Stories

Ungefähr 4 Jahre später.

Mars

Kim betrat das heruntergekommene Lokal und ließ ihren Blick schweifen. Von außen hatte es schon schäbig ausgesehen, mit seinen ungeputzten Scheiben, der kaputten Leuchtreklame über der Tür und der Alkoholleiche davor. Kim konnte nicht ausschließen, dass der Mensch, oder das was von ihm übrig war, wirklich noch lebte, hielt es aber für das beste sich nicht weiter um ihn zu kümmern und die Spielunke zu betreten. So ein Engagement konnte an Orten wie diesem leicht falsch aufgefasst werden. Soviel wusste sie. Die Kneipe selbst sah aus, als hätte es hier vor kurzem eine Schlägerei gegeben. Eine Schlägerei mit sehr vielen Beteiligten. Auf dem Boden Scherben und Splitter, an den Wänden Blut und Blastereinschüsse. Sie würde sich wundern, wenn sie hier ein sauberes Glas finden würde. Sie bemerkte, dass sie von einigen Gästen gemustert wurde und beeilte sich mit der Suche. So junge Dinger wie sie sah man hier wohl nicht oft. Endlich fand sie ihn an der Theke über sein Glas gebeugt. Sie schlenderte an die Theke und bemühte sich nicht zuviel Aufmerksamkeit zu erregen, was mit ihrer langen Blonden Mähne wahrscheinlich nicht gelang. Aber sie war auf Eventualitäten vorbereitet. Sie setzte sich an die Theke und bestellte einen Whiskey.

"Bist du dir sicher du weißt du da bestellst Kindchen?"
"Bist du dir sicher du hast nicht den Beruf verfehlt Dicker?"

Der Wirt lächelte zufrieden und machte sich davon um sich um die Bestellung zu kümmern. Lester neben ihr hatte sie noch nicht erkannt. Wahrscheinlich hatte er sie nichtmal bemerkt. Sie musterte ihn, doch auch ihre Blicke schien er nicht zu bemerken. Oder nicht zu kümmern. Er sah älter aus. Was eine blöde Feststellung war, schließlich hatten sie sich vier Jahre lang nicht gesehen. Er war dünner. Zumindest im Gesicht. Den Rest konnte sie nicht beurteilen unter seiner angetragenen schwarzen Lederjacke. Seine Haare waren länger und grauer. Und sein Gesicht war bedeckt von grauen Stoppeln. Trotz der geänderten Details war es eindeutig er. Endlich kam der Wirt mit dem Whiskey.

"Darf es sonst noch etwas sein Madam?"
"Vielleicht später, danke." Sie warf ihm ein paar Creditchips zu. "Stimmt so."

Der Wirt bedankte sich und dampfte ab. Kim nippte am Glas. Das Zeug war teuflisch. aber das Glas war tatsächlich sauber. Sie nahm an, dass die Bestellung deswegen so lange gedauert hatte. Unrecht war es ihr nicht. Nach einem weiteren Schluck nahm sie sich vor, dass sie das nächste mal auf den Rat eines Barkeepers hören würde oder gleich einen Wein bestellen würde. Jetzt war es zu spät. Außerdem wollte sie hart wirken.

"Hallo Lester." Sie nahm all ihren Mut zusammen und sprach ihn an.
"Ich kenne keinen Lester." Kim erkannte warum er sie nicht bemerkt hatte. Er war besoffen.
"Ich bin's, Kim."

Lester sah von seinem Glas auf und musterte sie.

"Geh weg. Du machst einen Fehler." Lallte er.
"Was ist los Lester? Freust du dich nicht? Erkennst du mich nicht?"

Plötzlich schlug er mit der Faust auf den Tisch.

"Ich hab' gesagt du sollst weggehen. Begreifst du es nicht Kleines?"

"Ich gehe nicht, bevor du dich nicht mit mir unterhalten hast."

Lester seufzte resigniert.

"Fein. Was willst du?"
"Ich wollte mich nur bei dir bedanken."
"Wofür? Dass ich dich entführt habe? Er mussterte sie wieder. "Dass du jetzt einen Raumjäger fliegst und dein Leben zerstörst? Bei mir gibt es nichts zu danken. Ich bin ein böser Mensch. Ich habe böse Dinge getan. Hast du nicht selbst festgestellt dass ich ein Verbrecher bin?"
"Du bist nicht böse. Du hast mich vor dem Arzt gerettet. Und du hast mich laufen gelassen. Ich habe geschwiegen. Ich habe niemandem etwas gesagt."
"Vielleicht hättest du das lieber. Dann wäre ich jetzt nicht hier."
"Warum sagst du sowas? Was ist passiert?"

Lester dachte kurz nach. Setze an um etwas zu sagen, schwieg aber doch. Als hätte er festgestellt es sei besser zu schweigen.

"Kim, du warst nur ein Auftrag. Mehr nicht. Ich habe deine Eltern erpresst."
"Und du hast nie bekommen was du wolltest. Warum hast du mich gehen lassen??"

Lester schwieg, aber sie wollte nicht locker lassen. Sie wollte wissen was damals wirklich passiert war.

"Warum hast du mich gehen lassen?"
"Geh jetzt."
"WARUM?" Die Gäste sahen auf, eine Show oder Schlägerei witternd. Als sie bemerkten wer da rumschrie wendeten sie sich wieder dem Tagesgeschehen zu.
"Warum?" Lester klang plötzlich viel klarer. "Du willst wissen warum? Es gibt Dinge für die gibt es keine Gründe. Und jetzt verpiss dich. Das ist kein Ort für kleine Mädchen." Lester trank sein Glas aus, dann stand er auf und ging torkelnd Richtung Toilette. Als er wiederkam, war Kimberly weg.