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es war einmal...

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Oxana schrieb am 30-03-2009 6:56:28 : Nicht allein!
Oxana hatte mit Erleichterung registriert, dass der Verfolger sie verloren hatte. Im dichten Verkehr war es ihr gelungen, sich abzusetzen. Schon kurz danach hatte sie den Medo-Gleiter - ähnlich wie Blake, Mike und Dave zuvor auch - auf einem belebten Parkplatz abgestellt und sich ein neues Fahrzeug besorgt. Sie hatte sich extra einen furchtbar alten Gleiter ausgesucht, um eine automatische Standortfeststellung zu verhindern. Die neuen Gleiter hatte mit Sicherheit alle Sender eingebaut, die im Falle eines Diebstahls aktiviert werden konnten - und so etwas wollte sie möglichst ausschließen bei ihrem Flug zur Küste, zur rechten Mündungsseite des großen Kanals, wie man den Riesenstrom nannte, der den Kontinent in zwei Hälften trennte.

Sie hoffte nur, dass der alte Gleiter die Strecke auch überstehen würde. Aber selbst wenn nicht - zwischen dem Raumhafen und der Küste gab es immer wieder Touristen, die sie im Notfall auf sich aufmerksam machen konnte.

Der Flug dauerte etwa drei Stunden, doch ihr ‘neuer’ Gleiter machte keine Schwierigkeiten. Es wurde bereits dunkel, als sie die Stelle erreichte, von der sie erwartete, dass sie ihr weiter helfen würde. Sicherlich hatte die Zeit Spuren hinterlassen, aber es erschien ihr im Halbdunkeln, dass es noch genauso aussah wie vor Jahren, als sie schon mal hier gewesen war. Zum Glück waren auch die Scheinwerfer des alten Gleiters noch gut in Schuss, so fiel es ihr nicht all zu schwer, den Eingang zu einer alten Höhle zu finden, die vor tausenden von Jahren durch das Wasser aus dem Fels gespült worden sein musste.

Sie stellte den Gleiter so gut es ging unter einen Felsüberhang. Nur wer die Stelle kannte und nach ihr suchen würde, würde ihn sehen und auf ihn aufmerksam werden. Sie kramte die wenigen Habseligkeiten, die sie im Gleiter finden konnte, hinaus und in die Höhle. Ihr fröstelte, schließlich war der Kittel ihr einziges Kleidungsstück und nicht grad sehr warm. Zum Glück fand sie eine alte Decke, die es ihr ein wenig angenehmer machte, in der Höhle auszuharren. Sie wusste nicht, wie lange sie würde warten müssen, aber ihr war bewusst, dass sie nicht davon ausgehen durfte, noch in der nächsten Stunde ‘Besuch’ zu bekommen. Und auch wenn sie noch so sehr dagegen ankämpfte, schließlich übermannte sie der Schlaf doch.

Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie geschlafen hatte, aber es war noch immer dunkel draußen. Sie erinnerte sich, dass ein Tag auf dem Bepinus 42 Standart-Stunden dauerte, also konnte sie gut und gerne mehrere Stunden geschlafen haben, und doch würde es noch etliche weitere Stunden dauern, bis das Tageslicht in die Höhle dringen würde. Sie fragte sich, was sie geweckt hatte. War es der Hunger gewesen, oder der quälende Durst? Nein, schon Sekunden später war ihr klar, dass es kein innerer, sondern ein äußerer Einfluss gewesen war. Denn sie vernahm wieder ein Geräusch - das Geräusch eines Gleiters, auch wenn er noch in einiger Entfernung zu schweben schien - es war unverkennbar ein Gleiter.

Sie trat vorsichtig zum Ausgang der Höhle und spähte hinaus. Doch von hier konnte sie kaum etwas erkennen, also riskierte sie es, sich ein wenig weiter hinaus zu wagen. Im Süden lagen noch etwa 15 Kilometer Mündungsufer, gespickt mit weiteren Felsen, aber doch meist flache Sandflächen. Im Norden gab es dagegen noch mehr harte, lange Felskanten, in denen es auch noch mehr Höhlen geben mochte. Und genau dort schwebte der Gleiter und ließ den Lichtkegel eines beweglichen Scheinwerfers suchend über die Landschaft gleiten. Jemand sucht dich!

