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es war einmal...

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Quentin Mandrell schrieb am 20-01-2011 12:01:05 : Endlich Frei!
Quentin hielt einen Moment die Luft an. Er hatte bereits geahnt, dass es nicht so einfach laufen würde. Krampfartig begannen nahezu alle Muskeln seines Körpers im Einklang mit den elektrischen Entladungen zu zucken. Gefolgt von einem „Steh endlich auf, Arschloch!“. Trotz der explodierenden Schmerzen in seinem Körper versuchte er, sich nichts anmerken zu lassen. Er wusste genau, dass das gespielte Lächeln auf seinen Lippen die Wachen weitaus mehr verärgern würde, als alle Worte dieser Welt.

Einer der Wachmänner, ein junger Grünschnabel, griff ihm unter die Schulter und half ihm langsam hoch. Von den anderen beiden erntete er dafür nur Gespött und Gelächter, doch das schien ihn nicht weiter zu kümmern. „Komm hoch, wir müssen bald los. Oder willst du dir noch mehr Schläge von den beiden Idioten einhandeln?“ flüsterte er.

Quentin schüttelte kaum merklich den Kopf. Mit Hilfe des Grünschnabels richtete er sich auf und warf den beiden Anderen ein süffisantes Grinsen zu. Offenbar fühlten die beiden Gorillas sich sofort wieder provoziert. Einer von Ihnen stürmte auf ihn zu und holte zu einem wuchtigen Schlag aus.

„Wenn ich du wäre, würde ich das lieber lassen!“ unterbrach der Grünschnabel die Aktion.

Der Gorilla starrte ihn ungläubig an. „Hast du nen Knall? Wir haben hier das Sagen! Also halts Maul!“

„Nun, wenn du unbedingt willst, dass bei der Anhörung jeder sehen kann, dass er hier vermöbelt wurde, dann mach ruhig weiter. Aber ich werde bestimmt nicht für euch lügen!“

Der Gorilla ließ nun ab. Es war deutlich zu sehen, dass es in seinem Kopf arbeitete. Er warf seinem Kollegen einen kurzen Blick zu, dann starte er den Grünschnabel an. „Seh zu, dass du ihn zur Transportschleuse schaffst, bevor ich es mir anders überlege!“

Der Transport zum Gerichtsgebäude war alles Andere als angenehm verlaufen. Zusammen mit Menschen, die unaussprechliche Dinge getan hatten, eingesperrt wie in einem Viehtransport. Die Luft roch nach Schweiß und anderen Körperflüssigkeiten während der Fahrer keinerlei Rücksicht auf das Wohl seiner ‚Gäste‘ nahm. Es war schwer, die Ruhe zu behalten, wenn einem ein hundertfünfzig Kilo schwerer Muskelprotz gegenüber hockte, wohlwissend, dass er sich am liebsten losreißen würde um seine Hände um deinen Hals zu legen während er dich mit seinen weit aufgerissenen, eisblauen Augen anstarrte.

Als sich die Türen des Transporters langsam öffneten, wurde die Meute im Inneren langsam unruhig. Jeder hier stand vor einem anderen Schicksal und Quentin war sich absolut sicher, dass man das Monster, dass ihn die ganze Zeit gegenüber saß, zum Tode verurteilen würde, während man ihm die Freiheit schenken würde. Ein optimistischer Gedanken und der einzige Grund, der ihn bis heute am Durchdrehen gehindert hat. Irgendwann musste doch auch ihm mal die hoch angepriesene Gerechtigkeit wiederfahren. Der Tag kommen, an dem man feststellte, dass man ihn zu Unrecht inhaftiert hatte.

Unsanft wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Zwei Gerichtsdiener packten ihn, sprichwörtlich, am Schlafittchen und zerrten ihn über den Hintereingang in das Gebäude vor dem einige Journalisten und Paparazzi offenbar auf die Ankunft eines weitaus populäreren Straftäters warteten. Ein Gefühl der Unsicherheit machte sich in ihm bereit. Seit Wochen hatte er auf diesen Tag gewartet. Doch was war, wenn alles schief lief? Daran wollte er gar nicht erst denken. Es musste einfach gut gehen. Er hatte es verdient, nach all diesen Jahren!

Der beiden großen, hölzernen Eingangstüren des Gerichtssaals wirkten wie der Eingang zu einer Villa. Doch er wusste es besser. Nie würde er den Tag vergessen, an dem er diesen Saal als verurteilter Straftäter verließ und direkt in eine Inhaftierungsanstalt gebracht wurde. Sein Blick fiel auf den Staatsanwalt und die übrigen Anwesenden. Es schien so, als ob sie nichts anderes als Abscheu für ihn übrig hatten. Doch warum? Niemand von denen kannte ihn. Keiner war Augenzeuge der Dinge, die vor sechs Jahren passierten. Sie kannten nur das, was in den Akten stand. Und diese Leute sollten nun über seine Zukunft entscheiden? Ein beängstigender Gedanke.

