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Jeb "Smiling" Hanrii grinste frech zu Franc herüber. Nun ja, eigentlich grinste er überhaupt nicht. Vielmehr sorgte die breite Narbe, die von dem Ort, an dem früher einmal sein rechtes Auge gewesen war, bis hinunter zu seinem Mundwinkel reichte, dafür, dass immer ein halbes Grinsen seine ansonsten wirklich abstoßende Visage ansatzweise schmückte. Er war jedoch der Typ Mensch, dem niemals auch nur das leiseste Lächeln auf die wulstigen Lippen kam. Wobei sich manche gar nicht so sicher waren, wie viel Mensch er überhaupt noch war. Nach dem "Unfall" vergangenes Jahr hatte er sich keine dermatologischen Prothesen leisten können. Und so konnte nun jeder, danach meist recht irritierte Betrachter einen Blick auf skelettierte Unterarme aus Titan werfen, an denen sich mehrere Stahlsehnen dehnten und spannten, sofern er wie so oft lediglich ein einfaches Trägerhemd am größtenteils dürren Leib hatte. Das Weiß seiner Keramikhände verlieh ihm neben dem halben Grinsen etwas clownhaftes. In gefährlicher Weise trügerisch, da er in keiner Hinsicht ein lustiger Typ war. Passanten taten in jedem Fall gut daran, ihr Amusement nicht allzu offen auszuleben. Man munkelte, einige Operationen an sich hatte Jeb selbst vorgenommen. Und er sei ohne weiteres bereit, sein Können auch ungefragt an Personen zu demonstrieren, die ihm gegen den Strich gingen oder den seiner Ansicht nach nötigen Respekt entgegenbrachten.
Momentan funkelte er Franc mit einem teils hämischen, teils fragenden Blick an. In seiner Haltung zeigte sich allerdings sachte Unterwürfigkeit. Franc war ihm körperlich drei zu eins überlegen, trotz Jebs Modifikationen. Und natürlich zahlte er gut. Sehr gut meistens.

Franc streckte ihm die Disc hin.
"Transmorphogenetische Wellenchiffrierung, Schlüssellänge unbekannt. Ich brauche es bis in drei Tagen."
Er hatte überhaupt keine Lust, sich auf die manchmal geschwätzige Art und verwirrende Rhetorik von Jeb einzulassen. Wenn er einmal ins Rollen kam, war sein Gelaber kaum noch zu bremsen. Und schließlich landete man meist bei Themen, die von unappetitlichen Sexualpraktiken, Fäkalien oder Tierquälerei handelten. Oder allem zusammen.
"Sososo.", gluckste Jeb.
"Mal wieder von der ganz eiligen Sorte, hm, wie? Jajaja, der gute Jeb, der gute Jeb wird es Dir besorgen. Dir besorgen, was auf dieser lüstern matten Scheibe, ruchlos, im engen, heißen Gewirr tarnender Bits umherflaniert. Werde hinabtauchen, in die feuchten Gefilde des Datenstroms, in Tiefen, so tief, tiiief." Er grunzte wie ein Schwein. Gelächterakrobatik. "Und noch tiefer. Das ist meine Spezialität. Das werd ich tun, na klar. Es ist mir immer ein Vergnügen, und ein Vergnügen soll man nicht rügen, oder so, nicht wahr? Aber nichts ist umsonst, auch nicht hier. Und schon gar nicht heute. Du verstehst? Es sind harte Zeiten, harte Zeiten, man sieht es überall, draußen, drinnen, in mir und... "
Franc zog einen Credit-Stick aus einer der Innentaschen seines Mantels und reichte ihn Jeb. Dieser akzeptierte ihn nach einer ausführlichen Begutachtung nickend.
"Hab ich dir das letzte Mal eigentlich meine neueste Errungenschaft gezeigt, hab ich?"
Franc hob abwehrend die Hände, wissend, dass diese Geste alleine nicht ausreichen würde, um ihn von einer Demonstration abzuhalten.
"Lass es bleiben, ich hab' dafür keine Zeit."
Jeb blickte skeptisch, so gut es mit der Narbe im Gesicht eben ging.
"Keine Zeit, hm, hmhm? Wie? Na fein, fein, geht ganz schnell. Ist wunderschön und selten, selten. Hab's von einem Händler, handelt mit Menschen, auf Maratin, ist'n guter Freund, 'n Guter, ja, daher hab ich's. Also die Basis, die Basis versteht sich. Hab was Schönes, sehr schön draus gebastelt, künstlerische Ader und so, du weißt ja... viel Mühe, viel Mühe hat's mich gekostet. Und viel Schweiß. Und Blut. Aber nicht meins!"
Er bleckte die braunen Stümpfe, die einstmals seine Zähne gewesen sein mochten. Nun sah es tatsächlich beinahe so aus, als ob dieses Wesen lächeln könnte. Er schlug zwei Mal mit der Schocklanze gegen die rückwärtige Tür.
"Meeelindaaa!"

Nach einer Äonen dauernden Zäsur aus Stille konnte man zunächst kaum, dann deutlicher schlurfende Geräusche hinter dieser Tür vernehmen, immer wieder unterbrochen durch ein merkwürdiges Klacken. Bilder eines überdimensionalen, schweren Eispickel, der auf Beton klopft, tauchten vor Francs Augen auf. Auf einmal schien es ihm, als ob der gesamte Raum, in dem er sich befand, mit Watte gefüllt war. Jemand hat den Mute-Knopf für die Zeit-Raum-Linie, auf der er sich gerade befand, aktiviert. Dieser jemand hatte dabei allerdings tückischerweise einer speziellen Tonspur eine direkt Bahn in Francs Gehirn gelegt. Er vernahm jetzt ein leichtes Keuchen, akzentuiert durch hohes, beinahe schrilles Pfeifen eines Patienten mit chronischer Lungenentzündung. Etwas näherte sich. Etwas, dessen Anblick Franc in jedem Fall vermeiden wollte. Doch er registrierte bereits neue Töne und Klänge. Ein saftiges Schmatzen, wie von einem Schwamm, der sich mühsam durch schlammigen Untergrund arbeitet. Ein Röcheln. Dann noch ein eins. Etwas war an der Tür angelangt. Franc konnte es spüren. Eine Essenz des Wahnsinns, die unter dem Türspalt hindurchspülte. Er fühlte sich plötzlich krank. Viren einer unbekannten Krankheit fluteten das kleine Zimmer. Die Luft wurde knapp, das Atmen fiel immer schwerer. Langsam senkte sich die Klinke, knarrend, wie es sich gehört. Millionenfach durch überreizte Synapsen verstärkt.
Und dann, mit einem heftigen Ruck, flog die Tür regelrecht auf.

Die Tür, die wie eine noch verborgene Pforte zum Herzen der Hölle Franc einen Blick auf das Grauen ermöglichte.
Dem absoluten Grauen und dem, was danach kommt.