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es war einmal...

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Melbar Kasom (*) schrieb am 27-01-2005 22:04:08 : Beweggründe
"...und dann küsste er sie und sie lebten glücklich...."
"...bis ans Ende ihrer Tage."
"Genau, mein Sohn. So, und nun schlaf schön, ja?"
"Ja", der Junge zieht seine Bettdecke noch ein Stück höher, so dass fast nur noch seine Nasenspitze zu sehen ist. Sein Vater beugt sich runter und stopft das Zudeck noch einmal richtig schön fest um ihn rum, damit es auch nicht zieht.

Dann erhebt er sich von der Bettkante, stellt das Buch zurück ins Regal, knipst die Nachttischlampe aus und ist schon fast an der Tür, als sich der Junge nochmals halb erhebt.
"Du, Papa?"
"Ja?", in Erwartung einer Warum-Frage dreht er sich mit einem leisen Lächeln wieder um und bleibt im hell erleuchteten Türrahmen stehen.
"Ach nichts...", er legt sich wieder hin, dreht sich zur Wand und zieht die Decke wieder höher.

Als sein Vater den Raum verlassen hat, wusste er genau was der Kleine fragen wollte. Warum er nicht mit anderen Kindern spielen darf, warum sie soweit außerhalb wohnen, warum er nicht auf eine richtige Schule geht und warum so viele Wachen ihr Zuhause schützen.

Seit jeher in der Geschichte dieses Mondes sind Adelsfamilien fester Bestandteil der Regierung, die aus einem großen Rat besteht. Der Rat wiederum wählt zum Ablauf einer Regierungsperiode einen neuen Ratsherren. Vor 3 Jahren fiel die Wahl auf Ayantola om klava Kasom. Er wurde somit zum dritten om klava Kasom, der dieses Amt inne hatte. Vor ihm sein Vater und dessen Vater. Doch die Zeiten seiner Vorväter hatten sich geändert. Sie sind rauer und tückischer geworden. Nahezu niemandem konnte man noch trauen, nicht mal den eigenen Ratsmitgliedern. So kam es, dass er sich vor einiger Zeit gezwungen sah, seine Familie von der Außenwelt abzuschotten. Denn der Mob und Pöbel begehrte auf.

Und sie sind nicht mehr nur mit Macheten und einfachen Gewehren bewaffnet. Der Schwarzmarkt blüht auf unter dem Einfluss großer auswärtiger Händler, die ihre Chance gekommen sehen, das große Geld zu machen. Dass sie damit einen Bürgerkrieg und eine Revolution unterstützen, interessiert sie nicht. Und noch etwas beunruhigt Ayantola Kasom: von den orbitalen Wachposten kommen wöchentlich Berichte, in denen immer häufiger Söldnerschiffe und ähnliches Gesinde auftaucht. Was plant der Untergrund?

In seine Gedanken versunken ist er den Weg ins Wohnzimmer gegangen, in dem seine Frau sitzt und auf dem Holoscreen eine dieser Vorabend-Serien schaut. Es ist der Abend vor dem großen Konvent über die komplette Öffnung der kleinen Mondkolonie zur Außenwelt und die Debatte über die Frage der Einwanderungspolitik. Ayantola denkt schon seit Wochen nur noch mit Schrecken an diesen Tag. Es wird von ihm gefordert, dass er eine konkrete Stellung bezieht. Doch er sitzt als Ratsherr zwischen den Stühlen der beiden Parteien. Zumal eine Öffnung nach außen auch über die Zeit gesehen heißen würde, dass die Politik, wie sie nun schon seit mehreren hundert Jahren betrieben wurde, sich der breiten Mehrheit anpassen müsste. Was wiederum eine Abschaffung der Stände und des Rates bedeuten würde. Ayantola hält sich nicht für einen dieser verstockten und weltfremden alten Herren, doch ist er dennoch tief mit seiner Herkunft und seiner Lebensart verwurzelt.