Diesmal war es nicht die Kälte, die ihr einen Schauer über den Rücken jagte, es war eher der Schock, dass da wer war, der sie suchte, aber nicht genau wusste, wo sie sich aufhielt. Es konnte also nicht Blake sein, der dort im Gleiter saß. Oxana stand starr vor Schreck, wusste nicht, was sie tun sollte. Wenn sie blieb, würde man früher oder später ihren Gleiter finden und sie kurz darauf mit Sicherheit auch. Wenn sie nun startete, dann musste sie ebenfalls mit einer Entdeckung rechnen. Und wenn es nun doch Blake ist, der dich sucht? Bei dieser Dunkelheit könnte er sich durchaus ein wenig in der groben Richtung seiner Suche geirrt haben.

Konnte er das wirklich? Nein, Blake würde genau wissen, wo er sie finden würde. Es musste jemand fremdes sein. Ihr Entführer? Helfer ihres Entführers? Oder Behörden des Bepinus, die nur nach einem gestohlenen Gleiter suchten? Wer immer es war, Oxana war nun nicht länger allein hier draußen und sie musste eine Entscheidung treffen.

Trotz der Kälte entschied sich die Piratin, draußen nach einem geeigneten Platz oberhalb des Gleiters zu suchen, von dem aus sie die Ankunft des fremden Gleiters abwarten und beobachten konnte. Wenn es ihr Entführer war, dann würde sie ihn mit ein paar netten Steinen empfangen! Wenn es die Behörden waren, dann würde sie versuchen, sich weiter zu verstecken, vielleicht würde sie sogar versuchen, sich des anderen Gleiters zu bemächtigen.

Es viel ihr nicht leicht, im Dunkeln einen guten Weg nach oben zu finden und etliche kleine Abschürfungen an den Füßen und Knie zeugten von ihren Schwierigkeiten, als sie letztlich einen Platz gefunden hatte, der ihr geeignet erschien. Sie zog die Füße dicht an ihren Po, lehnte den Rücken gegen einen Felsen, der noch ein wenig die Wärme des Tages gespeichert hatte und begann, erneut zu warten.

..........

Als ob sie nicht schon genug Probleme hatten! Mike steuerte den gestohlenen Gleiter in ein schmale Seitenstraße und kam zu Blake zurück, der inzwischen mit Kathrin gesprochen und sie informiert hatte. Daves Magen machte unanständige Geräusche, nachdem er gegessen hatte, was eigentlich für die gesamte Gruppe vorgesehen gewesen war. Also würden sie erneut etwas kaufen müssen, wieder Zeit investieren müssen, die Blake viel lieber anderes genutzt hätte.
Sie mussten wieder mal das Fahrzeug wechseln, um möglichst alle Spuren zu verwischen, und Kathrin hatte den Sicherheitschef aus den Augen verloren. Gut, bis vor kurzem hatte Blake ihm keine große Priorität mehr zugemessen, aber nun, da Oxana erneut allein war, wurde auch er plötzlich wieder zu einem Unsicherheitsfaktor.

”Diesmal werden wir uns einen Gleiter mieten. Das ständige Hin und Her geht mir auf die Nerven. Ich glaub, ich hab zwei Blocks dort runter”, Blake zeigte in die Richtung, aus der sie gekommen waren, ”einen entsprechenden Anbieter gesehen. Auf dem Weg werden wir uns auch gleich nach etwas Neuem zu essen umschauen.” Dave schien ein sehr dickes Fell zu haben, denn Blakes bösen Seitenblick nahm er absolut regungslos hin. Vielleicht war er auch noch zu sehr mit der Verdauung der anderen Portionen beschäftigt, um sich um irgendwas wichtiges zu kümmern.

Jeder der drei hing seinen eigenen Gedanken nach, so dass sie kaum sprachen, bevor sie im neuen Gleiter Platz genommen hatten. Blake hatte sich für ein großes Modell entschieden, damit auf dem späteren Rückweg auch noch Platz für Oxana war. Er legte die Kleidung, die er für sie besorgt hatte, hinter seinen Sitz und übernahm diesmal selbst die Kontrollen. Würde er den Platz wieder finden? Würde sie dort sein? Würde sie schon auf ihn warten?

..........

