Stories

Wofür war ich heute morgen eigentlich aufgestanden? Der Tag war einfach nur langweilig. So wie unzählige Tage vor ihm und vermutlich auch noch etliche nach ihm.
Ich hatte ja schon davon gehört, dass man sich zu Tode schuften konnte, aber sich zu Tode langweilen? Hatte ich noch nie gehört. Freilich, den Spruch kannte ich, aber ich hatte noch nie erlebt, dass das auch tatsächlich passiert war. Bis heute. Vielleicht waren wir ja die ersten, denen das passierte. Ob das dann eine Schlagzeile wert wäre?

Komplette Schiffsbesatzung an Langeweile verstorben!

Vermutlich nicht. Würden die meisten wohl für eine Ente halten. Könnte man ihnen nicht mal verübeln. Ich würd’s auch nicht glauben.
Nie wieder würde ich mich freiwillig für eine Erkundungsmission melden. Und dann auch noch in die Äußeren Gebiete. Welcher Teufel hatte mich da bloß geritten. Nie wieder!

„Kapitän!“ Der Erste Offizier riss mich aus meinen Gedanken. „Überprüfung der Systeme abgeschlossen. Keine Besonderheiten, alle Stationen melden grün“.

Na toll. Als ob das was neues wäre. Natürlich meldeten sie grün. Sie taten seit Wochen nichts anderes. Wochen? Oder waren es bereits Monate? Ich wusste es nicht mehr.
„Danke, 1O. Weitermachen“.
Weitermachen. Womit eigentlich? Natürlich. Mit langweilen. Haha. Wirklich aufregend.

Gegenden erforschen, in denen noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist, hatte er gesagt. Action erleben, das neue, verbesserte Schiff testen, hatte er gesagt.
Und ich, ich hatte ja nichts besseres zu tun. Ich musste mich ja melden. Ja, klar, das Schiff hatten wir getestet. Es hatte eindeutig seine Langstreckentauglichkeit bewiesen. Offensichtlich, wir waren ja noch immer unterwegs. Und das mit einer Besatzung, die um einiges größer war, als die Standardbesatzung eines Mk III. Wir hatten große Mengen an Daten gesammelt, die bei der Weiterentwicklung der Schiffe große Bedeutung hätten. Das war aber auch das einzig positive an dieser Unternehmung. Obwohl man nicht mal sagen konnte, dass wir negative Erlebnisse gehabt hatten. Genauer betrachtet hatten wir überhaupt nichts erlebt. Hier draußen gab es überhaupt nichts.

Ein Piepen rechts hinter mir. Mit zwei Sätzen war ich an der Konsole. Der diensthabende Crewman sah mich erstaunt an. Nur ein offenes Druckventil. Ein Knopfdruck und es war geschlossen. War es so offensichtlich, dass ich auch jede noch so kleine Gelegenheit suchte, die Langeweile zu durchbrechen?

„Irgendwas auf den Langstreckensensoren?“ Als ob ich die Antwort nicht bereits kennen würde...
„Nein, Kapitän.“
Natürlich. Wusste ich doch. Langeweile.

Rosa Elefanten. Rosa Elefanten? Ich traute meinen Augen nicht. Tatsächlich. Sage und schreibe ein Dutzend rosa Elefanten war auf der Brücke erschienen. Keine Ahnung, wo die plötzlich herkamen, sie waren einfach da.
Und nicht nur das. Ich begann an meinem Verstand zu zweifeln. Sie trugen ein Tutu und begannen Schwanensee zu tanzen.
Hilfe! Ich wurde verrückt... Und was noch viel schlimmer war, ich ertappte mich dabei, wie mir die Vorstellung der Elefantentruppe gefiel. Dabei kann ich Ballett nicht ausstehen.

„Kapitän?“
Ich schreckte aus meinem Stuhl hoch und sah mich verwirrt auf der Brücke um. Die Elefanten waren weg.
„Kapitän, ist alles in Ordnung?“
Der 1O stand hinter meinem Sessel und hatte die Stirn in Falten gelegt.
„Die Elefanten...“ Ich brauchte etwas, um meine Gedanken zu ordnen.
„Elefanten?“ Er sah etwas besorgt aus.
Verdammt, war ich doch tatsächlich eingenickt. Sowas peinliches. Ich musste mir dringend eine Beschäftigung suchen.
„Wissen sie, 1O, ich hasse Ballett. Sie haben die Brücke“.
Ich stieg in den Turbolift und ließ einen nun seinerseits verwirrt dreinschauenden stellvertretenden Kommandanten auf der Brücke zurück.
Ich glaube, diese Episode lasse ich im Logbuch besser weg.