Stories

Langsam stolzierte Genzo über die große Promenade. Seit dem er auf dem Raumhafen von Copernicus-City gelandet war, fühlte er sich irgendwie beobachtet. Doch egal wie oft er sich auch umsah, es gab nichts Ungewöhnliches zu entdecken, obwohl es auf der Promenade voll war, wie schon lange nicht mehr. Ein Anzeichen dafür, dass es den Menschen hier nach den letzten wirtschaftlichen Problemen anscheint wieder besser ging.

Etwa einen halben Kilometer später hatte er die kleine Gasse erreicht, in der sich eines der beliebtesten Etablissements auf Luna befand, das „Red Devil“. In früheren Zeiten war die Bar ein Treffpunkt für Piraten, Marodeure und anderes Gesindel. Als der Besitzer dann während eines Streits ums Leben kam, wurde alles von einem ansässigen Händler gekauft. Er baute das „Red Devil“ komplett um, zu einer Cocktailbar mit angeschlossenem Restaurant. Zudem engagierte er einen der besten Vier-Sterne-Köche den das Sol zu bieten hatte.

Der Effekt war vorhersehbar. Das „Red Devil“ wandelte sich von einer dunklen Bar zu einem Szene-Treffpunkt der Schickeria. Eigentlich absolut nicht sein Fall, würde sich der Laden nicht durch seine erlesene Auswahl an Spezialitäten auszeichnen. Als er die Eingangstür öffnete, wehte ihm bereits ein würziger Duft entgegen.

Imelde war bereits da und saß an ihrem üblichen Tisch. Ohne auf einen der Kellner zu warten, ging er zu ihr und setzte sich. Sie hatte bereits bestellt, eine Karaffe mit einer rötlichen Flüssigkeit stand vor ihr. Mehr als die Hälfte davon hatte sie anscheint schon getrunken. «Rotwein? Schon so früh am Tag?» grinste er sie an.

«Mach dich nicht lächerlich, das ist Traubensaft, ohne Alkohol!»

Genzo gab noch kurz eine Bestellung auf. Da er noch nicht gefrühstückt hatte, bestellte er sich zusätzlich zu einem Cappuccino auch noch eine kleine Platte mit Früchten. «Hast du versucht, ihn zu kontaktieren?»

Imelde nickte. «Keine Chance, alle Verbindungen sind tot. Der XO auf seiner Station sagte mir, dass Hyuza gestern Abend abgereist war, ohne Angabe seines Ziels. Seitdem hat niemand mehr etwas von ihm gehört.»

«Ich verstehe das nicht. Ich meine, er hat sich zwar früher schon öfter aus dem Staub gemacht, aber irgendwas sagt mir, dass an der Sache mehr dran ist. Vielleicht ist diese Aufkündigung der Allianz nur irgendein Ablenkungsmanöver oder sowas.» versuchte Genzo zu erklären.

«Das glaube ich nicht. Ich denke, er ist einfach überfordert, ausgebrannt… Durchgeknallt! Und ganz ehrlich, wenn er der Meinung ist, so eine Sache durchziehen zu müssen, dann soll er das tun. Aber ich werde dem nicht tatenlos zusehen!» Imelde wirkte verärgert, fast wütend.

Für Genzo war deutlich erkennbar, das es nicht Hyuzas Verschwinden war, was Imelde verärgerte, sondern eher die Tatsache, dass er eine Entscheidung getroffen hatte, ohne sie oder die anderen einzuweihen. «Ich würde vorschlagen, dass wir nun nichts überstürzen. Als erstes sollten wir uns mit Lidia in Verbindung setzen. Ich denke, das solltest du machen, denn ich habe nicht gerade das beste Verhältnis zu dieser Durchgeknallten. Ich werde mich dann mal um Hyuza kümmern, vielleicht kann ich einige unserer Kontakte anhauen. Irgendwer muss ihn ja gesehen haben.»

«In Ordnung. Ich…»

«Entschuldigung, aber dürfte ich sie kurz unterbrechen?» einer der Kellner hatte sich unbemerkt und diskret ihrem Tisch genähert. In der Hand hielt er einen Umschlag. «Bis eben war eine Dame anwesend, die mich gebeten hat, Ihnen dies hier auszuhändigen, sofern Ihr Name Genzo Isuke ist.»

Genzo und Imelde sahen sich irritiert an. «Na? Von einer deiner Liebschaften?»

«Ja, das ist mein Name, danke.» der Kellner entfernte sich sofort wieder während Genzo den Umschlag öffnete. Im Inneren befand sich eine kleine Schatulle. Nachdem er sie geöffnet hatte, weiteten sich seine Augen. Sie enthielt eine Kette mit einem blutroten Rubin als Anhänger.

«Na da wird eine deiner Liebschaften Ihr Geschenk wohl nichtmehr haben wollen, was?» Imelde war sichtlich amüsiert.

Genzo dagegen wurde blass. «Das…» Er sah Imelde an und räusperte sich. «Nein, das ist etwas, was ich jemandem vor langer Zeit geschenkt habe. Unwichtig.» schnell schloss er die Schatulle wieder und ließ sie in seiner Fliegerjacke verschwinden. «Nun, ich denke, wir sind uns über die weitere Vorgehensweise einig, also sollten wir entsprechend handeln. Ich werde mich nun zurück auf meine Station begeben und mal sehen was ich rausfinden kann. Solltest du bei Lidia etwas erreichen, sag mir bitte bescheid.»

Nachdem er sich flüchtig von Imelde verabschiedet hatte, verließ er eilig das Restaurant. Die Nachricht des Kellners, bzw. die Kette hatte ihn komplett aus der Bahn geworfen. Etwas, das ihm schon lange nicht mehr passiert war. Viel schlimmer war jedoch die Tatsache, dass das Auftauchen dieses Schmuckstückes eigentlich völlig unmöglich war. Er hatte mit eigenen Augen gesehen, wie es vernichtet wurde, zusammen mit der Trägerin…