Das Warten machte sie mürbe. Fast sehnte sie sich inzwischen herbei, dass der Gleiter direkten Kurs auf sie nahm. Dann würde sich endlich zeigen, wer hinter ihr her war und was weiter passierte. Ihrem Gefühl nach hockte Oxana nun schon etwa eine Stunde auf ihrem Beobachtungsplatz und folgte den Bewegungen des Gleiters in der Ferne. Wie ein bleicher Finger tanzte der Lichtkegel des Scheinwerfers über die schroffen Felsen.

Einmal, vor 20 Minuten etwa, war in größerer Entfernung ein weiterer Gleiter aufgetaucht, aber er schien einen direkten Kurs in Richtung Küste gehabt zu haben, zumindest kümmerte man sich dort nicht um den Bereich an der Mündung des grossen Kanals. Aber Oxana war aufgefallen, dass der Lichtstrahl am suchenden Gleiter für einige Minuten ausgeschaltet worden war und der Gleiter selbst sich tiefer zwischen die Felsen zurückgezogen hatte. Sie hatte daraus geschlossen, dass es kein Behördenfahrzeug war, schließlich brauchten die sich nicht zu verstecken.

Also doch jemand, der ihr nachstellte?! Wieder ging das Licht aus und der Gleiter sackte tiefer. Oxana konnte keinen Grund dafür erkennen, zumindest nicht aus ihrer Position, aber sie nahm an, dass man an Bord des Gleiters irgendwas bemerkt hatte, vielleicht kam diesmal ein Fahrzeug von der Küste zurück? Ein helles Pfeifen war das nächste was Oxana vernahm und es schien von direkt hinter, über ihr zu kommen. In etwa 30 Metern Entfernung zischte ein schnittiger Gleiter durch die Luft und überraschte die Piratin so sehr, dass sie fast aufgeschrien hätte. Aber dann war er auch schon vorbei, machte keine Anstalten, sich um Oxana oder den anderen Gleiter zu kümmern.

Der Fels hinter ihr hatte sie so gut gegen das Geräusch von hinten abgeschirmt, dass sie den Gleiter erst bemerkte, als er bereits über ihr gewesen war. Sie atmete tief durch, versuchte, ihren Puls wieder zu beruhigen. Aber kaum hatte sie sich wieder einigermassen unter Kontrolle, gab es die nächste Überraschung. Nun, es war nicht wirklich überraschend, dass der fremde Gleiter endlich das nächste Suchgebiet anflog, aber dass er nun direkt auf Oxanas Versteck zuhielt, bereitete ihr doch Sorgen. Hatte sie sich durch irgendwas verraten? Hatte man sie sehen können? Eigentlich unmöglich, es musste Zufall sein.

Zufall oder nicht, zumindest schien nun die Warterei langsam ein Ende zu nehmen. Der Gleiter kreiste jetzt nur noch etwa 150 Meter von ihr entfernt und es konnte sich nur noch um Minuten handeln, bis man ihren alten Gleiter finden würde. Was würde dann passieren? Was hatte man mit ihr vor? Und vor allem: Wer suchte da nach ihr?

..........

Kathrin trat noch mal voller Wut gegen den Serviceschalter der Kreuzfahrtgesellschaft. Nun, wenn sie ehrlich war, dann war ihr die Auskunft, die sie bekommen hatte, gar nicht so unrecht. Klar, Blake würde es nicht gefallen, aber darum konnte würde sie sich später kümmern.
Die Piratin hatte Emilia ausrufen lassen, aber es war nichts geschehen. Der kleine Romeo, den sie inzwischen wieder auf dem Arm trug, verkraftete es ungewöhnlich gut, dass sein Mutter nicht da war. Kathrin hatte ihm versucht zu erklären, wie alles gekommen war, und war dabei nicht ganz ehrlich gewesen, um ihn nicht zu sehr zu beunruhigen. Aber wie lang würde sie dieses Spiel noch aufrecht erhalten können, bevor er in Panik geriet, weil seine Mutter nicht wieder kam? Immerhin war das Personal, bei dem Kathrin um Hilfe nachgesucht hatte, sehr professionell gewesen und hatte sehr viel Rücksicht in der Wortwahl genommen, wann immer Romeo etwas mitbekommen konnte. Doch weiter konnten oder wollten sie sich nicht um ihn kümmern. Sie hatte versucht, den kleinen jungen Mann in die Obhut des Schiffspersonals zu geben, aber man war da sehr strikt gewesen. Man können nicht einfach ein fremdes Kind annehmen. Ja, er war auf der Passagierliste, aber ohne eine Aufsichtsperson konnte er nicht an Bord, man wolle nicht in den Verdacht geraten, man würde Kinder entführen.

