Sie, wir haben uns eine Pause verdient. Sie müssen doch hungrig sein."
Franziska nahm sie bei der Hand und führte sie nach oben ans Tageslicht. Sie gingen in ein Zelt, das etwas abseits stand und mit Tischen und Bänken sowie einer Feldküche ausgestattet war. Es war bereits gut gefüllt und sie setzten sich zu einer Gruppe von Männern in weißen Uniformen, offensichtlich Rittern der Kampfverbände des Ordens. Die Erbsensuppe war ausgesprochen deftig und sicherlich nicht die Art von Leckerbissen, die Rosa von der Station gewohnt war, doch die Arbeit im Hospital hatte sie hungrig gemacht und so holte sie zweimal nach.
Anschließend versorgten sie weiter die Kranken und es kamen noch immer Neuzugänge, die erst jetzt von den Helfern gefunden oder befreit wurden. Die Sonne ging bereits unter, als sie erneut die Glocke hörten und nach draussen gingen.

"Wie haben heute einen Gottesdienst für die Opfer, möchten Sie nicht teilnehmen?"
Die Art wie Franziska fragte machte klar, daß sie sicher sehr enttäuscht wäre wenn Rosa dies ablehnte. Doch Rosa hatte ohnehin nicht vor Nein zu sagen.

Die Küche vom Mittag war zur Behelfskapelle umfunktioniert worden und alle Helfer machten eine Pause um der Predigt beizuwohnen.

Auf dem Rednerpult, das als Kanzel diente stand Bruder Johannes und sprach über die Katastrophe und Gott, über die Zweifel, die in so schweren Stunden aufkommen und über den Trost, den der Glaube der kleinen Gemeinschaft spendete. Als er zum Schluß kam schaute er wie zufällig auf Rosa herab und ihre Blicke trafen sich für einen Moment.

"Herr,
diese entsetzliche Katastrophe macht uns sprachlos. Unser Herz wird schwer und unsere Anteilnahme gilt den Opfern, ihren Angehörigen und den Menschen in den zerstörten Gebieten. Unsere Gedanken sind bei unseren Brüdern und Schwestern, bei unseren Schülern in den Internaten, den vielen Helfern, die den Tod fanden oder verletzt wurden. Kein schneller Trost ist da, nur das Schreien und Klagen in tiefer Not.

Vor dich, Gott, treten wir mit Worten der Psalmen 88 und 73:

Gott, mein Heiland, ich schreie Tag und Nacht vor dir.
Lass mein Gebet vor dich kommen,
neige deine Ohren zu meinem Schreien.
Meine Seele ist übervoll an Leiden,
und mein Leben ist nahe dem Tode.
Ich bin denen gleichgeachtet, die in die Grube fahren,
ich bin wie ein Mann, der keine Kraft mehr hat.
Ich liege unter den Toten verlassen,
wie die Erschlagenen, die im Grabe liegen.
Deine Schrecken umgeben mich täglich wie Fluten
und umringen mich allzumal.

Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand.
Du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich am Ende mit Ehren an.
Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.
Aber das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte
und meine Zuversicht setze auf dich, Gott.

Liebe Brüder und Schwester, werte Angehörige und Helfer in der Not, so lasset uns nun schweigen und beten.
Amen."


Rosa war berührt von Johannes Worten und ertappte sich, wie sie ihre Hände zum Gebet faltete. Franziska bemerkte es mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Nach dem Gottesdienst unterhielten sich die beiden Frauen noch lange, bevor sie reichlich erschöpft einschliefen.
In dieser Nacht war Rosas schlaf ruhig und traumlos und sie begann den nächsten Tag erfrischt und tatendurstig. Die Arbeit war eintönig und hart, aber der Umgang mit den Menschen und das gute Gefühl, sich für die eigene Rettung revanchieren und etwas Sinnvolles tun zu können erfüllten sie in bislang nicht gekannter Weise.
Einige Tage vergingen und jeden Tag versuchte sie etwas über sich herauszufinden. Sie fragte die Shuttlepiloten aus, die jeden Tag Proviant und medizinische Ausrüstung brachten, doch die waren stehts aus den Städten und konnten ihr wenig Neues erzählen. Am sechsten Tag nach ihrer Rettung endlich traf sie auf eine Besatzung aus ihrer Station im Orbit. Der Pilot war überrascht sie anzutreffen, hatte man ihm doch mitgeteilt, daß sie vermißt und höchstwahrscheinlich tot sei. Er war bereit sie mit an Bord der Station zu nehmen, die zu ihrer großen Verblüffung ihr zu gehören schien. Rosa wollte gerade Franziska davon erzählen, die sie heute morgen merkwürdigerweise noch garnicht gesehen hatte, als sie Bruder Johannes über den Weg lief und ihn fragte, ob er denn wisse, wo sie gerade sei.