„Erheben Sie sich! Verhandelt wird heute die Strafsache im Fall #067110-B, Quentin Mandrell.“ Die quitschige Stimme des Gerichtsdieners der offenbar krampfhaft versuchte, Autorität auszustrahlen, wirkte lächerlich. Dennoch erhoben sich alle während der Richter den Saal betrat. Er musterte kurz den Raum, dann nahmen alle Platz.

„Nennen Sie bitte Ihren Namen.“ Forderte der Richter ihn auf.

Quentin nickte. „Mein Name lautet Quentin Mandrell, Häftling D2301.“

„Herr Mandrell, Sie wurden am 14. März 2366 rechtskräftig verurteilt. Die Gesetzte dieses Staates sehen vor, dass Sie heute hier das Recht auf eine Anhörung haben in der die Chance auf eine Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung besteht. Soweit die Fakten. Wir beginnen nun mit den Plädoyers.“ Der Richter nickte dem Staatsanwalt zu welcher sich von seinem Platz erhob und in die Mitte des Saals ging.

Was folgte war eine zwanzigminütige Aufzählung von alten Fakten, neuen und alten Gutachten, und vielem mehr. Dabei fielen so viele psychologische Fachbegriffe, dass selbst der Richter inzwischen gelangweilt aussah.

„… Und aus diesem Grund kann die Staatsanwaltschaft nur dazu raten, dass Herr Mandrell auch den Rest seiner Strafe absitzen sollte und eine Aussetzung zur Bewährung nicht empfehlenswert ist. Ich danke Ihnen.“ Mit diesen Worten beendete der Staatsanwalt seine Ausführungen. Er wirkte zufrieden mit sich und setzte sich wieder.

Quentin sah ihn an und erntete nur ein teilnahmsloses Lächeln. Wahrscheinlich interessierte er sich einen Scheiß für sein Schicksal, oder das was der Wahrheit entsprach. Wie dem auch sei, nun war er an der Reihe. Der Richter erteilte ihm das Wort und auch Quentin erhob sich. „Euer Ehren, ich möchte bitte den Antrag stellen, den Gegenstand dieser Anhörung zu modifizieren.“

Fragend blickte der Richter ihn an.

„Nun, ich bin überzeugt, nach Abschluss meiner Ausführungen wird kein Zweifel mehr bestehen, dass ich unschuldig 6 Jahre inhaftiert wurde und das am Ende nichts Anderes übrig bleiben wird, als ein Freispruch!“ Ein Raunen durchzog den Saal während der Richter um Ruhe bat und ihm deutete, fortzufahren.

Quentin versuchte, all die Dinge die er vorbereitet hatte, in aller Gründlichkeit aufzuführen. Natürlich sorgte die Aufregung dafür, dass er oft Dinge durcheinander brachte oder verwechselte. Sicherlich würde der Staatsanwalt versuchen, ihm dies als Nachteil auszulegen. Dennoch war es gespenstisch ruhig im Saal. Von seiner monotonen Stimme einmal abgesehen, die Fakten um Fakten heraus schmetterte.

Als er das Ende seiner Rede erreicht hatte, schüttelte der Richter den Kopf. Wie die meisten anderen Anwesenden auch, schien er nicht so recht zu wissen, was er sagen sollte außer… „Interessante Dinge, die Sie da aufzählen, Herr Mandrell. Aber sie werden verstehen, dass ohne entsprechende Zeugen all diese Dinge wertlos sind.“

Quentin wollte etwas erwidern, bemerkte jedoch, wie jemand im Zuschauerraum aufstand. „Euer Ehren? Mein Name ist Bertram Emmerich, meines Zeichens Privatermittler. Ich habe im Auftrag für Herrn Mandrell die Dinge erforscht, um die er sich aufgrund seiner Inhaftierung nicht kümmern konnte. Alle genannten Fakten sind entsprechend dokumentiert und alle Aussagen können durch Zeugen belegt werden.“

Erneut ging ein Raunen durch den Raum was den Richter wieder dazu veranlasste, Ruhe einzufordern. Sein Gesichtsausdruck zeigte deutlich, dass er schlechte Laune hatte und sich offenbar überrumpelt fühlte. „Aufgrund der neuen Sachlage werden wir eine Pause machen. Fortsetzung der Anhörung, wenn man das überhaupt noch so nennen kann, in zwei Stunden!“

Die Wartezeit, die Quentin in einer der Einzelzellen im Gerichtsgebäude verbrachte, schien ewig zu dauern. Dennoch, sein Auftritt hatte trotz der kleinen Unsicherheiten dazu geführt, dass man nun wohl tatsächlich nicht über die Bewährungssache nachdachte, sondern ernsthaft einen Freispruch in Erwägung zog was bei der neuen Sachlage wohl kaum zu vermeiden war.