Vor 9 Jahren wurde Sharia im angetraut, nachdem sie ihm schon seit mehr als 50 Jahren versprochen war – aus einer Bierlaune ihrer Väter heraus wurden zwei noch ungeborene Kinder miteinander vermählt. Es war unmöglich, sich aus dieser Allianz rauszuwinden. Der Pakt besagte, dass om klava Kasoms Erstgeborener die erste Tochter seines Gegenübers ehelichen sollte, sofern er, om klava Kasom sen., aus dem Rat zurückgetreten ist. Als dies nun geschah, war der Pakt erfüllt und die Kinder, die keine mehr waren, wurden gegen ihren Willen vermählt. Im Laufe der Zeit gewöhnten sie sich aneinander und begannen, sich zu respektieren. So entstand eine andere Art der Liebe. Nicht stürmisch, unvorhergesehen und gewaltig. Sondern leise, ruhig und besinnlich. Aus diesen Gefühlen wurde Melbar geboren, der alles andere als ruhig oder gar besinnlich ist.

Melbar tut nie das, was man ihm sagt, sondern stets das Gegenteil. Er testet seine Grenzen aus und übertritt sie gnadenlos. Mit 7 Jahren legt er ein erstaunliches Ego an den Tag und scheut sich nicht davor, Erwachsene zurechtzuweisen, wenn er der Meinung ist, sie wären im Unrecht.

Fremde mögen ihn liebevoll "Lausbub" nennen, doch solche, die mehr mit ihm zu tun haben, wissen, dass er einen Dickschädel hat und die schlimmsten Allüren, die ihm seine Eltern auch nur anerziehen konnten. Dies geschah vielleicht unbeabsichtigt, doch Melbar verkörpert all das, was man von einer adeligen Familie erwartet. Und dennoch hat er seine Anwandlungen, dass er sich in den hintersten Winkel des riesigen Grundstücks stiehlt und dort auf Bäumen klettert, um zu sehen, was hinter den Mauern ist. Oft genug hat er dort gesessen und großen Jungs beim Surfen zugesehen. Ohne es zu wissen, hat sich in seinem Inneren eine Lebensphilosophie festgesetzt, die sich erst später in ihrer ganzen Vollkommenheit präsentieren wird. Später, und dennoch zu früh...



5 Jahre nach dem Konvent bricht die Revolution des Volkes los und richtet sich gegen die Regierenden. Angeheuerte Söldner und Marodeure überschwemmen das Land, greifen Besitztümer aus der Luft an und sorgen für heilloses Chaos auf dem kleinen Mond.

Das Haus der Kasoms wird nahezu dem Erdboden gleich gemacht und Melbar sieht sich all dessen beraubt, was bis dato sein Leben ausgemacht hat. Sein Vater kommt bei den Angriffen um, seine Mutter flieht mit ihm und der Tochter des Gärtners, die sie weinend in der Ecke des Säulenganges sitzend gefunden haben. An diesem Tag haben sie alles verloren, was sie je hatten. Das Geld auf dem Familienkonto ist geblieben, doch die Trauer um Ayantola bringt sowohl Mutter als auch Sohn nahezu um den Verstand, und eine Frau, die nie hatte einen Finger rühren müssen, sah sich nun gezwungen, sich um zwei Kinder zu kümmern und dafür zu sorgen, dass sie heil aus dieser glühenden Hölle rauskommen.

Mit seinem letzten Blick zurück sieht Melbar, wie sein geliebter Vater unter den Trümmern des zusammenstürzenden Hauses begraben wird und wie über den Trümmern die Jagdschiffe der Söldner fliegen, auf der Suche nach dem nächsten Ziel.
Kontakt: ICQ :
  • Beweggründe - Melbar Kasom(*) - 27.01.2005 22:04:08
    • :) - Lin Yue [SED] - 28.01.2005 1:32:40
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