Das war der Moment, in dem ihr Gemüt kurz mit Kathrin durch ging. Nein, Kinder würde man nicht entführen, aber Frauen wie Oxana oder Emilia, ja, das war etwas ganz anderes! Der leichte Schmerz in ihrem Fuß half ihr nun, sich wieder auf die aktuelle Situation zu konzentrieren. Wie sollte sie dem Jungen nur erklären, was mit seiner Mutter passiert war? Sie wusste darauf keine Antwort und auch wenn es ihr gar nicht gefiel, sie musste sich etwas einfallen lassen, um den Jungen ruhig zu halten.

Ihr kam die Packung mit den Schlaftabletten wieder in den Sinn, die sie in Emilias Handtasche gefunden hatte. Und daran, dass es ihre Tasche gewesen war, die sie auf der Toilette gefunden hatte, hatte sie keine Zweifel. Wer sonst sollte ein Bild von Romeo mit sich rumtragen? Sie verabscheute die Idee, den Jungen mithilfe des Medikaments ruhig zu stellen, aber sie sah ein, dass sie kaum eine andere Möglichkeit hatte. Geschickt brachte sie ihn dazu, die Pille zu schlucken und schon 3 Minuten später spürte sie, wie er auf ihrem Arm erschlaffte, den Kopf gegen ihre Halsbeuge lehnte und einschlief.

..........

Endlich war es soweit! Oxana konnte davon ausgehen, dass man ihren Gleiter letztlich entdeckt hatte, denn der Lichtstrahl war dort, wo sie ihn abgestellt hatte, einige Zeit verharrt. Wartete man im anderen Gleiter nun darauf, dass sie sich zeigen würde? Dass sie in irgendeiner Form reagieren würde? Da könnt ihr lange warten! Ich rühre mich nicht. Oxana wartete nun geduldig darauf, was passieren würde.

Der Lichtkegel huschte weiter, aber nun suchte er nicht mehr nach ihren Spuren, sondern nach einem geeigneten Landeplatz. Da es vor der eigentlichen Höhle etwas eng war, musste der Gleiter etwa 70 Meter entfernt abgestellt werden, was Oxana als sehr vorteilhaft für sich empfand. So konnte sie eventuell aussteigende Personen umgehen und vielleicht in den anderen Gleiter eindringen. Ich hätte meinen Gleiter fluguntauglich machen sollen, dann säßen die Verfolger hier fest. Sie schalt sich eine Närrin, dass sie nicht vorher daran gedacht hatte. Nun war es für solche Aktionen definitiv zu spät.

Am anderen Fahrzeug erstarben alle Geräusche, erloschen alle Lichter, hüllten so die Umgebung der Höhle wieder in Dunkelheit. Kurz darauf konnte Oxana hören, wie sich eine Tür am Gleiter öffnete und wieder leise geschlossen wurde. Wollte man nicht gehört werden? Es erschien der Piratin unsinnig, da das Gleitertriebwerk um einiges lauter gewesen war. Ihr fiel auf, dass sie nur eine Tür gehört hatte. Mit wie vielen Personen hatte sie es zu tun? Auch wenn sie am liebsten gleich aufgesprungen wäre, um den anderen Gleiter näher zu untersuchen, sie wusste, dass sie sich noch etwas gedulden musste.

Sie vernahm in der sonst absolut stillen Nacht das Knirschen von Schritten auf dem steinigen Boden und wieder klang es nur nach einer Person. War er es? Was es der Kerl, der sie an Bord der ‘Caracas Nights’ entführt hatte? Wie hatte er sie hier nur finden können? Oxana spürte, wie sich Panik wieder in ihr auszubreiten drohte, sie kämpfte dagegen an und fokussierte all ihre Sinne auf die vor ihr liegende Situation.