Die Beweise die Emmerich aufgespürt hatte, waren eindeutig und ließen kein Zweifel daran, dass er es nicht gewesen sein konnte, der den Unfall verursacht hatte, der zum Tod von Helena geführt hatte. Sie konnten gar nicht anders als ihn freizusprechen. Es sei denn, sie würden weiterhin versuchen, die Sache zu vertuschen. Was heißt weiterhin. Wer konnte schon ahnen, wer alles in diese Sache verstrickt war? Emmerich hatte gute Arbeit geleistet, aber warum man ihn deswegen in den Knast geschickt hatte, das hatte er nicht rausgefunden.

Drei Stunden nachdem er sich all diese Gedanken gemacht hatte, war alles vorbei gewesen. Mit einem zufriedenen Lächeln stand er nun vor dem Gerichtsgebäude. Ohne irgendwelche Wachleute, ohne den leuchtend gelben Häftlingsanzug, und was viel wichtiger war, als freier Mann. Quentin atmete tief ein. Auch wenn es nur Einbildung war, die Luft hier draußen wirkte einfach frischer.

Jemand klopfte ihm von hinten hart auf den Rücken. „Glückwunsch. Sieht so aus, als ob wir es geschafft haben.“ Emmerich hatte das Gebäude nun ebenfalls verlassen. „Ich habe veranlasst, dass mein Honorar von der Entschädigungssumme bezahlt wird. Der Rest wird ihrem Konto gutgeschrieben.“

Quentin nickte. „Schon gut. Ich wüsste eh nicht, was ich mit dem Geld machen sollte. Hier draußen hat sich viel verändert, wie mir scheint. Ich denke, ich sollte erstmal einen lange Urlaub machen.“

„Wie, Urlaub? Willst du das alles einfach auf sich beruhen lassen?“ Emmerich schien verwirrt zu sein. Es war deutlich erkennbar, dass ihm diese Antwort nicht gefiel.

„Was soll ich denn sonst machen? Mich bis an die Zähne bewaffnen und einen Rachefeldzug starten, der mich womöglich noch dahin zurückbringt, wo ich herkomme?“ Witziger weise war genau das die ganze Zeit über sein Plan gewesen. Doch all die Wut schien er in dem prunkvollen Gebäude hinter sich gelassen zu haben. „Sicher, man sollte die Leute zur Rechenschaft ziehen, die dafür verantwortlich sind, schon Helena zu Liebe. Aber macht sie das wieder lebendig?“

Emmerich schüttelte den Kopf. „Sicherlich nicht. Aber wir dürfen jetzt keine Zeit verlieren. Glaubst du nicht, dass dein Freispruch auch die Leute auf den Plan rufen wird, die dir das alles angetan haben?“

In Quentins Gesicht zeigte sich ein leichtes Lächeln. „Mach dir keine Sorgen. Das wird schon alles werden. Ich werde nun als Erstes einen kleinen Urlaub machen und über alles nachdenken. Dann, wenn ich das hinter mir habe, dann können wir darüber reden, wie wir weitermachen.“

„Aber lass mal was von dir hören. Und wenn du in 10 Tagen nicht zurück bist, kannst du dich drauf verlassen, dass ich dich suchen werde!“

Quentin wusste genau, dass Emmerich das tatsächlich tun würde. Dennoch, es war an der Zeit, mit der Genesung zu beginnen. Es galt, die Dinge zu verarbeiten, die er in den letzten Jahren erlebt hatte, und dazu gab es nur einen Ort auf dieser Welt. „Wie gesagt, mach dir keine Sorgen. Ich melde mich.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Quentin von ihm und machte einige Schritte nach vorn.

Vor ihm ergoss sich der Berufsverkehr. Die Straßen waren beinahe bis zum Bersten gefüllt mit Menschen, Hoover-Gleitern und anderen Fahrzeugen die ihm völlig unbekannt waren. Keiner von diesen Leuten beachtete ihn. Warum sollten sie auch. Immerhin war er nun ein freier Mann. Und das würde er genießen, fürs Erste.
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