"Sie können sie momentan nicht sehen, sie ist erkrankt und kann keinen Besuch empfangen." antwortete ihr der Mönch.
"Was fehlt ihr denn?"
Rosa war besorgt, denn Franziska wirkte am Vorabend noch gesund und munter und war nun wirklich nicht der Typ, der leicht umzuhauen war.
"Sie wissen es nicht? Hat sie Ihnen gegenüber nie etwas erwähnt?"
Bruder Johannes schien überrascht.
"Nun, ich denke, ich kann es Ihnen anvertrauen, sie beide scheinen sich ja sehr gut angefreundet zu haben in den letzten Tagen." Er schwieg einen Moment. "Schwester Franziska leidet an einer seltenen und unheilbaren Blutkrankheit, durch die sie von Zeit zu Zeit in komaähnliche Zustände fällt. In der letzten Zeit werden die Abstände immer kürzer und es steht sehr schlecht um sie. Es ist absehbar, daß sie wohl bald von uns gehen wird, wenn nicht ein Wunder geschieht."

Sie war geschockt und den Tränen nahe, eben noch glücklich endlich einen Schritt zurück in ihre wahre Identität getan zu haben und nun diese Nachricht.
"Bruder Johannes, ich habe eben von einem Shuttlepiloten erfahren, daß ich die Besitzerin einer Station im Orbit bin. Wir könnten sie dorthin bringen, es gibt bestimmt bessere medizinische Betreuung als hier in den Zelten. Lassen Sie mich zu ihr gehen, ich werde sie mit mir nehmen und mich dort um sie kümmern."

Johannes konnte und wollte wenig dagegen einwenden und so führte er sie zu ihr, ließ die Beiden alleine und besprach alles Notwendige mit den Ärzten.
Kurze Zeit später war das Shuttle startbereit und sie flogen zur Station, wo Schwester Franziska in die Medizinische Abteilung gebracht wurde. Am nächsten Tag bestand die traurige Gewissheit, daß die auf Shurion gestellte Diagnose korrekt war. Die Ärzte gaben Franziska noch etwa eine Woche und Rosa wenig Hoffnung, daß sie noch einmal das Bewußtsein erlangen würde.

Die Tage vergingen, Rosa hatte einen ersten Einblick in ihr bisheriges Leben bekommen, auch wenn die Erinnerungen eher blass blieben. Sie fühlte sich auch ausserstande und wenig motiviert mehr nachzuforschen oder sich mit den Menschen in ihrer Nähe zu unterhalten. Sie verbrachte die meiste Zeit an Franziskas Krankenbett und hoffte inständig, daß sie noch einmal erwachen würde. Doch am siebenten Tage wurde sie von den Ärzten geweckt, als sie an ihrem Bett eingeschlafen war. Das Herz der alten Nonne hatte aufgehört zu schlagen und alle Versuche sie wiederzubeleben schlugen fehl.
Rosa blieb einige Minuten alleine mit Schwester Franziska, bevor sie sich in ihr Quartier verkroch, das Kloster verständigte und erst wieder heraus kam, als am nächsten Morgen einige Ordensmitglieder eintrafen um den Leichnam zu überführen. Sie ging auf das Hangardeck, begrüßte die Mönche und Schwestern und ging mit Bruder Johannes etwas über das Promenadendeck.

"Ich habe mich nie bei ihr für alles was sie für mich getan hat bedankt ... und nun werde ich niemals mehr die Gelegenheit dazu haben."
Rosa wischte sich die Tränen aus ihrem Gesicht und legte ihren Kopf an Bruder Johannes' Schulter.

