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Stumpf blickte Alexa durch das kleine Sichtfenster. Fast vier Wochen waren nun schon vergangen, seitdem sie das Bewusstsein wiedererlangt hatte. Vier Wochen, die sie einzig und allein damit verbracht hatte, herauszufinden, was passiert war. Was hatte in ihr diesen hass ausgelöst, diese Wut auf Vivian und die anderen? Egal wie sie die Bilder vor ihren Augen drehte und wendete, es lief immer auf dasselbe hinaus, Ahnungslosigkeit.

Was jedoch noch wesentlich verwirrender als die Vergangenheit war, waren die seltsamen Gefühle und Fähigkeiten, die sich in ihr zu formen schienen. Manchmal, wenn es still war, hörte sie die Stimmen der anderen, konnte fühlen wie sich kleine Kinder ängstigten, Erwachsene ihre Liebe zueinander ausstrahlten. Und dann diese Visionen die sie hatte. Es schien so, als würde sie in andere Welten eintreten, Welten in denen Dinge passierten, die noch weit von der Gegenwart entfernt waren.

«Hallo Schwesterchen.» Alexa hatte Vivian bereits bemerkt, als diese sich noch in einiger Entfernung befand. Insbesondere ihre Gefühle in Bezug auf ihre Schwester waren extrem ausgeprägt. Alexa wusste immer genau, wo sie sich befand, oder an was sie dachte, auch wenn sie Vivian das bisher nicht gesagt hatte. «Komm ruhig rein, oder glaubst du, ich würde beißen?»

Vivian betrat langsam das Wohnzimmer des Quartiers. Alexa hatte es eingerichtet, wie ein kleines Abbild des Salons im Anwesen ihres Vaters. Sie sah sich kurz um, dann setzte sich in einen der Sessel. «Ich bekomme jedes mal eine Gänsehaut, wenn du so was mit mir machst. Woher…» Vivian stockte. «Ich habe eben mit Rhodan gesprochen, er hat mich gebeten, dass wir einer kleinen Sache nachgehen. Ich habe zugesagt, bist du dabei?»

Alexa nickte. «Ich denke schon. Aber gib mir noch etwas Zeit, ich muss noch über einige Dinge nachdenken, und vor allem brauche ich noch eine Dusche. Sagen wir in zwei Stunden auf dem Landedeck?»

Vivian nickte, dann stand sie auf. Wie früher griff sie nach der Hand ihrer kleinen Schwester und drückte diese zärtlich. Dann verließ sie den Raum.

Alexa schloss die Augen und hielt die Luft an. Sie spürte deutlich, wie sich Vivian langsam in Richtung der Turbolifte bewegte. Irgendwie hatte sich ihre Schwester verändert, doch weswegen? Wegen ihr? Wegen der ganzen Sorgen, die sie in der letzten Zeit bewältigen musste? Alexa beschloss, dieser Frage später auf den Grund zu gehen. Nun gab es etwas zu tun.

Seit zwei Wochen gehörten sie und Vivian nun schon zu den Outcasts, einer kleinen Gruppierung von Männern und Frauen die sich hier in den Randgebieten des Miras Systems niedergelassen hatten. Sie alle stammten aus den unterschiedlichsten Systemen und Planten. Jeder Einzelne war aus einem anderen Grund hier und dennoch funktionierte das Zusammenleben aller besser, als anderswo. Schon seltsam, welche Wege das Leben manchmal gehen konnte.

Fast eine Stunde lang stand Alexa unter der Dusche und ließ das weiche Wasser aus dem Duschkopf über ihre Haut fließen. Dies schienen die einzigen Momente zu sein, in denen sie ganz allein für sich war. Keine Stimmen, die zu ihr flüsterten, keine Gedanken die versuchten sich zwischen ihre zu drängen. Einfach nur sie, Alexa.

Exakt zwei Stunden später betrat Alexa das Landedeck der Clanstation. Vivian war gerade damit beschäftigt, die letzten Routinechecks für ihre beiden Schiffe durchzuführen, als sie Alexa bemerkte. «Schön, an deiner Pünktlichkeit hat sich also nichts verändert.» lächelte sie Alexa an.

«Worum geht’s eigentlich?» fragte Alexa, ohne weiter auf das vorherige Thema einzugehen.

Vivian sah sich kurz um, dann deaktivierte sie das Diagnosegerät und schloss die Wartungsluken der beiden Jäger. «Keine Große Sache Schwesterchen. Es gibt Gerüchte, dass die Römer scheinbar etwas vorhaben. Wir sollen uns deswegen ein wenig in ihrem Gebiet umsehen und nach irgendwelchen Anhaltspunkten suchen.»

Alexa nickte. «Also reine Informationsbeschaffung.» kommentierte Alexa die Aufgabe abfällig. «Na dann lass uns mal losflitzen.»

