RPG

Beep

Beep

Beep

Beep - Bööp

Schon wieder ein Preis, der sich geändert hat. Jim schaute auf das Display und war nicht erstaunt, dass es wieder ein Preisanstieg war. Aber das war nicht sein Job, er brauchte nur das Etikett markieren, ein Kollege würde dann im Anschluss die neuen Etiketten drucken und die alten austauschen. Er drückte eine weitere Taste an der Scanpistole und fuhr fort.

Beep

Beep

Beep...


Über zwei Stunden war er nun schon am Scannen. Preisaudit hatte der Abteilungsleiter es genannt. Nun, er bekam so zumindest einen Überblick über das Sortiment der Abteilung. Magnesiumpillen hier, Zinkpräparate da. Heftpflaster wasserabweisend, Heftpflaster atmungsaktiv, Sprühpflaster. Asthmamedikamente und Kopfschmerztabletten. Zum Glück war er nur als Urlaubsvertretung hier.

Beep

Beep

Beep - Bööp...

Ah, so ein Pech! Knapp am Bingo vorbei. Jim schmunzelte vor sich hin. Er hatte sich die Wand mit den ganzen kleinen Schubladen in Gedanken als ein Bingofeld eingeteilt. Entgegen der normalen Regale hatte die Wand ein Feld von 10 auf 10 Schubladen und 3 falsche Preise horizontal, vertikal oder diagonal waren ein Bingo. Der letzte nicht mehr aktuelle Preis - natürlich auch wieder eine Preissteigerung! - lag nur eine Spalte zu weit links, ansonsten hätte er BINGO! gerufen. Was wohl die Kollegen gesagt hätten...


Beep beep

Beep beep

Beep...
...beep!

Es konnte einen schon ein wenig zum Wahnsinn treiben. Auf der anderen Seite des Regals war ein Kollege Jims dabei, ebenfalls ein Preisaudit zu machen, und sein Scanner beepte genauso wie der von Jim, nur ein klein wenig leiser, aufgrund der Masse an Produkten zwischen ihnen.


Beep

Beep

Beep

Leicht benommen schüttelte Jim den Kopf und schaute sich um. Er saß im warmen Licht der Sonne, wartete auf das Busshuttle. Sonne? Warum nannte man es eigentlich Sonne? Er saß doch hier nicht auf der Erde, sondern auf dem Carode, und Carode umkreiste die Miras, nicht die Sonne. Und das Beepen umkreiste seine Sinne! Es kam von einem Müllsammelfahrzeug, dass langsam in die kleine Sackgasse gegenüber zurücksetzte. Die Gegend, in der die Apotheke lag, in der er seit kurzem arbeitete, lag in einem Bereich Twistels, in dem die alten Gebäude noch nicht über eigene Müllkonverter verfügten. Hier musste jeglicher Müll noch durch eine Servicefirma abgeholt werden.

Brrrr

Brrrr

Brrrrump!

Der Shuttlebus hielt mit leichten Vibrationen an seiner Station und Jim stieg ein. Unter normalen Umständen wäre er in etwa 2 Minuten in den 24er Bus gestiegen, an dessen Route der Apartmentkomplex lag, in dem er eine kleine Wohnung bezogen hatte. Doch heute war er unterwegs zum Gebäude der Stadtverwaltung, es gab noch ein paar wichtige meldetechnische Dinge zu erledigen, die seine Anwesenheit vor Ort notwendig machten.


Beep

Beep

Beep

Jim schreckte hoch und blickte aus dem leicht zerkratzten Fenster. Dann schaute er auf die Uhr an seinem Handgelenk und schaltete den Alarm aus. In zwei Minuten sollte der Bus an der Station direkt neben dem Stadtgebäude ankommen und soweit Jim das beurteilen konnte, war der Bus einigermaßen pünktlich. Draußen hatte sich das Bild der Stadt inzwischen drastisch geändert. Die Stadtverwaltung hatte ihren Sitz in der Nähe des Zentrums Twistels und hier waren die Gleiterpisten absolut gepflegt, es gab zahlreiche Bäume, nicht nur in den Parks, sondern auch direkt vor den Gebäuden. Und auch die Gebäude an sich wirkten deutlich einladender als in der Gegend, in der er arbeitete. Keine verbarrikadierten Fenster, kein abgeplatzter Putz, selbst die Farben wirkten hier irgendwie frischer, lebendiger.

Beep

Beep

Beep...knirsch.

Der Buspilot hatte eine Rampe ausgefahren, um einer älteren Dame in einem sehr modernen Schwebestuhl das Einsteigen in den Bus zu erleichtern. Während sie vorn ihren Obolus für die Beförderung zahlte, verließ Jim durch die hintere Tür das geräumige Großshuttle. Leicht geblendet von der Sonne - von der Miras! - kniff er die Augen zusammen und begann dann, die letzten 150 Meter zum Eingang des Stadtgebäudes zurück zu legen.