"Sie wußte sicher, was sie Ihnen bedeutete, da bin ich mir sicher. Doch wenn Sie ihr wirklich danken wollen und ihr Andenken ehren und bewahren wollen, dann habe ich da einen Vorschlag ... aber das besprechen wir besser einmal unter vier Augen. Lassen Sie uns doch in Ihr Büro gehen ..."

Sie nickte nur und ging voraus, bot ihm einen Platz an und hörte sich stumm an, was er zu sagen hatte. Sie war überrascht und auch wiederum nicht, sie hatte mit dem Herzen gehofft, zu hören, was er nun vorschlug und mit dem Verstand noch Zweifel gehabt, doch sie erkannte, daß es Sinn machte und es das war, was sie tief im Inneren wollte. Und entgegen allen ihren Gepflogenheiten gab es nur wenige Fragen, keine Diskussionen, sie stimmte einfach zu.

Sie begleitete Johannes anschließend zur Shuttlerampe der Station, wo der Schwester Franziskas Sarg bereits verladen wurde. Sie verabschiedeten sich kurz und vereinbarten sich zur Beisetzung wieder zu treffen.



Drei Tage später fand die Trauerfeier auf dem Klostergelände statt. Ein riesiges Zelt in den Farben des Ordens ersetzte die Kirche. Die Mönche hatten viel Arbeit geleistet und die ersten Gerüste zum Wiederaufbau waren bereits errichtet. Im Zelt war Schwester Franziskas Sarg aufgebahrt, die Bänke waren dicht besetzt. Der Ordensgroßmeister Bertrand de Blanquefort selbst hielt eine ergreifende Rede auf ihr Leben und Wirken. Er schien bereits am Ende seiner Rede zu sein, als er sich noch einmal an die Trauernden wandte:

"Wir sollten Trost suchen nicht nur in den Worten, die der Herr uns durch seinen Sohn Jesus Christus und die Evangelisten verkündigen lies, sondern auch durch die wunderbaren Wege der göttlichen Fügung. Denn so wie ein Teil von uns dahin geht, so ersteht uns durch das Wirken unserer geliebten Schwester Franziska zwar kein Ersatz, jedoch eine Bereicherung unseres Ordenslebens."

Er führte ein kleine Geste mit der rechten Hand aus und eine Gestalt in einem grauen, weiten Umhang mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze erhob sich und ging auf den Großmeister zu. Kurz vor ihm blieb die Person stehen und kniete vor ihm.

"Und so wie alles im Leben und in der Schöpfung einen Kreislauf bildet, so sind auch wir in diesen Kreislauf eingebunden. Und wie der Herr eine von uns zu sich nimmt, so gibt er uns auch neues Leben, in dem er uns diesen, seinen neuen Diener schickt."

Einer der Meßdiener kam und nahm den Umhang ab und sofort versuchten alle zu erkennen um wen es sich wohl handeln möge, doch es war von hinten nicht klar zu erkennen.
Der Großmeister verlas den Ordensschwur und führte das Aufnahmeritual durch. Zum Abschluß ergriff Bertrand sein Schwert und legte es erst links, dann rechts und schließlich auf den Kopf des Novizen und sprach:
"So erhebe Dich nun als Ritter der Militia Christi!"

Er übergab das Schwert in die ausgestreckten Arme des frisch gebackenen Ritters. Es ging ein Raunen durch die Anwesenden als er sich umdrehte, das Schwert erhob und mit lauter Stimme das Ordensmotto sprach:
"Non nobis domine, non nobis sed nomine tuo da gloriam!"

Die anderen Ritter kamen nach vorne um der Reihe nach ihrem neuen Mitglied zu gratulieren und auch der alte Klostervorsteher Bruder Johannes war unter den ersten, die ihren Glückwunsch aussprachen.
"Nun, wie fühlt man sich so als Ritter vom Salomonischen Tempel? Und wie steht es mit unseren Verhandlungen über den Bierpreis, Ritter Rosa Francisca Maria Molas y Vallvé?"

Bruder Johannes schmunzelte ... doch wenn sie je erfahren würde, welche Rolle er bei ihrem Wandel gespielt hatte ... er mochte lieber nicht daran denken.
Kontakt: ICQ :
Hier kannst du nicht antworten!
Hier kannst du nur mit einem Ingamenick schreiben, zu jedem deiner Charaktere wird automatisch ein Charnick generiert, für weitere/andere Ingamenicks kontaktiere bitte das Dev-Team.