Stories

11.

Es war dunkel. Als Kimberly erwachte, wusste sie weder wo sie war, noch wann es war. Oder was passiert ist. Und dafür, dass sie nicht wusste was passiert ist, ging es ihr erstaunlich gut. Sie setzte sich auf. Jemand hatte ihr Schlafsachen angezogen. Die Situation hatte eine merkwürdige Ähnlichkeit mit der ihres ersten Fluchtversuches vor... Sie wusste nicht vor wieviel Tagen das war. Kim stand auf und sah sich die neue Umgebung etwas genauer an. In einem so wohnlich eingerichtetem Raum war sie seit ihrer Entführung nicht mehr. Ihre letzten Aufenthaltsorte waren alle ausschließlich von Funktionalität geprägt. Dieser Raum sah aus, als würde hier tatsächlich jemand wohnen Vasen, Bilder, Blumen... Die gesamte Einrichtung wirkte persönlicher als die des Hotelzimmers. Von der primitiven Holzhütte der letzten Tage Lichtjahre entfernt. An der Wand entdeckte sie ein Newsterminal. Neugierig schaltete sie es ein und stellte zum ersten mal fest wann es war. Es war drei Wochen her seit sie entführt wurde! Dem Terminal entnahm sie ebenfalls, dass sie sich auf der Erde befinden musste. Das Terminal hatte sie auch mit "Guten Morgen Dr. Lassalle!" begrüßt, was ihren Verdacht einer privaten Wohnung bestätigte, oder zumindest auf eine private Praxis hindeutete. Vielleicht aber auch beides. Einem Geistesblitz folgend gab sie ihren Namen in die Suchmaske des Terminals ein. Eine Reihe von Nachrichtenmeldungen folgte, die ihr die Hoffnung gab, dass sich etwas Tat, man nach ihr suchte und sie bald wieder Zuhause sein würde. Nachdem ein Blick aus dem Fenster nur Garten und Wald offenbart hatte, beschloss Kim, dass es an der Zeit war sich näher mit der Tür auseinanderzusetzen.
Den Kontrollen nach zu urteilen waren sie entriegelt, doch bevor sie es ausprobieren konnte, glitten sie mit einem zischen zur Seite und ein Unbekannter Mann kam herein, der vorgab ein Dr. Lassalle zu sein. Er zog seinen Arztkittel aus und legte ihn über einen Stuhl. Dann schwang er das Stethoskop wieder um seinen Hals und bat sie sich auf das Bett zu setzen.

"Also, du wurdest gestern von einer giftigen Schlange gebissen."
"Ich fühle mich garnicht vergiftet. Wo ist Lester?"
"Er ist unten und frühstückt. Nach der Vorsorgeuntersuchung werd' ich ihn holen. Dann werdet ihr wieder gehen."

Während er sprach, knöpfte er sein Hemd auf und legte es auf die Lehne zum Kittel.

"Behandeln sie alle Patienten im Unterhemd?"

Er ignorierte die Bemerkung und beantwortete die Frage indem er schmutzig grinste.

"Dreh dich bitte um und zieh dein Shirt aus. Ich möchte deine Atmung abhören."
"Ich glaube ich verzichte!" Kim beschlich eine böse Vorahnung.
"Ohne die Nachbehandlung kann ich dich nicht gehen lassen."
"Hast du nicht gehört, dass ich verzichte?"

Der angebliche Arzt schien die Geduld zu verlieren und machte einen Satz in Richtung Kimberly. Geistesgegenwärtig rollte sie sich nach hinten ab und Sprang hinter das Bett.

"Ich krieg dich ja doch!"

Er machte einen weiteren Sprung hinter das Bett um sie zu schnappen, doch Kim hatte die Bewegung vorausgeahnt und lief auf die Tür zu um dem Monster zu entkommen. Dabei riss sie eine Komode um und die sich darauf befindliche Vase ging in lautem klirren zu Boden. An der Tür stellte sie fest, dass die Kontrollen wieder verriegelt waren. Der Arzt, direkt hinter ihr, machte wieder einen Versuch sie zu schnappen. Kim schaffte es knapp sich unter ihm wegzuducken und lief zurück zum Bett. Dr. Lassalle schien langsam wütend zu werden. Zurück am Bett suchte Kim fieberhaft nach einem Gegenstand mit dem sie sehr wehren könnte, fand aber nur einie weitere Vase die sie prompt nach ihm warf - und verfehlte. Wieder kam er näher. Kreischend duckte sie sich und kroch unter das Bett.

"Du verdammte kleine Göre..."

Sie sah sein Gesicht unter dem Bett und seine Hand, die versuchte nach ihr zu greifen. Ständig wiederholte er seine Worte.

"Du verdammte kleine Göre..." und "Wenn ich dich in die Finger kriege."

Gerade als sie dachte es sei zu spät, gab es einen dumpfen Schlag. Blut spritzte. Der Arzt zog seine Hand zurück und drehte sich auf den Rücken um zu sehen was ihn da erwischt hatte. Und noch ein Schlag. Kurz zuckte der Arzt noch, dann blieb er ohne Bewusstsein liegen.

"Kim?"
"Lester!"