Inzwischen hatten sich auch ihre Augen wieder an die Dunkelheit gewöhnt, nachdem sie vom Licht des Scheinwerfers doch geblendet gewesen waren. War dort ein leichter Schimmer? Kam dort jemand mit Licht? Ja, es war nur eine sehr schwache Handleuchte, aber sie reichte aus, den Bereich vor der Person ein wenig zu erleuchten. Doch sie störte Oxana auch dabei, zu erkennen, wer dort zu ihrem Gleiter ging. Vor ihr lagen ein paar doppelt faustgroße Steine, die sie als Wurfgeschosse eingeplant hatte. Aber bei der derzeitigen Lichtsituation war es Blödsinn, diese Idee weiter zu verfolgen. Sie würde warten, bis die Person unter ihr verschwunden war, dann würde sie sich auf den Weg zum Gleiter machen. Als sie daran dachte, dass sie sich dann wieder in nahezu vollkommener Dunkelheit würde bewegen müssen, lief ihr ein Schauer über den Rücken. Sie würde eine Weile brauchen, um den Weg einigermaßen vorsichtig zurück zu legen. Entgegen aller Instinkte, sich weiter versteckt zu halten, begann Oxana schon jetzt ihren Weg. Sie richtete sich vorsichtig auf. Wenn die Gestalt unten in der Nähe ihres Gleiters nun nach oben geschaut hätte, hätte sie vermutlich an einen Geist im Nachthemd geglaubt.

..........

Dave schnarchte, lag ausgebreitet im rückwärtigen Teil des Gleiters. Mike hielt wachsam die Umgebung im Auge und Blake steuerte den Gleiter präzise seinem Ziel entgegen. Sie würden noch etwa 1.5 Stunden brauchen, bis sie es erreichen würden. Sicher, sie hätten auch schneller sein können, aber er wollte keine Gleiter-Patrouillen auf sie aufmerksam machen. Durchaus möglich, dass die Sanitäter, die Mike überwältigt hatte, eine gute Beschreibung hatten abliefern können. Oder auch die Wachmänner der Werft. Es war besser, nicht weiter aufzufallen.

Die Anzeigen des Gleiteramaturenbretts erzeugten ein diffuses Licht im Gleiter, Blakes Gesicht wirkte hart und entschlossen. Und das war er auch. Er würde keine Ruhe geben, bis er Oxana endlich wieder in Sicherheit wusste. Was sie wohl machen würde, wenn all das hier vorbei war? Würde sie jemals wieder die selbe sein? Sie hatte in den Jahren seit Blake sie kannte schon so einiges an persönlichen Tiefschlägen einstecken müssen. Und bisher hatte sie sich immer wieder gefangen, hatten ihren Weg weiter führen können. Aber gab es nicht auch für sie eine Grenze? Blake selbst hatte sich inzwischen aus der Karriere als aktiver Kommandeur zurück gezogen. Würde auch Oxana diesen Schritt irgendwann wählen?

Er wusste nicht viel über sie aus der Zeit vor SGP - obwohl sie nun schon so lang eng befreundet waren. Und er nahm an, dass selbst Smalls und vor allem auch Charo aus ihrem Leben von der Piraterie kaum mehr wussten als er. Was hatte sie in der Zeit vielleicht schon alles erleben müssen?

Blake wischte sich mit der Hand über das Gesicht. Er war nicht müde, weil es spät war, weil er schon so lang auf den Beinen war. Nein, er war müde, weil er sich so um sie sorgte, weil er sich in seinen Gedanken so sehr mit ihr beschäftigte. Halt durch, Oxana. Bald hast du alles überstanden!

Mikes Frage riss Blake aus seinen Gedanken, erschrak ihn regelrecht. ”Was meinst du, Blake, sollten wir noch mal Kontakt zu Kathrin aufnehmen?” Nachdem Blake sich wieder gefangen hatte, nickte er kurz und bat Mike dann, die SGP Piratin zu kontaktieren.

..........

Es war wohl irgendeinem großen Raumschiff zu verdanken, dass Oxana den Abstieg zum Gleiter unverletzt überstanden hatte. Sie war grad drauf und dran, einen kleinen Satz zu machen, als der hell erleuchtete Körper des Raumschiffs über den nächtlichen Himmel zog und für ein diffuses Leuchten sorgte. Im letzten Moment begriff sie, dass der Satz sie auf eine scharfe Felskante hätte landen lassen. Schwer atmend kam sie zwei Minuten später wohlbehalten auf dem Boden an, doch der Schreck steckte ihr noch immer etwas in den Knochen.

