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3. Jahre geschlafen.

"Ich fühl' mich, als hätte ich Jahre geschlafen!"
"Das hast du auch... fast..." Er lächelte. "Wie geht es dir?"

Sie schaut ihn kurz an, als hätte sie die Frage nicht richtig verstanden.

"Mein Kopf ist ein wenig schwer. Sonst geht's."
"Möchtest du was essen? Wir hatten eben was."
"Hmm... Ja, gerne."
"Du hast sie gehört, geh was warm machen!"

Amanda stand auf, und watschelte in die Küche.

"Warum tun sie das?"

Lester bereute es schon jetzt, dass er sich dazu entschieden hatte ihr die Wahrheit über ihre Situation zu erzählen. Aber er hielt es für das beste und einfachste, dass sie Bescheid wusste. So konnte er sich nicht in Widersprüche verstricken und musste sich nicht ständig neue Lügen ausdenken.

"Ich bin nur ein kleiner Krümel im großen Kuchen. Kümmer dich nicht darum kleines."
"Wann darf ich wieder nach Hause?"
"Ich weiß es nicht. Das liegt nicht in meiner Macht."

Erst jetzt versuchte Kimberly festzustellen wo sie sich befand. An der Wand hingen Bilder. Nachdrucke von irgendwelchen großen und bekannten Kunstwerken. Ein paar kamen ihr aus dem Unterricht bekannt vor. Es schien ihr aber nicht wichtig genug sich weiter damit auseinanderzusetzen. Das Apartment war sehr spartanisch eingerichtet. Ein Hotel? Wahrscheinlich... Jedoch kein sehr teures. Zum ersten mal schaute sie aus dem Fenster, und sah, dass es schneite.

"Befinden wir uns noch auf der Erde?"
"Ja kleines."

Also auf der Nordhalbkugel. Kim war stolz soviel alleine herausgefunden zu haben. Wenn sie näher über ihre Lage nachdachte, wusste sie jedoch trotzdem nicht wie sie sich verhalten sollte. Nie hatte sie sich überlegt wie man sich verhält wenn man entführt wird. Wenn sie genauer darüber nachdachte, hatte das wahrscheinlich noch nie jemand gemacht. Oder gab es einen genauen Notfallplan, der einem garantierte alles heil überstehen zu können? Entkommen... Das war ein gutes Stichwort. Sie würde sich etwas einfallen lassen müssen. Dieser Mensch würde sie noch kennenlernen. Ob man schon bescheid wusste, dass sie weg war?

In diesem Moment kam die Frau wieder herein. Sie war etwas kleiner als der Kerl, und sehr mollig. Außerdem hatte sie lange Grau-Braune fettige Haare und war sehr altmodisch gekleidet. Im Gegensatz zu ihm. Sie stellte ihr einen Teller mit Nudeln und einer Fleischsoße auf den Tisch.

"Danke Amanda."
"Vielen Dank."

Amanda hieß sie also. Kim versuchte sich alles zu merken. Es könnte später hilfreich sein. Dann fiel sie über das Essen her. Drei Portionen verschwanden in ihrem Magen, bis sie endlich satt war.

Dann klopfte es an der Tür. Lester stand auf, und schickte die beiden ins Nebenzimmer, wo Kim die letzten Tage schlafend verbracht hatte.
"Warum sperren sie mich immer zu ihr?"
"Es gibt Dinge, die sie nichts angehen. Außerdem werden sie nicht fürs Fragen bezahlt. Also, rein jetzt!"
"Na gut..."

Die beiden verschwanden im Zimmer. Man hörte, wie von außen zugeschlossen wurde.
"Meine Eltern werden sich bestimmt schon Sorgen machen."
"Wenn sie sich mehr Sorgen würden, wärst du schon Daheim."
"Wie meinen sie das?"
"Denkst du, du bist hier, weil jemand Langeweile hat?"
"Nein..."
"Also wird jemand etwas von deinen Eltern wollen. Richtig?"
"Ja..."
"Glaubst du nicht deine Eltern hätten es diesem jemand schon gegeben wenn sie sich sorgen würden?"
"Ich weiß nicht..."
"Du weißt es bestimmt. Du willst es nur ignorieren."
"Nein! Vielleicht hatten sie noch keine Möglichkeit..."
"Das glaube ich nicht."
"Vielleicht..." Sie beendete den Gedanken nicht. Der Dicken würde wahrscheinlich ohnehin etwas einfallen um ihre Hoffnung zunichte zu machen.

Kim wurde sauer. Was bildete sich diese blöde Kuh eigentlich ein? Sie drehte sich um, und schaute aus dem Fenster. "Always Coca Cola" leuchtete ihr groß entgegen. Wieso hatte sie vorhin nicht aus dem Fenster geschaut? Wahrscheinlich war sie zu benommen vom Schlaf gewesen... Sie stand auf, und schaute sich die Kulisse genauer an. Die Oberfläche war nicht zu sehen, nur endlos Tiefe Häuserschluchten einer Großstadt.

"Mir ist langweilig!"

Amanda schmiss ihr drei Holopads aufs Bett. "Lesen."

Bücher. George Orwell's Animal Farm, Aldous Huxley's Brave New World und Margaret Miniers Piratenbraut. Sie bekam den Eindruck, dass sie hier offensichtlich doch noch einige Tage bleiben musste. Sie begann das Piratenbuch zu lesen. Es spielte vor 500 Jahren. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte sie sich nicht vorstellen, wie Menschen ohne elektrischen Strom, Mikrowellen und Datenpads überhaupt überleben konnten. Irgendwann schloss er die Tür wieder auf.

"Ihr dürft wieder raus."

Kim stand auf.

"Darf ich auf die Toilette gehen?"
"Aber natürlich kleines."
"Ähem... Wo ist sie?"
"Hachja, da vorne gleich die erste Tür links."

Sie betrat die Toilette. Irgendwie kam sie ihr bekannt vor. War sie schon mal hier gewesen? Wahrscheinlich irgendwann mal zwischen den Injektionen. Sich die blauen Arme reibend machte sie einen Schritt auf den Spiegel zu, und begann zu kreischen. Sofort stürmten Amanda und Lester in das Badezimmer.

"Was ist?"
"WAS HABEN SIE MIT MEINEN HAAREN GEMACHT???"
"Ach das." Lester grinste. Amanda sah sie nur mitleidig an. "Das war nötig, falls wir hier mal raus müssen. Damit du nicht plötzlich jemand der Meinung ist dich zu erkennen."

Sie stampfte auf den Boden, den Tränen nahe.
"RAUS!"

Sie sah sich im Bad um. Nichts was ihr auf ihrer Flucht nützlich erschien. Dusch und Badezeug, Handtücher... genauso spartanisch wie der Rest des Apartments. Nachdem sie fertig war, widmete sie sich wieder dem Piratenroman. Irgendeine Fluchtchance würde sich schon noch ergeben...