Beep

Beep

Beep

Er würde heute Nacht sicher vom Beepen träumen. Kaum hatte er das angenehm kühle Foyer der Stadtverwaltung betreten, drang ihm das Geräusch wieder in die Ohren. Es kam von einem Scanner - was sonst. Aber hier wurden keine Etiketten gescannt, sondern Menschen. Nun, sie wurden kontrolliert. Er hatte in den News etwas von verschärften Sicherheitskontrollen gehört, sich aber nicht weiter damit beschäftigt. Er hielt die Meldungen über mögliche Anschläge in Twistel für übertrieben. Wem konnte schon daran gelegen sein, in der Hauptstadt der kleinen Provinz San Particio für Unruhe zu sorgen? Da waren die Städte mit Raumhäfen oder die Hauptstadt New Bantham viel interessantere Ziele. Des Beepens überdrüssig ließ er die Kontrolle über sich ergehen und dann von der freundlichen und durchaus reizvollen Dame am Infoschalter den Weg weisen. Es gefiel ihm, dass hier noch ein Mensch den Dienst versah und nicht, wie so oft bei größeren Verwaltungen, ein Robot.


Sein Weg führte ihn ziemlich in die Mitte des Gebäudes. Mit jedem Meter, den er zurücklegte entfernte er sich weiter von den Geräuschen der Lobby. An seinem Ziel angekommen setzte Jim sich auf einen der halbwegs bequemen Stühle, die mit weichem Leder bespannt waren. Es war ein langer Tag gewesen und die Müdigkeit überkam ihn wieder. Aber er konnte doch nun nicht die Augen schließen, schließlich konnte ja jederzeit seine Nummer auf dem Display erscheinen, begleitet von einem ... genau, einem:

BEEP

Er schaute zur Anzeige, dann auf die Nummer, die er an der Info bekommen hatte. Die Differenz betrug 15 Zahlen. Na, dann kann ich ja doch...Jim schloss die Augen und machte es sich etwas bequemer. Schnell drifteten seine Gedanken hinaus aus der Wartezone, zurück zur Information. Dort trafen sie auf die junge Frau und nahmen sie mit hinaus, hinaus aus dem Verwaltungsgebäude. beep. Sie saßen gemeinsam auf einer karierten Decke, ein Picknickkorb stand zwischen ihnen und sie hielt eine Rebe voll mit süßen Dwelltrauben. Irgendwo in den Kronen der Geico-Bäumen, in deren Schatten sie die Decke ausgebreitet hatten, zwitscherten Vögel. beep...beep. Er legte ihr die Hand unter ihr Kinn und zog ihren Mund langsam zu seinen Lippen. Zwischen ihren hielt sie eine Dwelltraube und ihre Augen lächelten.

Beep

Ihre Lippen verschlossen sich vor ihm und sie genoss die Traube allein, ließ den süßen Saft durch ihren Mund spritzen, als sie die kleine Frucht mit der Zunge an ihrem Gaumen zerdrückte. Woher weiß ich das? Naja, es ist eben ein Traum, da geht sowas!

Beep!

Wenn doch nur dieses Beepen endlich aufhören würde und ich in Ruhe weiter träumen könnte.

Beep.

Jim riss die Augen auf und setzte sich senkrecht in dem bequemen Sessel zurecht. Schnell viel sein Blick auf das Display, er musste doch eingenickt sein. Welche Nummer? Jim blickte nochmals auf seine Nummer - noch immer 15 Zahlen Unterschied. Also konnte das Beepen nicht von dort gekommen sein, aber woher da..?

Beep

Da, da war es wieder. Und gleich noch mal vernahm er ein leises Beepen.

Beep

Er spitzte förmlich die Ohren. Diesmal kam das Beepen in nach einer kürzeren Spanne erneut.

Beep

Und noch bevor er aus dem Sessel aufgestanden war, wiederholte es sich.

Beep

Beep

Es war zum verrückt werden, was sollte das?

Beep
Beep
Beep

Er glaubte, dass das Geräusch von hinter einem Informationsschild kam, das für den Dienst in der Polizei Twistels warb.

Beep
Beep
Beep Beep

Jim trat zum Display, spähte dahinter und erschrak. Was bitte war das?

Beep Beep Beep Beep

Zeitgleich zum Beepen blinkte auf dem Display der schwarzen Konsole ein kleines grünes Lichtlein. Das Lichtlein wirkte so unschuldig, aber der mattschwarze Kasten, der das Lämpchen umragte, wirkte absolut nicht unschuldig. Er wirkte böse, wirkte wie eine...

BeepBeepBeepBeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeep...wie eine BOMBE!