Stories

Mit einem Gemisch aus Schaben und Zischen öffneten sich gleichzeitig die Cockpittür und die Verschlüsse an Nemain’s Pilotenhelm, kühle steril schmeckende Luft schwappte vom Stationskorridor in das Cockpit, verdrängte die um einiges wärmere im Inneren, gab dem Piloten eine Illusion von Frische als fremde Hände ihm langsam den Helm abzogen.

Kommandant Naraikina rührte sich nicht, zumindest nicht willkürlich.
Die Anstrengung des ersten Fluges war zuviel gewesen für seinen ausgezehrten Leib, seine steifen Arme hingen wie Bleigewichte an seinen Schultern, vibrierten, zuckten unkontrolliert, spastisch. Das Gefühl in seinen Beinen hatte ihn bereits Minuten vorher verlassen.

Aber sein Geist war wach, suchte angeregt vom vertrauten Ausblick in den Weltraum nach Erinnerungen, die tief in den Windungen seines Gehirns verborgen lagen.
Versunken und halb ausradiert durch die Psychotherapie in der Klinik, oder ertränkt während der zwei Monate im Psycho-Rehabilitierungstank.
Unablässig wiederholte Nemain dabei die Worte, die er kurz vor dem Beidrehen zurück zur Station gesprochen hatte.

„Ich bin ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Nichts weiter als eine blutdurchströmte Ruine.“

Diese Worte – ausgesprochen im Dunkel zwischen den Sternen, begleitet von wiedergekehrter rauschender Todessehnsucht – diese Worte wirkten wie eine Schaufel.

„Ich bin ein Relikt aus vergangenen Zeiten.“

Wie ein Schaufelbagger der sich ferngesteuert über das Grab seiner Erinnerungen hermachte.

„Ich bin ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Das habe ich schoneinmal gesagt.“

Nemain nahm kaum wahr wie zwei Personen ihn vorsichtig aus dem Pilotensitz hoben und langsam aus dem Cockpit heraushievten, wer diese Personen waren konnte er nichteinmal mehr ausmachen. Sein Blick war nach innen gerichtet, seine Aufmerksamkeit kniete sich an die Seite des Schaufelbaggers und begann mit blossen Händen zu graben.

„Ich bin ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Ich erinnere mich.“

Wie eine aufgedunsene Wasserleiche stiegen langsam Bilder aus seiner Vergangenheit auf aus den Tiefen seiner von Pharmaka aufgeschwemmten Gehirnwindungen.
Die kurzen im Wahnrausch verlebten Tage vor seiner Einlieferung in das Sanatorium auf Schurirn.

Nemain erlebte sie noch einmal – als wäre es gestern gewesen – während seine gesichtslosen Helfer ihn zurück in seine Kabine trugen.



(ooc: nun folgt ein altes Kapitel aus der Sammlung früherer Nemaingeschichten welches damals als Abschiedsgeschichte gedacht war (doch dann kam doch alles anders lol) und recht gut den Fall des Charakters aufgreift. Ich halte das für notwendig, da ich in zukünftigen Stories sicher ab und an auf alte Geschehnisse hinweisen werde... – ich hoffe ihr mögt den Kram *g*)