Esther Hanigort (*) schrieb am 11-01-2006 23:41:39 :
Inbetriebnahme
Eine Hand, vermutlich weiblich, nicht mehr im besten Zustand, wahrscheinlich ausdauerne Belastung gewohnt, die Haut rissig und von Narben überseht. Leicht glitt sie über das Edelholzfurnier des Steuerrades. Ein Holzsteuerrad auf einem Raumschiff das gerade aus der Werf kam und nahezu 1 Million Credits gekostet hatte würde auf jedem anderen Schiff übertrieben und lächerlich wirken, aber hier auf der Queen Anja passte es genau hin.
Die Queen Anja, ein LexCru Mk.IV Luxusliner von Richards&Hunniworth. In der Luft auf den Gängen hingen noch die Reste der Reinigungsmittel von der Endreinigung bevor sie der King Reederei übergeben worden war. Der neue blinkende Stern am Firmament, benannt nach der Tochter des Eigners, sollte die MaryJo, eine schlechte Ausrede für ein Kreuzfahrtschiff, ab sofort ersetzen.
Die Reederei hatte die Lust am dahingleiten und dem Alltag entfliehen wieder entdeckt. Einer gut betuchten Klientel wurde hier die Möglichkeit geboten sich vielfältiges Farbenspiel in den unendlichen Weiten des Alls anzusehen und nebenbei ein halbes Vermögen bei Glücksspiel und weiteren Vergnügungen zu verspielen, oder andersrum.
Die Hand berührte sacht jeden einzelnen Knopf auf der riesigen Steuerkonsole, ganz so als wollte sie jeden davon einzeln begrüßen bevor hier der hektische Alltag einzug hielt. Mit einer Leichtigkeit die man der doch etwas grob anmutenden Hand nicht zugetraut hätte flog sie über die Displays und Bedienelemente, zauberte unzählige Ausgaben in den Raum. Ein Kenner würde hinter dem skurilen Tanz einen gut choreographierten Systemcheck erkennen, ein zynischer Mensch nur eine dicke, ältere Frau die über die Brücke taumelt.
Dieses Schiff war nur der Auftakt, nach endlosen Wochen der Testflüge, Waffenfeinjustierungen und Lehrgängen war es nun so weit, die Strecke Erde-Sapirn-Nautar-Erde würde regelmässig beflogen werden und bei genügend Interesse könnten sogar noch 1 oder 2 weitere folgen. Da passierte es, womit niemand gerechnet hätte.
Esther verschränkte ihre Arme vor der Brust und lächelte.