Die beiden Frauen nickten einander zu, dann bestiegen sie die Cockpits der beiden Jäger und begann fast zeitgleich mit den Startvorbereitungen. Alexa brauchte einige Minuten, um sich in dem kleinen Cockpit zurechtzufinden. Zwar war sie bereits mehrmals mit einem Outrider geflogen, aber den Komfort der Eissturm vermisste sie trotzdem.

Weitere Minuten vergingen, während die beiden auf die Starterlaubnis warteten. «Was meinst du, wo sollen wir als erstes nachschauen? Unter ihren Bettdecken?» fragte Alexa über das ComSys.

Vivian lachte. «Nein, natürlich nicht. Wir fliegen einfach mal an ihrer Haustür vorbei, dann werden wir ja sehen, ob da was vor sich geht. Auf dem Rückweg sehen wir uns dann einfach die anderen Stationen an.»

Noch bevor Alexa etwas erwidern konnte, erhielten die beiden die Starterlaubnis und aktivierten die Triebwerke der beiden Jäger. In nahezu perfekter Formation verließen die beiden Kampfschiffe das Landedeck. «Spider one, ich übernehme die Führung.» meldete Vivian wie üblich. Spider war der Codename für ihr Geschwader während die Zahl für die entsprechende Position innerhalb der Gruppe stand.

«Spider two verstanden.» bestätigte Alexa und begab sich in eine Position schräg hinter Vivian. Gemeinsam machten sich die beiden auf den Weg zum Hauptquartier der Römer.

Während des Fluges gab es für Alexa kaum etwas zu tun. Die moderne Steuerung des Jägers übergab die meisten Kontrollen an das Bordsystem welches sich auf alle möglichen Eventualitäten einstellen konnte während der Pilot sich anderen Dingen widmete. Alexa selbst hatte die Augen geschlossen und sich zurück gelehnt. Sie versuchte an gar nichts zu denken, doch immer wieder schlichen sich einige wenige Gedanken ein die ihre Konzentration störten.

«Alexa?»

Blitzschnell öffneten sich ihre Augen wieder. «Hey Spider one, was ist denn aus der Sache mit den Codenamen geworden?» witzelte sie zurück.

«Ach, Schluss mit dem Blödsinn, wir sind sowieso unter uns. Schau dir mal Sektor 21 an.»

Alexa aktivierte die Primärsensoren und richtete sie auf den Sektor aus. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis die ersten Informationen auf ihrem Bildschirm erschienen. Alles war soweit ruhig, bis auf einen Kontakt der langsam im Sektor kreiste. «Sieht mir nach einer Pegasus aus. Soweit ich weiß, ist Sektor 21 ein hervorragendes Gebiet um dort Solarenergie zu gewinnen.»

«Was hällst du davon, wenn wir unsere Mission mal für kurze Zeit zurück stecken, und mal wieder unseren eigentlichen Talenten nachgehen?»

Alexa grinste. Es wäre das erste mal, dass die beiden wieder zusammen „jagen“ gehen würden. «Gute Idee, lass uns mal nachsehen, was es da für uns zu holen gibt.»

Erneut änderten die beiden silbrig glänzenden Jäger ihren Kurs und bewegten sich nun mit maximaler Geschwindigkeit auf das mutmaßliche Handelsschiff zu. Bereits wenige Sekunden später empfingen die beiden weitere Daten. Es handelte sich tatsächlich um eine Pegasus des Konsortiums freier Händler. Ein willkommenes Opfer für die beiden.

«Nimm du einen direkten Kurs, ich sorge dafür, dass unser Freundchen hier nicht verschwindet.» schlug Vivian vor, scherte aus der Formation aus und versuchte nun sich aus dem Sensorschatten der Pegasus zu nähern. Diese schien den ersten Jäger bereits bemerkt zu haben und schlug einen Zick-Zack Kurs ein. Eine gängige Taktik, um es dem Angreifer zu erschweren, einen Treffer zu landen.

Alexa hatte unterdessen die Waffensysteme und die Zielerfassung aktiviert. Die neue Software schaffte es trotz des Zick-Zack Kurses die Pegasus zu erfassen und Alexa feuerte ohne zu zögern zwei Salven aus den gewaltigen Photonengeschützen des Jägers ab. Beide Salven verfehlten ihr Ziel, was auch Alexas Absicht war, schienen den Piloten jedoch weiter nervös zu machen. Einige Sekunden vergingen, dann stieß Alexa den Jäger nach unten und setzte sich direkt hinter die Pegasus. Die Haken des Handelsschiffes wurden nun schneller und erschienen auch wesentlich unkoordinierter.

Alexa sah auf ihre Sensoren und erkannte, das Vivian sich bereit machte. Noch ein paar Minuten und die Jagd würde vorbei sein. Aber vorher wollte sie noch ein wenig spielen. Erneut feuerte sie zwei Salven aus ihren Geschützen ab, dann beschleunigte und setzte sich fast neben die Pegasus.