Stories

7.

Irgendwann, quälend lange Stunden später kam er endlich aus dem Zimmer heraus.
"Wissen sie was Lester?"
"Ja?"
"Entführt werden ist langweilig."

Er schien kurz nachzudenken.

"Nein, das ist kein Urlaub."
"Machen sie mich jetzt bitte endlich los?"
"Klar."


Es war ein Genuss endlich wieder auf den eigenen Beinen zu stehen. Für den Moment wollte sie nichts anderes als stehen. Und essen.

"Wie gefallen dir die Klamotten?"
"Gut, danke. Sie haben einen guten Geschmack..."
"Danke..."

"Möchtest du duschen?"
"Duschen?!" Vor lauter Langeweile, Hunger und tauben Beinen war Hygiene ihre letzte Sorge gewesen. "Natürlich!"
"Im Bad findest du alles was du brauchst."



Die Dusche schien all ihre Sorgen und Probleme weggespült zu haben. Ja, wenn sie die Augen schloss, war es fast wie Zuhause. Aber auch nur fast. Erst ihre Augen verrieten ihr beim Öffnen immer wieder, wo und in welcher Lage sie sich befand. Irgendwann, eine halbe Ewigkeit später, war sie dann endlich fertig. Gerne hätte sie noch weitergeduscht, aber ihre aufgequollenen Hände und ihr Gewissen redeten ihr ein, dass es an der Zeit wäre fertig zu werden. Und tatsächlich, als sie die Tür öffnete, sprang ihr der Geruch von... PIZZA! entgegen! Auf dem Tisch, in einer Frischhaltekammer befanden sich 2 Pizzen. Er muss die ganze Zeit auf sie gewartet haben.

"Wie lange war ich weg?"
"Ungefähr eine Stunde. Ich hab' schon gedacht da drinne hätte sich ein Wurmloch aufgetan was dich verschluckt hat."
"Oh." Sie ärgerte sich, nicht früher aufgehört zu haben.
"Tut mir Leid."
"Das Essen ist ja nicht weggelaufen."
"Sie hätten doch nicht extra warten müssen."
"Ich behalt's mir für's nächste mal."

Still schweigend aßen beide ihre Pizza. Mit Messer und Gabel. Für gewöhnlich bevorzugte Lester die andere Methode, doch als sie zum Besteck neben dem Teller gegriffen hatte, wollte er ihre guten Manieren nicht über Board werfen. Auch wenn es nicht unbedingt eine Situation war, aus der sie lernen sollte, oder ein Erlebnis, was sie ewig verfolgen sollte, hatte er sich vorgenommen ihr trotzdem nichts "falsches" zu zeigen oder zu sagen. Sofern man bei einer Entführung überhaupt von Richtig oder Falsch machen reden konnte. Für sie war die Situation schon schlimm genug, da sollte sie nicht noch schlechte Angewohnheiten von ihm lernen. So klein und unwichtig das Detail die Pizza mit Messer und Gabel statt mit den Fingern zu essen doch schien, umso wichtiger schien es ihm es beizubehalten.

Nach dem Essen eröffnete sie wieder das Gespräch:
"Lester?"
"Ja?"
"Sie haben vorhin gesagt wir würden hier nicht lange bleiben."
"Ja."
"Heißt das wir reisen gleich ab?"
"Ja."

Sie wollte nicht schon wieder so lange in diesem Jäger sitzen.
"Wohin fliegen wir?"
"Weg."
"Haha!"
"Was für eine Antwort hast du erwartet?"
"Vielleicht ein paar Details..."
"Hmm. An einen Ort, an dem du mehr Freiheiten haben wirst."

"Reicht das?"
"Ja."
"Gut, dann hilf mir schonmal beim zusammenpacken."


In der Ecke stand eine Kiste mit einigen Konserven. Offensichtlich sollte der nächste Aufenthalt irgendwo hingehen, wo es nicht selbstverständlich war das Essen gemacht zu bekommen.

Auf dem Rückweg vom Quartier zum Hangar trafen sie wieder keine Menschenseele. Auch standen im Hangar immer noch keine Schiffe. Kein Anhaltspunkt, nirgendwo auch nur ein kleiner Ansatz der ihr hätte helfen können ihren Aufenthaltsort zu bestimmen. Sie stieg in den Jäger, und ließ sich von Lester festschnallen. Nachdem er die Sachen sicher verstaut hatte, nahm er auch Platz und startete die Triebwerke.


"Lester?"
"Ja?"
"Wie lange werden wir jetzt fliegen?"
"Keine Ahnung, ich hab' keinen Zeitplan."
"Dann schätzen sie!"
"Ich möchte dazu lieber nichts sagen. Nachher bin ich noch der doofe, weil meine Schätzung nicht mit der tatsächlichen Zeit übereinstimmt."
"Bitte!"
"Außerdem geht dich das nichts an."