Verdammt leichtsinnig! Hättest einfach in einem Versteck bleiben sollen, bis die ersten Strahlen der Miras die Umgebung erhellen. - Und dann? Was wenn der Gleiter bis dahin schon längst wieder gestartet wäre? Sie schob die Gedanken, die eh zu nichts führten energisch beiseite. Nur 15 Meter vor ihr ruhte der Gleiter auf seinen Landekufen, wirkte absolut harmlos, ruhig, verlassen. Sollte sie es so einfach haben? Sie konnte es sich kaum vorstellen, aber sie war auch nicht so leichtsinnig, ihre Chance zu vergeben. Also trat sie vor, in ihrer Hand eine Art Faustkeil, den sie auf ihrem Weg hinab plötzlich unter ihrer Hand gespürt hatte.

Sie kam langsam um den Gleiter herum, konnte aber durch die getönten Scheiben nicht ins Innere schauen. Gedanken wie ‘Was, wenn der Gleiter durch einen Codeimpuls gesichert ist? Was, wenn im Gleiter bereits drei Mann auf mich warten und mich durch die einseitig getönten Gläser schon genau verfolgen?’ schoben sich in den Bereich ihres Geistes, den sie grad mühsam von anderen Zweifeln befreit hatte. Sie schüttelte ihren Kopf, versuchte so, sich von den Gedanken zu lösen und positiv zu denken. Sie erreichte die Tür zum hinteren Teil des Gleiters. Letztlich war es ganz egal, von wo sie in den Gleiter einzudringen versuchte, aber irgendwie erschien ihr diese Tür einladender, wenn man überhaupt von so einer Empfindung sprechen konnte.

Ihr Hand legte sich um den Türgriff, das kühle Metallplastik wirkte beruhigend und Oxana gewann Zuversicht, dass sie Erfolg haben würde. Für einen Moment verkrampften sich ihre Finger und sie fürchtete, dass der Verschlussmechanismus verriegelt worden war. Aber als sie etwas mehr am Griff zog, sprang irgendwo im Inneren der Tür etwas zurück, gab nach und gab den Weg frei. Ihr Herz schlug wild, sie hatte ein Rauschen im Ohr, ihr Blut schien rasend schnell durch die feinen Äderchen zu fließen. Sie spannte ihre Muskeln, hob die Hand mit dem Stein und ließ die Tür aufgleiten. Sie war auf so ziemlich alles gefasst gewesen, aber nicht auf das was sie sah und auf das gleichzeitige Erklingen von verschiedenen Stimmen. Vor ihr lag ein kleiner Junge im Sitz des Gleiters und riss erschrocken die Augen auf. Von irgendwo im Gleiter erklang eine Stimme, die sich nach irgendwas erkundigte und von hinter Oxana erklang in einem scharfen, schneidenden Ton: ”HALT! Fallen lassen! Beweg dich nicht!.”

..........

“Mama?” Es war dieses eine Wort gewesen, das alles um sie herum verblassen ließ. Ihr Arm mit dem Stein senkte sich hinab, ihre Finger gaben den Stein frei. Und gleich darauf griffen sie den Jungen, der sie so verschlafen und ängstlich anschaute, unter die Achseln und hoben ihn aus seinem Sitz. Es war vollkommen egal, wer dort hinter ihr stand und sie angeschrien hatte. Es spielte keine Rolle, was die Stimme im Gleiter sagte und woher sie kam. Der Junge hatte schreckliche Angst und Oxana spürte, dass er einsam war, allein - und sie kannte das Gefühl nur zu gut. Daher konnte sie nicht anders, als den kleinen Kerl an sich zu drücken und ihm beruhigend ins Ohr zu flüstern. Sie wusste später nicht mehr, was sie gesagt hatte, aber es war auch nicht wichtig. Wichtig war nur, dass der Kleine spürte, dass er nicht allein war, dass er keine Angst haben musste. Oxana begann zu schluchzen, ihr liefen Tränen über die Wangen und sie wiegte den Jungen auf ihrem Arm.

..........

