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Verärgert warf Oxana noch einen letzten Blick auf ihren schiffseigenen Weihnachtsbaum, bevor sie die Brücke der Puerto_Rico verließ. Die Brigantine lag in der Clanstation ‚vor Anker’, der Laderaum mit den Beuten der letzten Enterungen wurde bereits gelöscht und die Wartungstechniker gingen auch schon ihren Arbeiten an und im Schiff nach.

Wenn die Headhunter und Marodeure mir ständig die Weihnachtskugeln und –kerzen klauen, dann bekomm ich den Weihnachtsbaum nie festlich geschmückt. Dabei sollte der doch in vollem Glanz erstrahlen, wenn ich Blake im Eta abhole. So wird der mich sicher auslachen, mit nur einer Handvoll Kerzen und Kugeln. Irgendwas muss ich mir da einfallen lassen.

Nachdem sie alle notwendigen Formalitäten erledigt hatte, war es Zeit für Oxanas persönlichen Rundgang über die Decks der Clanstation. Dazu gehörte der Besuch des kleinen Bistros mit den italienischen Spezialitäten, das Bummeln durch den basarartigen Marktkomplex (hier gab es alles, was das Piratenherz höher schlagen lässt; von Raumkraut über Rum zu spezial gefertigten Schutzausrüstungen und Waffen – legal, nicht ganz legal, illegal und ‚uns doch egal’, das waren die üblichen Einstufungen) und ein kurzer Stopp beim schwulen Frisör, der für gewöhnlich immer über die neuesten Nachrichten und Hintergrundinformationen verfügte.

“Ach du meine Güüüte…Wer kommt denn da? Ich bin entzüüückt!“

Trotz aller modernen Technik, Hairybeard, Besitzer des Salons VokuHila‚ arbeitete noch immer nur mit Kamm und Schere. Ein Grund dafür war sicherlich, dass er so deutlich länger für eine Frisur benötigte und dadurch mehr Klatsch und Tratsch aufschnappen und verbreiten konnte. Auch der Umstand, dass das auf Zeit basierende von ihm verlangte Honorar etwas höher ausfiel, mochte Grund genug sein, nahezu jedes Haar einzeln zu bearbeiten. Nach einer kurzen Umarmung mit der Piratin hatte Hairybeard seine Hände gleich in Oxanas Haar, dass sie aus Bequemlichkeit nur hochgesteckt trug. Fachmännisch öffnete der Coiffeur den Knoten und schlug dann die Hände vor’s Gesicht.

“Oh neeein! Wie siehst duuu denn aus? Was hast du nur wieder deinem Haaar angetan...“ Eilig zog er Oxana auf einen freien Sessel und lies Kam und Schere ihre Arbeit tun.
“HB – dafür hab…“
“Was hast du denn hiiiiier? Tannennadeln?“
“…ich im Moment…“
“Man kööönnte meinen, du hättest mit einem Weeeeeihnachtsbaum gerungen.“
“…eigentlich gar keine…“
“Und dieser Geruuuuch…Pfui!...Wie parfümierte Weeeeeihnachtskerzen.“
“…Zeit. Ich wollte doch…“
“Ich muss dir unbedingt die Spiiiitzen schneeeiden.“
“…nur kurz das…“
“So kann ich diiiiich doch hier nicht raaaausgeeehen lassen.“
“…Neueste an Informationen…“
“Soll ich mich auch um deine Intiiiiimfrisur kümmern?“
“…von dir erf…?!“

Es gibt Momente, in denen man am liebsten einfach im Boden versinken möchte. Dieser war einer davon! Der ganze Salon war aus unerklärlichen Gründen genau zum ‚passenden’ Zeitpunkt still gewesen. Nur das leise Klappern von Hairybeard’s Schere war zu hören, die seinen Ausspruch aber nicht im Geringsten übertönen konnte.

“Nein Danke! Die ist tadellos. Sag mir lieber was es Neues gibt.“
“Lass mich nachdenken…Statiooooonsangriffe im Gra’eeeeel – aaach das weißt du sicher schon. Hm, Feeeeurzeeeuge mit Pin-Up Aufdrucken - derzeit der leeetzte Schrei. Aber ansonsten…ach jaaaa, dieser Lausebengel von Greeeenwooood ist wieder da. Hach, ich sage diiiir, einfach schreeecklich seine Frisur. Er sieht aus, als hätte er Draaaaachen zugeritten. Seine Fiiingernägel – scheußlich! Aber einen tollen Po!“

Pog ist wieder ein gieriger Pirat? Zurück bei der SGP? Na das sind doch endlich mal gute Nachrichten. Da werden die Flüge zum Frasu ja wieder ungefährlicher.

“Aber so gaaaanz ist er noch nicht wieder der alte. Er wirkt seltsam benommen, so als würde er ständig Kiffen. Hihihi, zuuuutrauen würd ich es ihm.“

Die äußerst exquisite Arbeit des Frisörs und die gute Nachricht über Pog’s Rückkehr ließen Oxana den Ärger über die verlorenen Weihnachtskugeln und -kerzen wieder vergessen, doch dieser Zustand dauert nicht all zu lange. Bei der Durchsicht der Nachrichten, die in ihrer Abwesenheit in der Clanstation für sie aufgelaufen waren, kehrte die schlechte Laune wieder zurück.

“Wieder mal bestohlen worden? Wichtige Geheimnisse mal wieder verraten? Angst vor Diebstahl und betrügerischen Mitarbeitern? Das muss nicht sein! Wir können Ihnen helfen – mit den neuen Produkten von Ex-o-Cuter. Kommen Sie zu unseren Präsentationsveranstaltungen. Jeden Montag und Freitag, und weiteren Terminen nach Absprache…blablabla.“

Wütend verschob sie die Nachricht in den Papierkorb und widmete sich den weiteren Nachrichten.

Jetzt gönn ich mir erstmal einen guten Martini, der hilft mir sicherlich wieder ruhiger zu werden.

Da sich die Ruhe nicht so ohne weiteres einstellte, wurde aus dem einen Martini schnell ein zweiter, ein dritter und als sich das sechste Glas leerte, da war Oxanas Stimmung schon wieder wunderbar. Als sie einige Tage später Blake von der Anmeldung zu einer der beworbenen Ex-o-Cuter Präsentationen berichtete, da begründete sie den Einfall mit der berauschenden Wirkung des Martinis. Vielleicht konnte sie ja auf der Präsentation erfahren, wie sie die Weihnachtskugeln besser vor Diebstahl schützen konnte.