Die ‘Caracas Nights’ war schon seit einigen Stunden unterwegs ins Hades, wo sie am Nikovia stoppen würde. Die Gruppe der SGP Piraten wartete in einer kleinen ruhigen Raumhafen-Bar auf Smalls, der es sich nicht nehmen lassen wollte, seine Kollegen persönlich vom Bepinus abzuholen. Dave erzählte Kathrin zum wiederholten Male, wie er mit Blake in einem Handstreich die Kontrolle des Kreuzfahrers an sich gerissen hatte. Das entsprach zwar nicht ‘ganz’ der Wahrheit, aber wenn es nach seinem Stolz und seiner Begeisterung ging, dann musste es mindestens so großartig gewesen sein.

Nachdem Blake, Mike und Dave ebenfalls an der Höhle angekommen waren, in der sie vor Jahren einen der Holosticks Henry Morgans gefunden hatten, hatten alle im großen Mietgleiter die Rückreise zum Raumhafen angetreten. Aus Oxana war noch immer nicht viel heraus zu bekommen gewesen. Sie hatte den kleinen Romeo nur für die Zeit aus ihren Händen gegeben, die sie benötigt hatte, sich die Kleidungsstücke anzuziehen, die Blake ihr mitgebracht hatte. Ihre Portion der leckeren Pasta hatte sie schon wieder zusammen mit dem kleinen Jungen gegessen.

Kathrin, die auf Blakes Bitte den Terminal verlassen hatte, um schon zu der von ihm beschriebenen Höhle zu fliegen, hatte fast eine Stunde gebraucht, um die richtige Höhle zu finden. Dort stand ein alter Gleiter, aber von Oxana keine Spur. Als sie Blake davon berichten wollte, hatte sie festgestellt, dass sie ihren Com im Gleiter zurück gelassen hatte. Sie befürchtete, dass er anspringen könnte und somit Romeo wecken würde. Er war der Grund gewesen, warum sie so leise die Tür geschlossen hatte - nicht, wie Oxana vermutet hatte, um ihre Ankunft zu verheimlichen. Als sie zu ihrem Gleiter zurückkam, da stand Oxana grad mit erhobenem Arm in der Tür und sie hatte befürchtet, dass Oxana zuschlagen würde, ohne zu wissen, wer im Gleiter war.

Genau in diesem Moment hatte Mike versucht, Kathrin zu erreichen und mit dem Summen des Coms und der Freisprechanlage den kleinen Jungen geweckt.

Inzwischen hatten sie diesen Teil des Bepinus hinter sich gelassen, die Gleiter würden die Behörden irgendwann finden und den Piraten war es egal, ob sie sich einen Reim darauf würden machen können oder nicht.

Mike hatte sich als einziger Nicht-Pirat bei der Sicherheitsabteilung des Raumhafen gemeldet, diverse Auskünfte gegeben und Fragen gestellt. Er hatte die kleine Gruppe inzwischen informiert, dass von Emilia jede Spur fehlte - genauso wie vom Sicherheitschef der ‘Caracas Nights’. Auch wenn es keiner aussprechen mochte in der Gegenwart des Jungen, alle ahnten, was das zu bedeuten hatte. Die Befreiung Oxanas bedeutete für den Entführer eine Lücke, ein entgangenes Geschäft. Und er war nicht gewillt gewesen, diesen Rückschlag einfach so hinzunehmen. Er hatte sich ein anderes Opfer gesucht, eine andere Frau, die er an seinen ‘Geschäftspartner’ würde vermitteln können. Und diese andere Frau war Emilia.

Oxana hatte die Nachricht scheinbar regungslos zur Kenntnis genommen, doch in ihr war irgendwas passiert, was sie selber noch nicht verstehen konnte. War sie dafür verantwortlich? War es ihre Schuld, dass Romeo nun ohne Mutter da stand?

Sie nahm den Jungen wieder auf ihren Schoss, drückte ihn fest an sich. Sie konnte spüren, dass sie einander nun sehr brauchen würden. Sie würde sich selbst um ihn kümmern, mit Hilfe von Charo und Smalls und den Zwillingen - und den beiden Bonsai-Tigern. Sie würde ihm ein neues Zuhause geben, solang bis sie seine Mutter gefunden hatte.

Sie drückte ihm einen Kuss auf die Stirn, spürte, dass ihr wieder Tränen über die Wangen liefen. ”Du bist nicht allein! Nicht allein...”


ENDE

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upic
Yes - I'm greedy
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